Duisburg. .

Während das Leben in der Innenstadt stillsteht und kein einziger Mensch auf den Straßen zu sehen ist, herrscht auf dem völlig verstopften Sternbuschweg in Neudorf der Stillstand. Kein Wunder, ist er doch eine der wenigen zentralen Ausfallstraßen, die den Umleitungs-Geschädigten in Autos und Lkw auf dem Weg von Nord nach Süd noch geblieben ist. Bombenentschärfungen hatten schon oft extreme Auswirkungen auf den Innenstadt-Verkehr. Diejenige am gestrigen Morgen in der Nähe des Hauptbahnhofes raubte manchen Reisenden aber den letzten Nerv.

8.50 Uhr. Polizeibeamte versperren mit rot-weißem Flatterband den Zugang zu den Bahnsteigen am Bahnhof. Dieser wird gerade komplett geräumt. Dort auf dem Vorplatz am Ostausgang, wo sonst zwei Dutzend Taxen auf Fahrgäste warten, stehen jetzt nur Polizei- und Ordnungsamtskräfte. Sie informieren alle, die zu ihrem Zug wollen, jedoch auf der Stelle kehrtmachen müssen. So wie Engelbert und Elma Ziegler aus Mülheim. „Wir wollten in unseren Urlaub nach München starten, hatten gebuchte Zugplätze. Ich hoffe, dass wir noch eine andere Verbindung bekommen.“


8.55 Uhr. Urs Wolter zählt zu jenen, die auf ihrem Arbeitsweg unfreiwillig ausgebremst werden. Der 35-jährige Duisburger arbeitet als wissenschaftlicher Mitarbeiter an einer Technischen Hochschule in Aachen, wollte mit dem Regionalexpress dorthin. Vergeblich. „Ich muss jetzt von zu Hause erst mal meinen Chef anrufen und Bescheid geben, dass ich heute nicht komme.“ Also einen Extra-Tag Freizeit? „Nö, Heimarbeit!“


9.01 Uhr. Taxifahrerin Margot Hertel wagt einen allerletzten Abstecher zum Neudorfer Tor und schaut, ob sie hier noch letzte „Gestrandete“ findet und aus dem Sperrgebiet fahren kann. Aber es ist niemand mehr da. „Ich hatte zwei, drei Aufträge von Anwohnern, die hier in der Evakuierungszone leben. Die wollten einfach nur weg hier“, erzählt die Duisburgerin, die seit 37 Jahren Fahrgäste chauffiert.


