Duisburg. . Die Wahlen zum Ortsvorsteher in der türkischen Heimatgemeinde zweier Duisburger Familien lösten vor vier Jahren bürgerkriegsähnliche Zustände aus, das Militär musste eingreifen. Die jüngste Tat der Blutfehde: In Wanheim schoss ein 70-Jähriger auf einen 40-Jährigen. Er steht nun vor Gericht.

Mit dem, was man gemeinhin eine Blutfehde nennt, muss sich derzeit die Schwurgerichtskammer des Landgerichts auseinander setzen. Die jüngste Tat im Zusammenhang mit der Feindschaft zwischen zwei verschwägerten türkischen Familien ereignete sich am Nachmittag des 25. Dezember 2012 in Wanheim: In einer Teestube an der Molbergstraße schoss der 70-jährige Angeklagte auf einen 40-Jährigen.

Die Anklage geht von versuchtem Totschlag aus. Gegen 17.25 Uhr betrat der 70-Jährige die Teestube, zog ohne weitere Vorwarnung die Waffe - eine Browning Kaliber 7,65 Millimeter - und schoss. Der Rentner verfehlte sein Opfer. Bei der Schussabgabe soll er aber in Tötungsabsicht gehandelt haben, ist die Staatsanwaltschaft überzeugt.

Eine Tat mit einer langen und blutigen Vorgeschichte: Die Wahlen zum Ortsvorsteher in der türkischen Heimatgemeinde beider Familien waren vor vier Jahren Auslöser der Fehde. Zwei Neffen des Angeklagten wurden erschossen. Es kam zu bürgerkriegsähnlichen Zuständen, bei denen Häuser und Felder niedergebrannt wurden und das türkische Militär eingreifen musste.

Bruder des Opfers erschoss Neffen des Angeklagten

Der Angeklagte beteuert, er habe am Weihnachtstag absichtlich danebengeschossen. Als er den Mann, dessen Bruder 2009 seine zwei Neffen erschoss, in der Teestube sah, habe er das als Provokation empfunden, so der 70-Jährige. Er habe die Teestube verlassen, aus seiner nicht weit entfernten Wohnung die Waffe geholt und sei wieder in die Gaststätte zurück.

„Als ich hereinkam, hatte ich den festen Vorsatz, ihn umzubringen“, erinnert sich der Angeklagte. Doch mit jedem Schritt auf den 40-Jährigen zu, sei dieser Wille schwächer geworden. Er habe absichtlich daneben gezielt. „Ich wollte ihn nur erschrecken.“ Und der zweite Schuss auf den Flüchtenden? „Ich wollte ihn richtig erschrecken.“

Der 40-Jährige hatte sogar um sein Leben gefürchtet. Schließlich, so berichtete der Zeuge, habe der Angeklagte unmittelbar vor dem ersten Schuss gesagt: „Ich mache dich tot.“ Er habe sich seitlich vom Stuhl fallen lassen, so der 40-Jährige. „Sonst hätte mich die Kugel getroffen.“ Die zweite verfehlte ihn, als er Richtung Tür rannte. Auch alle anderen Gäste verließen fluchtartig das Lokal.

Insgesamt sind bislang bis Mitte Juni sechs weitere Verhandlungstage vorgesehen.