Duisburg. Am 7. August, Carmen Welky lauschte gerade mit einer Freundin der Musikgruppe „Trionova“, änderte sich das Leben für die Familie Welky schlagartig. Ihr Lebensgefährte wollte sie gegen 21 Uhr abholen, kam auch zum König-Heinrich-Platz und brach dann zusammen. Ersthelfer retteten ihm das Leben.
Am 7. August, das „Trio Nova“ spielte gerade bei „Jazz auf’m Platz“ Easy-Listening-Musik zu einem lauen Sommerabend, änderte sich das Leben für Carmen Welky schlagartig. Mit einer Freundin hatte die Hochfelderin den Konzertabend auf dem König-Heinrich-Platz verfolgt, war bester Dinge und wartete auf ihren Lebensgefährten, der sie gegen 21 Uhr abholen sollte. Der kam auch, begrüßte sie – und brach völlig unerwartet zusammen. Herzinfarkt.
„Eigentlich wollte er gar nicht aussteigen, sondern ich sollte zum Wagen kommen“, erinnert sich Carmen Welky. Sie ist noch immer schockiert. „Was für ein Glück, dass es auf dem Platz passierte, wo so viele Leute waren, die helfen konnten.“ Auch Frank Marx, Leiter des ärztlichen Notdienstes, attestiert dem 55-Jährigen unfassbares Glück: „Wären im Publikum nicht so viele Ärzte und eine Intensivschwester gewesen, die sofort geholfen haben, er hätte nicht überlebt.“ Die herbeigeeilte Krankenschwester, die das Konzert privat besuchte, begann sofort mit einer Herzdruckmassage. Die Band hatte da schon aufgehört zu spielen. Menschen stellten ihre Picknick-Decken zur Verfügung, um den Patienten abzuschirmen.
Defibrillator aus dem City-Palais
Andreas Sadrina, an diesem Abend als Fotograf im Einsatz, machte sich schnell auf den Weg, einen Defibrillator aus dem City-Palais zu organisieren. Minuten vergingen, die Angehörigen und Helfern wie eine Ewigkeit vorkamen. „Ich wusste zufällig, dass es im City-Palais einen Defibrillator gibt. Allerdings ist der auf keiner Karte eingezeichnet.“ Das Gerät, das Leben retten soll, ist beim Sicherheitsdienst unter Verschluss – der wollte dann auch erst einmal genau wissen, wofür das Teil gebraucht werde. „Hätte ich das gewusst, wäre ich direkt ins Forum gegangen, dort hängen sie öffentlich aus“, erklärt Sadrina, selbst Vater von vier Kindern.
Zehn Minuten dauerte es, bis der Rettungswagen anrauschte. „Der Notarzt, der für die Innenstadt zuständig ist, hatte gerade einen Einsatz, er musste erst aus Rheinhausen angefordert werden“, erklärt Frank Marx. „Umso wichtiger ist es, dass Leute helfen, sobald jemand unregelmäßig atmet“, appelliert der Fachmann eindringlich an die Hilfsbereitschaft. Nur in 17 Prozent aller Einsätze in Duisburg werde Erste Hilfe geleistet.
In der Zeitung bedankt
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Dem Lebensgefährten von Carmen Welky geht es übrigens, den Umständen entsprechend, wieder gut. Er ist aus dem Krankenhaus entlassen und beginnt in der kommenden Woche eine Reha. „Die Ärzte haben uns angeschaut wie ein Weltwunder, als sie uns sagten, dass er überlebt hat.“ Vorerkrankungen hatte der sportlich-drahtige 55-Jährige keine. „Er kann sich an alles erinnern, hat uns sofort erkannt, nur die Erinnerungen an diesen Tag sind gelöscht.“
In einer Zeitungsanzeige haben sich die Welkys nun bei den Helfern bedankt. „Es war uns ein Anliegen, eben, weil sich viele erkundigt haben“, betont Carmen Welky. Die Familie genießt nun jeden neuen Tag.
Nur in 17 Prozent aller Fälle wird in Duisburg Erste Hilfe geleistet
„Es ist erschreckend, dass nur in 17 Prozent aller Noteinsätze, zu denen wir gerufen werden, Erste Hilfe geleistet wurde“, bedauert Frank Marx, Leiter des Ärztlichen Notdienstes. Dabei müsse man sofort mit der Wiederbelebung beginnen, sobald der Patient unregelmäßig oder gar nicht mehr atmet. „Der Mensch ist schon tot, da kann man nichts mehr kaputt machen. Aber jede Minute ohne Sauerstoff kann bleibende Schäden verursachen.“ Es könne passieren, dass der Betroffene ohne Hilfe nur noch an Geräten überlebe.
Marx macht sich dafür stark, dass etwa in Schulen und Firmen regelmäßig Erste-Hilfe-Kurse angeboten werden, um die Wiederbelebung zu üben. Wichtig sei auch, das Gelernte aufzufrischen. „In den seltensten Fällen passieren Notfälle öffentlich. Meist sind es nahe Angehörige“, weiß Marx. Zur „Woche der Reanimation“ im September wurde nun in Duisburg auch ein Film gedreht, um auf das Thema aufmerksam zu machen. In dem Streifen sieht man, wo genau die Helfer auf den Brustkorb drücken müssen.
Bei Veranstaltungen unter 1000 Besuchern verlangt das Ordnungsamt keine Anwesenheit von Sanitätern. Im Schnitt besuchen rund 500 Personen die Konzerte. „Das war bisher nicht nötig, ,Jazz auf’m Platz’ ist keine Veranstaltung mit Konfliktpotenzial“, betont Peter Joppa, Chef des Frische-Kontors, das die Veranstaltungsreihe immer am ersten Donnerstag in den Sommermonaten organisiert. Außerdem sei wichtig, dass der Zusammenbruch nur zufällig bei Jazz auf’m Platz passiert sei – und nichts originär mit der Veranstaltung zu tun hatte. Für das nächste Konzert am 4. September werde aber auf freiwilliger Basis ein Sanitätsdienst engagiert.