Duisburg. . Eine Zehn-Zentner-Bombe hat am Dienstagnachmittag in Duisburg für Ausnahmezustand gesorgt: Die Innenstadt ein Chaos. Die A 40 über Stunden gesperrt. Der Weihnachtsmarkt geteilt. Und immer wieder verzögerte sich die Sprengung – bis die Stadt um 22.18 Uhr erlöst wurde.

Sand, Sand, Peter Giesecke braucht Sand! Und das dauert eben, zumal der vom linken Niederrhein nach Duisburg gebracht werden muss. Truppführer Peter Giesecke vom Kampfmittelräumdienst braucht den Sand, um am Dienstagabend die Explosion einer englischen Weltkriegsbombe zu dämpfen, die in Duisburg an der A 40 gefunden wurde. Gleich an der Abfahrt Duisburg-Häfen, wo es auch zur Innenstadt geht. Die Zehn-Zentner-Bombe hat einen Säurezünder, ein unberechenbares Ding, der Alptraum eines jeden Sprengmeisters. Drum muss sie sofort gesprengt werden. Drum steht die halbe Stadt still und die A 40 dazu. Drum wartet mit Giesecke ganz Duisburg auf: Sand.

Erst um 22.18 Uhr wird die Stadt erlöst. Alles gut gegangen. Alle Sperrungen werden sofort aufgehoben. Doch die haben es in sich gehabt ... Der Kreis, den die Sicherheitskräfte um die Bombe gezogen haben, beträgt 750 Meter – und er teilt Innenstadt wie Weihnachtsmarkt. Das Karussell am Kuhtor dreht sich, das Riesenrad nur wenige Schritte entfernt steht still ab 17.30 Uhr. Im „Forum“ brummen die Läden, an der „Königsgalerie“ steht die Kundschaft vor verschlossenen Türen. Viele lauschen. Jeder „Rumms“ eine vermeintliche Explosion, aber dann war es doch nur wieder eine Autotür. Manch Bummler sieht auch die Chance: „Ich darf nicht zu meinem Auto, dann lass ich’s ganz stehen“, lacht ein Kunde am Glühweinstand.

Rotlichtviertel wird evakuiert

Es geht nicht überall so gemütlich zu. Sie wollten um sechs sprengen, um sieben und dann um acht – und nun stehen die Menschen um neun immer noch hier, die Kälte ist ihnen bis in die Fingerspitzen gezogen, weil sie dachten, ein Ausflug an ein warmes Plätzchen lohne sich nicht. Und überhaupt sind viele warme Plätzchen ja geschlossen – sogar das Rotlichtviertel.

