Duisburg. EU-Sozialkommissar László Andor kam, schaute sich um, hörte zu, machte sich viele Notizen.Am Ende empfahl er der Stadt Duisburg, die bekannten Fördertöpfe anzuzapfen. OB Link gibt sich kämpferisch

Um 14 Uhr fühlt sich Hochfeld an, als wäre nichts von alldem passiert - keine Polizei-Eskorte, keine wehenden Jackettzipfel, kein Blitzlichtgewitter. Der Wind wirbelt leere Mülltüten durch die Straßen, vom Blitzbesuch des EU-Sozialkommissar László Andor hat kaum einer der Passanten etwas mitbekommen. Wer wusste, dass der Herr der Brüsseler Fördertöpfe zu Gast war, hatte hingegen hohe Erwartungen, falsche Erwartungen. „Wir haben nicht damit gerechnet, dass Andor einen Koffer voller Geld mitbringt“, macht Oberbürgermeister Sören Link sich gleich ans Management verfehlter Hoffnungen.

Das hat Andor in der Tat auch nicht getan. Höflich verwies er auf den Europäischen Sozialfond, den ohnehin schon jeder Integrationsbetrieb in Hochfeld kennt; dann zauberte er noch den EU-Fond für die Ärmsten aus dem Ärmel, bei dem auch ein so wohlhabendes Land wie Deutschland Mittel beantragen könne. Als Verfechter von EU-Idealen wie absolute Arbeitnehmer-Freizügigkeit mag der Exkurs nach Hochfeld für ihn eine interessante Fallstudie gewesen sein, zu schnellen, substanziellen Hilfen wollte er sich dann aber doch nicht hinreißen lassen.

In Begleitung von NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft und Link besuchte Andor als Erstes die Gesellschaft für Beschäftigungsförderung an der Wörthstraße. Hier werden Zuwanderer, die ohne Ausbildung oder entsprechende Dokumente nach Duisburg kommen, auf ihre praktischen Fertigkeiten getestet. Ihre Eignung für gestimmte Gewerke bekommen sie dann per Zertifikat fürs Jobcenter bestätigt.

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Beim Runden Tisch, der später unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfand, informierte Andor sich bei der Leiterin der Grundschule Brückenplatz, Awo-Vertretern, Polizei und Pfarrern über Erfolge und Belastungen der Zuwanderungssituation. „Sie haben hier schon eine ganz spezielle Herausforderung“, merkte er in der folgenden Pressekonferenz an. „Das war das Wichtigste“, so Link, „er sollte aus Hochfeld einen authentischen Eindruck mitnehmen.“ Wenn EU-Fördermittel in Zukunft tatsächlich „umprogrammiert“ werden, wie Andor es vage in Aussicht stellte, dann könnte Duisburg von der prominenten Stippvisite profitieren. Mehr Geld in die klamme Stadtkasse hat der Besuch, heute, am Tag danach, jedenfalls noch nicht gespült.

Oberbürgermeister Link gibt sich dennoch kämpferisch. Er erinnerte an fertige Konzepte in Höhe von zehn Millionen Euro, mit denen die Stadt Schrottimmobilien im Norden aufkaufen will, um Mietausbeutern das Handwerk zu legen – Gelder, die letztlich direkt aus dem EU-Sozialfond fließen. Auf weiteren Millionen, so Link, sitzt derzeit die Bundesregierung – nicht Brüssel.

Hannelore Kraft lobt Integrationshelfer 

Vor überregionalen Medien und im Beisein von EU-Sozialkommissar László Andor lobte NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft gestern ausdrücklich die Leistung der Duisburger bei der Integration. Ganz besonders hob sie die Grundschule am Brückenplatz hervor, in der von 322 Schülern 153 aus Rumänien und Bulgarien kommen. „41 von ihnen können bereits Regelklassen besuchen“, lobte Kraft.

Es war sicher kein Zufall, dass das Land ebenfalls den Bewilligungsbescheid über 3,2 Millionen Euro zustellte. Mit dem Geld können nun 360 Zuwanderer über drei Jahre, u.a. in den Hochfelder Werkstätten der Gesellschaft für Beschäftigungsförderung, angeleitet werden. Parallel dazu lernen sie an der VHS Deutsch und bekommen Hilfe bei der Jobsuche. Das Programm heißt „Unser Haus Europa“.