Evakuierung und Entschärfung

Bis 9 Uhr räumten die Ordnungs- und Sicherheitskräfte den Duisburger Hauptbahnhof. Auch in die Sicherheitszone (1000-Meter-Raduis um die Fundstelle) ließen sie ab 9 Uhr niemanden mehr hinein.
Bis 9 Uhr räumten die Ordnungs- und Sicherheitskräfte den Duisburger Hauptbahnhof. Auch in die Sicherheitszone (1000-Meter-Raduis um die Fundstelle) ließen sie ab 9 Uhr niemanden mehr hinein. © WAZFotoPool
Bis 9 Uhr räumten die Ordnungs- und Sicherheitskräfte den Duisburger Hauptbahnhof. Auch in die Sicherheitszone (1000-Meter-Raduis um die Fundstelle) ließen sie ab 9 Uhr niemanden mehr hinein.
Bis 9 Uhr räumten die Ordnungs- und Sicherheitskräfte den Duisburger Hauptbahnhof. Auch in die Sicherheitszone (1000-Meter-Raduis um die Fundstelle) ließen sie ab 9 Uhr niemanden mehr hinein. © WAZFotoPool
Die Stadt zählte 18 Krankentransporte der rettungsdienste. In der Evakuierungszone wohnen 3700 Duisburger.
Die Stadt zählte 18 Krankentransporte der rettungsdienste. In der Evakuierungszone wohnen 3700 Duisburger. © WAZFotoPool
Bis 9 Uhr räumten die Ordnungs- und Sicherheitskräfte den Duisburger Hauptbahnhof. Auch in die Sicherheitszone (1000-Meter-Raduis um die Fundstelle) ließen sie ab 9 Uhr niemanden mehr hinein.
Bis 9 Uhr räumten die Ordnungs- und Sicherheitskräfte den Duisburger Hauptbahnhof. Auch in die Sicherheitszone (1000-Meter-Raduis um die Fundstelle) ließen sie ab 9 Uhr niemanden mehr hinein. © WAZFotoPool
Bis 9 Uhr räumten die Ordnungs- und Sicherheitskräfte den Duisburger Hauptbahnhof. Auch in die Sicherheitszone (1000-Meter-Raduis um die Fundstelle) ließen sie ab 9 Uhr niemanden mehr hinein.
Bis 9 Uhr räumten die Ordnungs- und Sicherheitskräfte den Duisburger Hauptbahnhof. Auch in die Sicherheitszone (1000-Meter-Raduis um die Fundstelle) ließen sie ab 9 Uhr niemanden mehr hinein. © WAZFotoPool
40 Anwohner kamen in den Evakuierungsraum, die Sporthalle des Mercator-Gymnasiums.
40 Anwohner kamen in den Evakuierungsraum, die Sporthalle des Mercator-Gymnasiums. © WAZFotoPool
40 Anwohner kamen in den Evakuierungsraum, die Sporthalle des Mercator-Gymnasiums.
40 Anwohner kamen in den Evakuierungsraum, die Sporthalle des Mercator-Gymnasiums. © WAZFotoPool
Bis 9 Uhr räumten die Ordnungs- und Sicherheitskräfte den Duisburger Hauptbahnhof. Auch in die Sicherheitszone (1000-Meter-Raduis um die Fundstelle) ließen sie ab 9 Uhr niemanden mehr hinein.
Bis 9 Uhr räumten die Ordnungs- und Sicherheitskräfte den Duisburger Hauptbahnhof. Auch in die Sicherheitszone (1000-Meter-Raduis um die Fundstelle) ließen sie ab 9 Uhr niemanden mehr hinein. © WAZFotoPool
Bis 9 Uhr räumten die Ordnungs- und Sicherheitskräfte den Duisburger Hauptbahnhof. Auch in die Sicherheitszone (1000-Meter-Raduis um die Fundstelle) ließen sie ab 9 Uhr niemanden mehr hinein.
Bis 9 Uhr räumten die Ordnungs- und Sicherheitskräfte den Duisburger Hauptbahnhof. Auch in die Sicherheitszone (1000-Meter-Raduis um die Fundstelle) ließen sie ab 9 Uhr niemanden mehr hinein. © WAZFotoPool
Bis 9 Uhr räumten die Ordnungs- und Sicherheitskräfte den Duisburger Hauptbahnhof. Auch in die Sicherheitszone (1000-Meter-Raduis um die Fundstelle) ließen sie ab 9 Uhr niemanden mehr hinein.
Bis 9 Uhr räumten die Ordnungs- und Sicherheitskräfte den Duisburger Hauptbahnhof. Auch in die Sicherheitszone (1000-Meter-Raduis um die Fundstelle) ließen sie ab 9 Uhr niemanden mehr hinein. © WAZFotoPool
Bis 9 Uhr räumten die Ordnungs- und Sicherheitskräfte den Duisburger Hauptbahnhof. Auch in die Sicherheitszone (1000-Meter-Raduis um die Fundstelle) ließen sie ab 9 Uhr niemanden mehr hinein.