Bombensprengung in Duisburg

Bombenentschärfer Peter Giesecke vom Kampfmittelbeseitungsdienst steht vor dem Krater der Weltkriegsbombe, die am Dienstagnachmittag in Duisburg-Kaßlerfeld entdeckt worden war.Foto: Stephan Eickershoff/WAZFotoPool
Bombenentschärfer Peter Giesecke vom Kampfmittelbeseitungsdienst steht vor dem Krater der Weltkriegsbombe, die am Dienstagnachmittag in Duisburg-Kaßlerfeld entdeckt worden war.Foto: Stephan Eickershoff/WAZFotoPool © WAZFotoPool
Um 22:18 Uhr wurde die Bombe gesprengt. 700 Tonnen Sand waren zuvor auf der Zehn-Zentner-Bombe aufgehäuft worden.
Um 22:18 Uhr wurde die Bombe gesprengt. 700 Tonnen Sand waren zuvor auf der Zehn-Zentner-Bombe aufgehäuft worden. © WAZFotoPool
Der Krater nach der Sprengung.  Alles lief glatt. Nur ein Baum wurden durch die Detonation gefällt.
Der Krater nach der Sprengung. Alles lief glatt. Nur ein Baum wurden durch die Detonation gefällt. © WAZFotoPool
40 Lastwagen brachten am Dienstagabend  insgesamt 700 Tonnen Sand nach Duisburg.
40 Lastwagen brachten am Dienstagabend insgesamt 700 Tonnen Sand nach Duisburg. © Benjamin Bartoleit
40 Lastwagen brachten am Dienstagabend  insgesamt 700 Tonnen Sand nach Duisburg.
40 Lastwagen brachten am Dienstagabend insgesamt 700 Tonnen Sand nach Duisburg. © Benjamin Bartoleit
Vor der Sprengung wurden die Anwohner in den Evakuierungsraum in der Turnhalle der Gesamtschule Falkstraße gebracht. Clarissa kam mit ihrer Familie, den Hunden und ihrem Hamster Sunjag
 Foto: Stephan Eickershoff/WAZFotoPool
Vor der Sprengung wurden die Anwohner in den Evakuierungsraum in der Turnhalle der Gesamtschule Falkstraße gebracht. Clarissa kam mit ihrer Familie, den Hunden und ihrem Hamster Sunjag Foto: Stephan Eickershoff/WAZFotoPool
Vor der Sprengung wurden die Anwohner in den Evakuierungsraum in der Turnhalle der Gesamtschule Falkstraße gebracht. Foto: Stephan Eickershoff/WAZFotoPool
Vor der Sprengung wurden die Anwohner in den Evakuierungsraum in der Turnhalle der Gesamtschule Falkstraße gebracht. Foto: Stephan Eickershoff/WAZFotoPool © WAZFotoPool
Vor der Sprengung wurden die Anwohner in den Evakuierungsraum in der Turnhalle der Gesamtschule Falkstraße gebracht. Foto: Stephan Eickershoff/WAZFotoPool
Vor der Sprengung wurden die Anwohner in den Evakuierungsraum in der Turnhalle der Gesamtschule Falkstraße gebracht. Foto: Stephan Eickershoff/WAZFotoPool
Vor der Sprengung wurden die Anwohner in den Evakuierungsraum in der Turnhalle der Gesamtschule Falkstraße gebracht. Foto: Stephan Eickershoff/WAZFotoPool
Vor der Sprengung wurden die Anwohner in den Evakuierungsraum in der Turnhalle der Gesamtschule Falkstraße gebracht. Foto: Stephan Eickershoff/WAZFotoPool
Vor der Sprengung wurden die Anwohner in den Evakuierungsraum in der Turnhalle der Gesamtschule Falkstraße gebracht. Foto: Stephan Eickershoff/WAZFotoPool
Vor der Sprengung wurden die Anwohner in den Evakuierungsraum in der Turnhalle der Gesamtschule Falkstraße gebracht. Foto: Stephan Eickershoff/WAZFotoPool © WAZFotoPool
Vor der Sprengung wurden die Anwohner in den Evakuierungsraum in der Turnhalle der Gesamtschule Falkstraße gebracht. Foto: Stephan Eickershoff/WAZFotoPool
Vor der Sprengung wurden die Anwohner in den Evakuierungsraum in der Turnhalle der Gesamtschule Falkstraße gebracht. Foto: Stephan Eickershoff/WAZFotoPool © WAZFotoPool
Vor der Sprengung wurden die Anwohner in den Evakuierungsraum in der Turnhalle der Gesamtschule Falkstraße gebracht. Foto: Stephan Eickershoff/WAZFotoPool
Vor der Sprengung wurden die Anwohner in den Evakuierungsraum in der Turnhalle der Gesamtschule Falkstraße gebracht. Foto: Stephan Eickershoff/WAZFotoPool © WAZFotoPool
Vor der Sprengung wurden die Anwohner in den Evakuierungsraum in der Turnhalle der Gesamtschule Falkstraße gebracht. Foto: Stephan Eickershoff/WAZFotoPool
Vor der Sprengung wurden die Anwohner in den Evakuierungsraum in der Turnhalle der Gesamtschule Falkstraße gebracht. Foto: Stephan Eickershoff/WAZFotoPool © WAZFotoPool
Vor der Sprengung wurden die Anwohner in den Evakuierungsraum in der Turnhalle der Gesamtschule Falkstraße gebracht. Foto: Stephan Eickershoff/WAZFotoPool
Vor der Sprengung wurden die Anwohner in den Evakuierungsraum in der Turnhalle der Gesamtschule Falkstraße gebracht. Foto: Stephan Eickershoff/WAZFotoPool © WAZFotoPool
