Duisburg. Die Pforte für Frühaufsteher: Um 6 Uhr startet am Dienstag der Rundgang durch die Großbäckerei Bolten in Großenbaum. Für die Mitarbeiter keine ungewohnte Zeit: Sie haben jetzt schon beinahe Feierabend. Und auch für die 20 WAZ-Leser kein Problem.

Die Pforte für Frühaufsteher: Um 6 Uhr startet am Dienstag der Rundgang durch die Großbäckerei Bolten in Großenbaum. Für die Mitarbeiter keine ungewohnte Zeit: Sie haben jetzt schon beinahe Feierabend. Und auch für die 20 WAZ-Leser kein Problem. Die ersten sind schon eine halbe Stunde vor dem Start im Gewerbegebiet Am Handwerkshof.

Firmenchef Ralf Bolten (55) erklärt den neugierigen Besuchern das fein abgestimmte Räderwerk, das in der Nacht auf 4000 Quadratmetern Fläche 120 verschiedene Backwaren produziert. Allein 50- bis 60.000 frische Brötchen-Rohlinge bringen die Fahrer im Morgengrauen in die 44 Filialen, darunter viele „Boltis“, für deren Herstellung eine eigene Maschine entwickelt wurde. Das besonders knusprige Brötchen ist der Star im Sortiment.

Am Vorabend um 22.30 Uhr fängt der Teigmacher an, erklärt Bolten. Alle Rezepte („unsere eigentlichen Betriebsgeheimnisse“) sind im Computer gespeichert, Grundzutaten werden automatisch in die Knetbottiche gepumpt, die Feinheiten von Hand abgewogen und zugegeben. „Der Teigmacher hat mit die größte Verantwortung“, erklärt der Chef. Zutaten kauft er wenn möglich in der Region. „Leider gibt’s keine Rosinen aus dem Ruhrgebiet.“

Verblüffend viel Handarbeit in der Großbäckerei Bolten

Die Teige werden eingespeist in die Produktionslinien der vier Abteilungen (Brot, Brötchen, Feinbäckerei und Konditorei). Kneten und walzen, füllen und formen: unterwegs gibt es trotz aller Maschinen noch verblüffend viel Handarbeit zu tun. Die Besucher staunen auch über die Sauberkeit. „Ich hab’ mir das spritziger vorgestellt. Mehr Mehl“, sagt eine Frau. Bolten lacht. „So sieht’s hier immer aus. Sie können jederzeit unangemeldet wiederkommen . . .“

Überraschend viel clevere Technik gibt es im Betrieb. Die Teigtemperatur etwa steuern die Bäcker über das Wasser. Dafür gibt es eine computergesteuerte Anlage, die aus drei Leitungen (Stadt-, Warm- und Eiswasser) die gewünschte Temperatur mischt. Herzstück der Bäckerei sind natürlich die Öfen. Die moderneren, mit Gas befeuert, sind große Schränke, die bis zu 580 Grad heiß werden. Eine Anlage zur Wärmerückgewinnung fängt das in den Öfen verdunstete Wasser auf, täglich 20.000 Liter.

Und ganz am Ende sehen die WAZ-Gäste noch die hauseigene Brotprüfung. Täglich nehmen Mitarbeiter von jeder Sorte zwei Laibe kritisch unter die Lupe, drücken die Kruste, riechen, probieren. „Um uns selbst zu kontrollieren“, sagt Produktionsleiter Rolf Krause.

Ralf Bolten spendiert Stück Kuchen zum Frühstück

In der Schlussrunde ermuntert Ralf Bolten seine Gäste, ruhig ein Stück Kuchen zum Frühstück zu nehmen. „Wir backen hier mit Minus-Kalorien.“ Und jeder bekommt noch ein Brot mit nach Hause. Eine neue Kreation. Verbunden mit der Bitte, kritisch zu knuspern und mal hören zu lassen, wie es geschmeckt hat.

Nach drei Stunden ist auch der Hausherr zufrieden: „Ich freue mich immer, wenn ich von unserem Handwerk erzählen kann. Denn ich liebe m einen Beruf und möchte keinen anderen . . .“

Entstanden aus einem klassischen Kleinbetrieb

Das Unternehmen wurde 1959 von Hans Bolten in Neudorf gegründet, damals ein Kleinbetrieb, „ganz klassisch“, sagt Junior Ralf Bolten. Der Meister hatte damals noch einen Gesellen in der Backstube, Gattin Brigitta am Samstag eine Aushilfe im Laden. Das war’s und so fing es an. Doch die Bäckerei wuchs rasch.

1964 kam die erste von heute 44 Filialen dazu. 1972 der Umzug in einen größeren Betrieb im Duisburger Süden, die Eröffnung dort an einem 29. (!) Februar. „Das war ein Schaltjahr“, erzählt Ralf Bolten. Er und sein älterer Bruder Uwe wuchsen in den Folgejahren ins Geschäft hinein, übernahmen den Betrieb 1989 von den Eltern und errichteten 1994 die heutige Großbäckerei im Gewerbegebiet Am Handwerkshof in Großenbaum, die vor anderthalb Jahren noch einmal erweitert wurde. Täglich verlassen 120 verschiedene Produkte die Bäckerei, darunter allein 50.000 bis 60.000 Brötchen. Dafür werden pro Monat 130 bis 140 Tonnen Mehl verbraucht. In der Produktion arbeiten heute 60 Mitarbeiter, weitere 360 in zwei Schichten in den Filialen. Um Frische zu garantieren, ist keine weiter als 25 Kilometer von der Zentrale entfernt. Wichtig ist es dem Familienunternehmen, für die Fachkräfte von morgen zu sorgen: Jedes Jahr werden 15 Azubis für den eigenen Bedarf eingestellt, drei in der Produktion, zwölf im Verkauf. Die Chancen auf Übernahme sind gut.

Erlöse fließen konsequent in die Firma, berichtet der Chef. „Wir haben keinen Reparatur- und keinen Investitionsstau.“ Der Grund dafür: Die dritte Bolten-Generation steht schon in den Startlöchern.