Bis 9 Uhr räumten die Ordnungs- und Sicherheitskräfte den Duisburger Hauptbahnhof. Auch in die Sicherheitszone (1000-Meter-Raduis um die Fundstelle) ließen sie ab 9 Uhr niemanden mehr hinein. © WAZFotoPool
Bis 9 Uhr räumten die Ordnungs- und Sicherheitskräfte den Duisburger Hauptbahnhof. Auch in die Sicherheitszone (1000-Meter-Raduis um die Fundstelle) ließen sie ab 9 Uhr niemanden mehr hinein.
Bis 9 Uhr räumten die Ordnungs- und Sicherheitskräfte den Duisburger Hauptbahnhof. Auch in die Sicherheitszone (1000-Meter-Raduis um die Fundstelle) ließen sie ab 9 Uhr niemanden mehr hinein. © WAZFotoPool
Bis 9 Uhr räumten die Ordnungs- und Sicherheitskräfte den Duisburger Hauptbahnhof. Auch in die Sicherheitszone (1000-Meter-Raduis um die Fundstelle) ließen sie ab 9 Uhr niemanden mehr hinein.
Bis 9 Uhr räumten die Ordnungs- und Sicherheitskräfte den Duisburger Hauptbahnhof. Auch in die Sicherheitszone (1000-Meter-Raduis um die Fundstelle) ließen sie ab 9 Uhr niemanden mehr hinein. © WAZFotoPool
Viele Bushaltestellen waren dicht belagert, da während der Sperrung keine Bahn im Bereich der Innenstadt fuhr.
Viele Bushaltestellen waren dicht belagert, da während der Sperrung keine Bahn im Bereich der Innenstadt fuhr. © WAZFotoPool
Vor und während der Sperrung staute sich der Verkehr in der Stadt und auf der A 59. Das befürchtete Verkehrschaos blieb allerdings aus.
Vor und während der Sperrung staute sich der Verkehr in der Stadt und auf der A 59. Das befürchtete Verkehrschaos blieb allerdings aus. © WAZFotoPool
Vor und während der Sperrung staute sich der Verkehr in der Stadt und auf der A 59. Das befürchtete Verkehrschaos blieb allerdings aus.
Vor und während der Sperrung staute sich der Verkehr in der Stadt und auf der A 59. Das befürchtete Verkehrschaos blieb allerdings aus. © WAZFotoPool
Vor und während der Sperrung staute sich der Verkehr in der Stadt und auf der A 59. Das befürchtete Verkehrschaos blieb allerdings aus.
Vor und während der Sperrung staute sich der Verkehr in der Stadt und auf der A 59. Das befürchtete Verkehrschaos blieb allerdings aus. © WAZFotoPool
Vor und während der Sperrung staute sich der Verkehr in der Stadt und auf der A 59. Das befürchtete Verkehrschaos blieb allerdings aus.
Vor und während der Sperrung staute sich der Verkehr in der Stadt und auf der A 59. Das befürchtete Verkehrschaos blieb allerdings aus. © WAZFotoPool
Vor und während der Sperrung staute sich der Verkehr in der Stadt und auf der A 59. Das befürchtete Verkehrschaos blieb allerdings aus.
Vor und während der Sperrung staute sich der Verkehr in der Stadt und auf der A 59. Das befürchtete Verkehrschaos blieb allerdings aus. © WAZFotoPool
Feuerwerker Peter Giesecke und die entschärfte Zehn-Zentner-Bombe. In der Hand hält der Oberhausener den Zünder.
Feuerwerker Peter Giesecke und die entschärfte Zehn-Zentner-Bombe. In der Hand hält der Oberhausener den Zünder. © WAZFotoPool
Feuerwerker Peter Giesecke und die entschärfte Zehn-Zentner-Bombe. In der Hand hält der Oberhausener den Zünder.
Feuerwerker Peter Giesecke und die entschärfte Zehn-Zentner-Bombe. In der Hand hält der Oberhausener den Zünder. © WAZFotoPool
Feuerwerker Peter Giesecke und die entschärfte Zehn-Zentner-Bombe. In der Hand hält der Oberhausener den Zünder.
Feuerwerker Peter Giesecke und die entschärfte Zehn-Zentner-Bombe. In der Hand hält der Oberhausener den Zünder. © WAZFotoPool
Feuerwerker Peter Giesecke und die entschärfte Zehn-Zentner-Bombe. In der Hand hält der Oberhausener den Zünder.
Feuerwerker Peter Giesecke und die entschärfte Zehn-Zentner-Bombe. In der Hand hält der Oberhausener den Zünder. © WAZFotoPool
Die Fundstelle.
Die Fundstelle. © WAZFotoPool
1/24