Zahlreiche Senioren mussten aus dem Seniorenheim Klemensstrasse zum Teil liegend evakuiert werden und wurden zur Falkstraße gebracht.Foto: Stephan Eickershoff/WAZFotoPool
Zahlreiche Senioren mussten aus dem Seniorenheim Klemensstrasse zum Teil liegend evakuiert werden und wurden zur Falkstraße gebracht.Foto: Stephan Eickershoff/WAZFotoPool © WAZFotoPool
Teile des Weihnachtsmarktes lagen in der Sicherheitszone, die nicht betreten werden durfte. Auch das Einkaufscenter Königsgalerie wurde geräumt und das Riesenrad stellte den Betrieb ein. Foto: Stephan Eickershoff
Teile des Weihnachtsmarktes lagen in der Sicherheitszone, die nicht betreten werden durfte. Auch das Einkaufscenter Königsgalerie wurde geräumt und das Riesenrad stellte den Betrieb ein. Foto: Stephan Eickershoff © WAZFotoPool
Teile des Weihnachtsmarktes lagen in der Sicherheitszone, die nicht betreten werden durfte. Auch das Einkaufscenter Königsgalerie wurde geräumt und das Riesenrad stellte den Betrieb ein. Foto: Stephan Eickershoff
Teile des Weihnachtsmarktes lagen in der Sicherheitszone, die nicht betreten werden durfte. Auch das Einkaufscenter Königsgalerie wurde geräumt und das Riesenrad stellte den Betrieb ein. Foto: Stephan Eickershoff © WAZFotoPool
Teile des Weihnachtsmarktes lagen in der Sicherheitszone, die nicht betreten werden durfte. Auch das Einkaufscenter Königsgalerie wurde geräumt und das Riesenrad stellte den Betrieb ein. Foto: Stephan Eickershoff
Teile des Weihnachtsmarktes lagen in der Sicherheitszone, die nicht betreten werden durfte. Auch das Einkaufscenter Königsgalerie wurde geräumt und das Riesenrad stellte den Betrieb ein. Foto: Stephan Eickershoff © WAZFotoPool
Teile des Weihnachtsmarktes lagen in der Sicherheitszone, die nicht betreten werden durfte. Auch das Einkaufscenter Königsgalerie wurde geräumt und das Riesenrad stellte den Betrieb ein. Foto: Stephan Eickershoff
Teile des Weihnachtsmarktes lagen in der Sicherheitszone, die nicht betreten werden durfte. Auch das Einkaufscenter Königsgalerie wurde geräumt und das Riesenrad stellte den Betrieb ein. Foto: Stephan Eickershoff © WAZFotoPool
Teile des Weihnachtsmarktes lagen in der Sicherheitszone, die nicht betreten werden durfte. Auch das Einkaufscenter Königsgalerie wurde geräumt und das Riesenrad stellte den Betrieb ein. Foto: Stephan Eickershoff
Teile des Weihnachtsmarktes lagen in der Sicherheitszone, die nicht betreten werden durfte. Auch das Einkaufscenter Königsgalerie wurde geräumt und das Riesenrad stellte den Betrieb ein. Foto: Stephan Eickershoff © WAZFotoPool
Teile des Weihnachtsmarktes lagen in der Sicherheitszone, die nicht betreten werden durfte. Auch das Einkaufscenter Königsgalerie wurde geräumt und das Riesenrad stellte den Betrieb ein. Foto: Stephan Eickershoff
Teile des Weihnachtsmarktes lagen in der Sicherheitszone, die nicht betreten werden durfte. Auch das Einkaufscenter Königsgalerie wurde geräumt und das Riesenrad stellte den Betrieb ein. Foto: Stephan Eickershoff © WAZFotoPool
Teile des Weihnachtsmarktes lagen in der Sicherheitszone, die nicht betreten werden durfte. Auch das Einkaufscenter Königsgalerie wurde geräumt und das Riesenrad stellte den Betrieb ein. Foto: Stephan Eickershoff
Teile des Weihnachtsmarktes lagen in der Sicherheitszone, die nicht betreten werden durfte. Auch das Einkaufscenter Königsgalerie wurde geräumt und das Riesenrad stellte den Betrieb ein. Foto: Stephan Eickershoff © WAZFotoPool
Teile des Weihnachtsmarktes lagen in der Sicherheitszone, die nicht betreten werden durfte. Auch das Einkaufscenter Königsgalerie wurde geräumt und das Riesenrad stellte den Betrieb ein. Foto: Stephan Eickershoff
Teile des Weihnachtsmarktes lagen in der Sicherheitszone, die nicht betreten werden durfte. Auch das Einkaufscenter Königsgalerie wurde geräumt und das Riesenrad stellte den Betrieb ein. Foto: Stephan Eickershoff © WAZFotoPool
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„Duisburg ist Bomben gewohnt“, sagt ein Mann in einer der Menschentrauben, und in der Tat: Dies ist schon die siebte in diesem Jahr in dieser Stadt. „Aber da kann die Polizei ja nichts für, dass die dauernd welche finden.“

