Duisburg. .

Nach zehn Jahren droht das laufendes Insolvenzverfahren der Rheinhauser Firma „Haustadt und Timmermann“ in einen Rechtsstreit auszuarten, der wohl bis zur dritten Instanz vor dem Bundesarbeitsgericht in Erfurt ausgefochten werden könnte.

Viele der ehemaligen Beschäftigten des bundesweit tätigen Pipeline-Bauers ziehen gegen den Insolvenzverwalter Schmitz aus Krefeld vor Gericht. Beim Arbeitsgericht Duisburg sind bis Anfang der Woche 43 Klagen eingegangen, bestätigte ein Sprecher.

In der Endphase rund 600 Mitarbeiter

Es wird wohl nur der erste Schwung sein: Die Firma zählte in der Endphase rund 600 Mitarbeiter, viele von ihnen haben bereits den Weg zu Anwälten und der Gewerkschaft IG Bau gesucht. Beteiligte rechnen daher mit einer Klagewelle. „Wir werden die Verfahren ohnehin in irgendeiner Weise bündeln müssen“, sagte der Gerichtssprecher. Alleine der Rheinhauser Rechtsanwalt Puhr-Westerheide zählt rund 80 Mandaten, für 30 hat er bereits Klage eingereicht: „Ich denke, dass jeder Einzelne klagen muss, um seine Ansprüche zu wahren.“ In dieser Woche beginnen die Verhandlungen der ersten Einzelklagen. Im Vorfeld sind bereits sämtliche Gütetermine ergebnislos geblieben.

Die Firma Haustadt und Timmermann: Anfang und Ende

Der erdverlegte Rohrleitungsbau war das Geschäft des 1928 gegründeten Unternehmens, das an der Bergheimer Straße hinter dem Fegro-Großhandel im Ortsteil Bergheim seinen Hauptsitz hatte. Bis zu 1000 Mitarbeiter sollen es in der Hochphase gewesen sein, als die bundesweit agierende Firma vom subventionierten Aufbau im Osten profitierte. Im Umkreis verlegten die Mitarbeiter Rohrleitungen vor allem für Kommunen und Stadtwerke, im angrenzenden Ausland Gaspipelines.

2001 kam die erste Flaute, eine Landesbürgschaft sicherte den Weiterbetrieb, 2003 dann das Ende. „Da sind Tränen geflossen“, erzählt Frank Rehe.

Dass der Betrieb damals dicht machen musste, sieht Rehe in den „Fehlern des Managements“ begründet. Die kritisierte auch die Gewerkschaft IG Bau, als “H&T“ in die Pleite schlitterte: Die Belegschaft habe alles für den Erfolg getan, sei auf flexible Arbeitszeitkonten eingegangen und mit Wohnwagen zur Montage gefahren, als der Geschäftsführer sie durch die Gegend geschickt habe.

Die ehemaligen Mitarbeiter sehen sich um ihre Abfindungen betrogen. Zehn Jahre haben sie bereits auf die Auszahlung des 4,1 Millionen Euro schweren Sozialplans gewartet. Der Topf ist gut gefüllt: Knapp 23 Millionen Euro hat Insolvenzverwalter Helmut Schmitz an Insolvenzmasse zu verteilen. Doch zum Jahreswechsel teilte er in einem Bericht überraschend mit, dass er die Ansprüche als verjährt ansieht. Die Mitarbeiter sollen leer ausgehen. Schmitz, der die Pleite des Duisburger Musicals „Les Miserables“ und des mächtigen Babcock-Konzerns abwickelte, spricht von einer „Tücke des Systems“, er hofft auf ein klärendes, mindestens zweitinstanzliches Urteil.

Bislang keine höherinstanzliche Entscheidung

Der Fall „Haustadt und Timmermann“ könnte für Furore sorgen. Im Kern geht es um die Frage, ob die Ansprüche aus dem Sozialplan tatsächlich von Beginn an der Verjährungsfrist von drei Jahren unterliegen, wie der erfahrene Insolvenzverwalter argumentiert. Ein entsprechendes Urteil - bislang gibt es zu der Frage keine höherinstanzliche Entscheidung - hätte weitreichende Folgen für andere Insolvenzverfahren. „Sinnwidrig“ nennt IG Bau-Regionalleiterin Nicole Simons die Argumentationskette der Verjährung. „Im Baugewerbe ist kein Insolvenzverfahren innerhalb der ersten sechs Jahren beendet. Das würde bedeuten, dass jeder Arbeitnehmer zu Beginn eines Insolvenzverfahrens Klage einreichen müsste.“