9.07 Uhr. Nicolas Crnogaj wohnt seit 1970 auf der Kammerstraße. Das Mehrfamilienhaus, in dem er lebt, liegt genau auf der Grenze zwischen Evakuierungs- und Sicherheitszone. „Ich bleibe lieber in der Wohnung“, sagt er und spricht einen Satz aus, den an diesem Morgen wohl Tausende andere auch in sich spüren: „Hoffentlich passiert nichts.“


9.20 Uhr. Am Fahrplan der Haltestelle „Blumenstraße“ hängt ein Schild, das alle Fahrgäste über den vorübergehenden Ausfall der Buslinie 933 informiert. Von der Duisburger Verkehrsgesellschaft sind drei Bahn- und 15 Buslinien direkt betroffen, weitere müssen teils große Umwege um die Sperrzonen in Kauf nehmen. Die noch verbliebenen Busse sind deutlich spärlicher besetzt als an normalen Tagen.


9.30 Uhr. Auf der A 40 bilden sich rund um das Autobahnkreuz Duisburg erste, kleinere Staus. Die A-59-Abahrten Duisburg-Duissern und -Zentrum sind schon seit einer halben Stunde dicht. Nun kommt zwischen der B 288 im tiefsten Süden der Stadt und der Anbindung zur A 40 niemand mehr auf die Stadtautobahn. Gleichzeitig rauschen die letzten Fernzüge durch den Hauptbahnhof. Auch hier herrscht nun: Halteverbot!


9.36 Uhr. Silvia Kampermann ist eine begehrte Ansprechpartnerin. Die Polizeikommissarin hat am Streifenwagen, der mitten auf der Kammerstraße steht und so alle Autos an der Einfahrt vom Sternbuschweg hindert, das Blaulicht eingeschaltet. „Eben kam eine junge Anwohnerin hier vorbei“, erzählt die Beamtin und lacht. „Sie schimpfte nur: Warum buddeln die in Duisburg eigentlich dauernd? Sie finden hier ja doch nur Bomben oder alte Münzen.“


9.45 Uhr. Zwangspause auch für Norbert Hares. Er ist seit 15 Jahren Briefzusteller, hat die Post in seinem Neudorfer Revier auch noch verteilt bekommen. Nur zur Hauptfiliale an der Kommandantenstraße kommt er nicht mehr zurück. Die liegt im Sperrgebiet. „Wir haben heute Morgen eher anfangen können“, erzählt der Mann von der Post.


10.01 Uhr. Peter Giesecke beginnt mit der Entschärfung der Zehn-Zentner-Bombe. Die Alliierten hatten sie im Zweiten Weltkrieg über dem Gelände des ehemaligen Güterbahnhofs abgeworfen. Nur wenige Meter vom Fundort entfernt wurde vor genau vier Wochen bereits eine Bombe entschärft. Damals lief alles sehr kompliziert: Eine Zwangs-Sprengung vor Ort drohte, konnte im letzten Moment aber abgewendet werden. Diesmal läuft alles glatt. Nach nur 27 Minuten ist der Aufschlagzünder samt Detonator aus der Bombe gezogen. Kollektives Aufatmen.


10.35 Uhr. Das Entschärfungsteam der Bezirksregierung hat es eilig. Denn um 14 Uhr steht die nächste Entschärfung in Dinslaken-Lohberg an. Sind zwei Nervenproben an einem Tag denn üblich? Giesecke verneint. „Es ist die absolute Ausnahme. Wir arbeiten nicht im Akkord.“ Und wie sehr hatte der Zahn der Zeit an der Bombe genagt? „Gar nicht“, sagt Giesecke. „Sie sah so neu aus, als wäre sie gerade aus der Fabrik gekommen.“