Die A 40 ist schon ab 17.30 Uhr gesperrt, der Verkehr staut sich kilometerweit. „So viele Jahre nach dem Krieg, und die finden immer noch so viel Scheiße in der Erde“, klagt ein Lkw-Fahrer. Doch der Sand! 700 Tonnen Sand karren sie am Ende herbei, in 30 Lkw, eskortiert von der Polizei. Das dauert. In Viersen, zum Vergleich, waren es im September nur 30 Kubikmeter. Damals richtete aber auch die amerikanische Bombe in der Fußgängerzone einen Scherbenhaufen an.

Aber auch die Evakuierung eines Seniorenzentrums dauert länger als geplant. 300 Krankentransporte müssen die Helfer heute fahren.

Unterirdisch rollen noch Bahnen, nur aussteigen darf hier keiner

Blaulicht und Budenzauber, Martinshorn und Autohupen: Chaos herrscht auch an der Bahnhofsplatte vorm Duisburger Hauptbahnhof. Löschfahrzeuge bahnen sich den Weg durch die gelähmte Blechkolonne. Unterirdisch rollen noch Bahnen, aber an der Steinschen Gasse darf niemand mehr ein- und aussteigen, und oben auf der Straße geht gar nichts mehr. Lkw auf ihrem Weg zum Hafen sind einfach stehen geblieben.

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Im Stadtteil Hochfeld bricht zudem ein Feuer aus. Die Turnhalle einer Grundschule brennt. Das Dach stürzt ein, bevor der Brand schließlich unter Kontrolle ist. Brandstiftung vermutet die Polizei, denn ein Tor war aufgebrochen. Auch hier: Verkehrschaos!

Klagen an Sören Link

Die 4200 Anwohner der Evakuierungszone werden per Lautsprecher in Turnhallen gebeten. An der Falkstraße wartet auch Familie Gietzel aus Kasslerfeld auf die Entschärfung. Laura (19) hatte bei Facebook von dem Bombending gehört und sofort Oma und Papa angerufen. Der kam sofort von der Arbeit in Ratingen nach Hause. „Wir haben dann erstmal Familie und Nachbarn informiert“, erzählt Laura aufgelöst. „Viele hatten noch gar nichts mitbekommen. Vor 17.15 Uhr habe es noch keine Lautsprecherdurchsagen gegeben, kritisiert Lauras Vater. Auch Duisburgs Oberbürgermeister Sören Link bekommt die Klagen zu hören, als er die Anwohner besucht.

Es gibt noch einen zweiten, größeren Ring um die Bombe, die Sicherheitszone mit einem Durchmesser von 1250 Meter. Rund 6000 weitere Menschen wohnen hier, die ihre Fenster geschlossen halten und selbst nicht auf die Straße sollen. Darin liegt auch das Tanklager der Total-Raffinerie. Die Wasserschutzpolizei sorgt in den Hafenbecken sowie auf der Ruhr und im Hafenkanal dafür, dass Schiffe nicht in die Gefahrenzone fahren. Die Bootsführer müssen warten. Wie halb Duisburg.

Die Chronik der Sprengung