Duisburg. Der Verein Wildwasser in Duisburg berät Frauen und Mädchen, die Opfer sexueller Gewalt wurden. Die Mitarbeiterinnen beraten, vernetzen, helfen - und brauchen jetzt selbst Hilfe, weil sie dringend Geld für Personal benötigen.
Claudia ist fassungslos, dass die Menschen, die ihr so beherzt in größten Lebenskrisen beigestanden haben, selbst in permanenter Unsicherheit leben. Die Mittefünfzigerin nennt sich selbst Überlebende - nach Jahren des innerfamiliären Missbrauchs und der Gewalt. Der Verein Wildwasser, der Beratung und Information für Mädchen und Frauen zu sexueller Gewalt anbietet, begleitet seit vielen Jahren immer wieder ihren Weg zwischen Therapien, Klinikaufenthalten und Gutachten. Und braucht eigentlich selbst dringend Hilfe - wie schon so oft seit der Gründung 1991.
Aus der Not machte der Verein zuletzt eine Tugend und entsandte Katrin Hainke, die eigentlich als Diplom-Pädagogin und Wen Do-Trainerin in der Prävention arbeitet und Selbstbehauptungskurse durchführt, in eine Fortbildung zum Fundraising, zu gut Deutsch dem professionellen Spendensammeln - die Zeit fehlt für ihre eigentliche Herzensaufgabe. Dabei wächst die Nachfrage an Schulen stetig.
Über 200 persönliche Gespräche pro Jahr
Das Geld der Stadt (60.000 Euro) reicht gerade für drei Teilzeitstellen, die Arbeit reicht für viel mehr Personal. Und eine seit 2008 vom Rat bewilligte halbe Stelle für Verdachtsklärung und Diagnostik hängt seither bei der Bezirksregierung in Düsseldorf fest.
Silvia Schulze-Thiemig, die als Gestalttherapeutin mit traumatherapeutischer Weiterbildung die Beratungsarbeit leistet, versucht für jede Ratsuchende ein Ohr zu haben. So kamen im letzten Jahr über 200 persönliche Gespräche zusammen, ungezählt sind die Telefonate und Mailanfragen. Es sind Betroffene selbst, es ist Fachpersonal, das Verdachtsfälle klären will, es sind Eltern mit der schrecklichen Vermutung eines Missbrauchs. Denn: „Die Vergewaltigung im Park ist ein Mythos. Die allermeisten Fälle passieren zu Hause oder im Bekanntenkreis“, sagt Schulze-Thiemig.
Wildwasser-Frauen begleiten Opfer jahrelang
Claudia, die Betroffene, lobt den sicheren Rahmen, den sie in der Beratungsstelle erlebte. „Ihre Belastung haben sie mich nie spüren lassen“, erzählt die Frau. Sie selbst, aufgewachsen in einer von Gewalt und Alkohol geprägten Familie, wurde von mehreren männlichen Familienmitgliedern missbraucht. Als sie mit zehn Jahren in ein katholisches Heim flüchtet, landet sie vom Regen in der Traufe. Und heute, fast 40 Jahre später, wegen diverser Traumafolgeschäden zu 60 Prozent schwerbehindert, kämpft sie immer noch um ihre Anerkennung als Opfer - und um Leistungen nach dem Opfer-Entschädigungsgesetz. Die Gutachten und Gerichtsverfahren bringen sie immer wieder an den Rand einer Re-Traumatisierung und immer wieder wird sie aufgefangen von den Wildwasser-Frauen.
Der Verein Wildwasser sucht Frauen, die ehrenamtlich beim Spendensammeln helfen wollen.
Weitere Infos: 0203/ 343016 (Mi 10-12, 15-16 Uhr, Fr 10-11 Uhr), wildwasser.duisburg@t-online.de. www.wildwasser-duisburg.de.
Man kann auch sofort spenden: Sparkasse Duisburg, Spendenkonto 200406 064, BLZ 350 50000.