Duisburg. . Die Stadt gedenkt vier in der NS-Zeit ermordeter Gewerkschafter. Die Feierlichkeit war zugleich die Auftaktveranstaltung für das „Zentrum für Erinnerungskultur“, das vor allem die Erinnerungen der letzten Zeitzeugen sammeln und ein Netzwerk des Erinnerns schaffen soll.

Adolf Graber ist ein Zeitzeuge der nationalsozialistischen Terrorherrschaft in Duisburg zwischen 1933 und 1945. Er war dabei, als mitten in der Nacht Gestapo-Männer seinen sozialdemokratischen Vater mitnahmen. Er kann aus erster Hand erzählen, wie es sich anfühlt, in einer faschistischen Diktatur zu leben. Es gibt aber immer weniger Menschen, die das noch können. Ein Grund mehr für die Stadt, ein „Zentrum für Erinnerungskultur, Menschenrechte und Demokratie“ einzurichten. Im Sitzungssaal des Rathauses fand am Mittwoch der Auftakt für dieses Zentrum statt, zu dem auch Graber eingeladen war.

Die Stimmung im Saal war andächtig, ein Streicher-Quartett der Philharmoniker spielte eine getragene Komposition von Joseph Haydn. Oberbürgermeister Sören Link erinnerte an die Ermordung von vier Gewerkschaftssekretären am 2. Mai 1933. „Das ist Teil der Stadtgeschichte und darf nicht vergessen werden“, mahnte Link. Deshalb sei die Sicherung von Quellen über die Zeit umso wichtiger.

Dr. Andreas Pilger ist Direktor des Stadtarchivs und Teil des Projektteams, welches das Zentrum für Erinnerungskultur vor allem inhaltlich gestaltet hat. „Wir müssen eine Grundlage für historische Brückenschläge durch die Dokumentation schaffen“, sagte er. Die Aufarbeitung der Vergangenheit sei nie zu Ende, denn „Aufarbeitung klingt nach Abschluss, aber das ist zu kurzsichtig gedacht.“ Mit der Dokumentation könnten Leerstellen gefüllt werden, die mit wachsendem Zeitabstand entstünden.

Zentrum soll bestehende Initiativen unterstützen

Dieser Punkt war auch Thomas Krützberg wichtig, der vor einem Jahr von Sören Link den Auftrag bekam, das Zentrum zu initiieren. „Es liegen nach wie vor Quellen auf Speichern und in Kellern. Tagebücher, Briefe oder Fotoalben können von unschätzbarem Wert sein“, sagte der Beigeordnete für Familie, Bildung und Kultur. Mit dem Zentrum solle keinesfalls eine Art Monopol für Geschichtskultur in Duisburg etabliert werden. „Wir wollen ein Netzwerk des Erinnerns schaffen.“ Bestehende Initiativen sollen unterstützt werden. Das Zentrum sei dafür ein Meilenstein und kommt zum richtigen Zeitpunkt: „Die Erinnerung lebt noch in den Köpfen derer, die nun zwischen 70 und 90 Jahre alt sind. Bald könnte es zu spät sein für das, was uns diese Leute sagen können.“

Außerdem soll ein Lehrkonzept für Schüler entwickelt werden. Es gehe dabei nicht nur um die Erinnerung an die NS-Zeit, sondern auch darum, ein „vertieftes Verstehen zu gewährleisten“ und auf die Gefahren von Neo-Nazis hinzuweisen, die Krützberg „verbohrte Idioten“ nennt. Adolf Graber sieht das Zentrum für Erinnerungskultur durchweg positiv. „So etwas wie damals darf einfach nie wieder geschehen“, sagt der 88-Jährige.

Wanderausstellung der DGB-Jugend erinnert an ermordete Gewerkschafter

In der ersten Mai-Tagen 1933 zeigten die Nationalsozialisten ihre beiden Gesichter. Der 1. wurde zum „Feiertag der Nationalen Arbeit“, der 2. zu einem schwarzen Tag für die Gewerkschaften. In Duisburg und ganz Deutschland wurden Gewerkschafts-Büros besetzt, Funktionäre verhaftet, gefoltert, in der Stadt vorgeführt.

Unter ihnen waren Emil Rentmeister, Michael Rodenstock, Johann Schlösser und Julius Birck, die die brutalen Verhöre nicht überlebten. Den Toten wurde während der Veranstaltung für das „Zentrum für Erinnerungskultur“ gedacht. Mit ihren Schicksalen befasst sich eine Wanderausstellung mit dem Titel „2. Mai 1933 – Tatort Duisburg“, gestaltet von der DGB-Jugend. Die Ausstellung steht im 1. Obergeschoss des Rathauses.

Die Vorsitzende des DGB Niederrhein, Angelika Wagner, mahnte, aus dem Erinnern die richtigen Lehren zu ziehen. Das gelte vor allem in Zeiten, „in denen wir wieder rassistische Sprüche auf Wahlplakaten ertragen müssen.“