Duisburg. Neue Vorwürfe im Falle des Autoknackers vom “Delta Musik Park“: Mitarbeiter der Disco hatten ihn am 21. April fixiert. Drei Tage später war er tot. Nach Angaben der Polizei waren bei der Obduktion “keine Anzeichen äußerer Gewalteinwirkung festgestellt“ worden. Fotos zeigen nun das Gegenteil. Die Pressestelle der Behörde bestätigt Hämatome. Die Verletzungen hätten jedoch nicht zum Tode geführt.
Fotos vom Todesopfer und widersprüchliche Auskünfte der Polizei sorgen für neue Vorwürfe und Verdächtigungen im Falle des mutmaßlichen Autoknackers, den Mitarbeiter des "Delta Musik Park" am 21. April fixiert hatten. Der 27-Jährige war drei Tage nach der Festnahme auf dem Parkplatz der Großraumdisko im Krankenhaus gestorben. Einen Tag darauf meldete die Polizei: "Im Rahmen der Obduktion am 25.04.2013 konnten bei dem Verstorbenen keine Anzeichen äußerer Gewalteinwirkung festgestellt werden." Diese Auskunft aber stimmt nicht. Nach Informationen des Duisburger WDR-Studios wurden der Anwältin der Opferfamilie nun Fotos zugespielt, die dokumentieren, dass der Verstorbene schwer verletzt worden war.
Auf den Bildern sind nach WDR-Informationen Verletzungen an den Armen und Kniegelenken, am Hals und im Gesicht des 27-Jährigen zu erkennen – vor allem Hämatome. Das passt auch nicht zu den Angaben, die ein Polizeisprecher am Todestag (24. April) und am Tag darauf, nach der Obduktion des verstorbenen Marokkaners, auf WAZ-Anfrage machte: Er wiederholte, der Mann habe fast gar keine äußerlichen Verletzungen gehabt. Auf die fotografierten Verletzungen angesprochen, hat die Pressestelle der Polizei Duisburg am Freitag ihre Auskunft "ergänzt, nicht korrigiert", wie ein Sprecher sagt: "Präziser wäre gewesen: Der Mann hatte keine äußerlichen Verletzungen, die todesursächlich waren." Die Staatsanwaltschaft hatte dennoch gegen mehrere Service-Kräfte der Diskothek Ermittlungsverfahren wegen Körperverletzung mit Todesfolge eingeleitet.
Dass die Arme des 27-Jährigen zum Beispiel mit Hämatomen übersät waren, sei auch den Ermittlern bekannt, versichert der Polizeisprecher: "Uns und den unabhängigen Rechtsmedizinern liegen doch auch Fotos vor." Bereits in der Tatnacht, drei Tage vor dem Tod des Mannes, habe ein Arzt diesen untersucht und fotografiert. Am Ergebnis der Obduktion änderten die erkennbaren Verletzungen aber nichts: "Es gab nach der Auskunft der Rechtsmediziner keine äußere Gewalteinwirkung, die zum Tode geführt hat." Gewalteinwirkung allerdings sehr wohl.
Warum musste sich der 27-Jährige übergeben?
Nach der Darstellung der Polizei soll der 27-Jährige dennoch nicht mit tödlichen Folgen gedrückt, gewürgt oder traktiert worden sein. Todesursache sei stattdessen, dabei bleibt der Polizeisprecher, eine Aspiration von Mageninhalt in die Lunge: Der Mann hatte sich übergeben und das Erbrochene eingeatmet. Dies habe "zu einer Beeinträchtigung des Atemsystems und einer damit verbundenen Mangelversorgung des Gehirns (Hirnödem)" – letztlich: zum Erstickungstod – geführt.
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Das endgültige Gutachten der Rechtsmedizin liegt jedoch noch nicht vor. Ob darin steht, warum sich der Festgehaltene übergeben musste und so Mageninhalt in die Lunge kam? Unsere Redaktion konnte den leitenden Staatsanwalt, seinen Stellvertreter und die Anwältin der Opferfamilie am Freitagnachmittag nicht erreichen.
Die Verdächtigen sind Mitarbeiter der Diskothek, nicht des von dieser beauftragten Sicherheitsdienstes. Die Polizei hatte anfangs mitgeteilt, "Security-Mitarbeiter" hätten den mutmaßlichen Autoknacker festgehalten. Das sei ebenfalls falsch gewesen, so ein Polizeisprecher. Es waren also nach der korrigierten Darstellung der Polizei auch keine Türsteher beteiligt. Die "Delta Musik Park"-Angestellten und ein Parkplatzwächter hatten den 27-Jährigen in der Nacht auf den 21. April gegen 3.15 Uhr gestellt. In den Wochen zuvor waren auf dem Parkplatz der Disko nach Polizeiangaben über 90 Autos aufgebrochen worden.
Hämatome - Opfer hat sich "heftig gewehrt"
Der anscheinend ertappte Autoknacker "hat sich heftig gewehrt", sagte ein Polizeisprecher am Freitag noch einmal: "Deshalb hatte er die Arme auch voller Hämathome." Zudem sei er im Gerangel "in einen Dornenstrauch gefallen". In der ersten Meldung des Falls schrieb die Polizei am 22. April: "Da er sich mit Händen und Füßen heftig wehrte, brachte man ihn zu Boden und kniete sich auf den Rücken, um ihn zu bändigen." Als die herbeigerufenen Polizisten eintrafen, war der Marokkaner nicht mehr ansprechbar, hatte einen sehr schwachen Puls. Die Beamten mussten ihn reanimieren.