Duisburg. . Zwei Mal in der Woche wird der Platz zwischen Saarbrücker- und Fröbelstraße in Duisburg Hochfeld zum geselligen Treffpunkt für Einkäufer. Vor allem türkische Händler bieten auf dem Wochenmarkt frisches Gemüse und Spezialitäten an.
Um zehn Uhr morgens kostet die Petersilie auf dem Hochfelder Markt noch 80 Cent das Bund. Zwei Bund einsfünfzig. Eine wichtige Information – für die nurdeutschen, deutschtürkischen und für die türkischen Besucher dieses bunten Basars. Für sie alle ist die Pflanze aus der Familie der Doldenblütler Objekt der Begierde, egal ob als „Peterzile“ oder „Petesilie“ ausgezeichnet. Zu grünen Bergen aufgetürmt liegt sie noch unberührt neben „Sampions“, „Kaiki“ und „Pambelmuse“. Ruhe vor dem Käufersturm.
„Erdbeeren zwei Schalen zweifünfzig!!! Cilek iki Schale ikibuçuk!!!“ Mit starker Stimme übertönt der Marktverkäufer alle anderen. Das türkische Wort für Schale muss ihm entfallen sein. Unwichtig. Erdbeeren sind heute ohnehin nicht der Brüller. Die türkischen Frauen, viele in langen Mänteln und bunten Kopftüchern, drängeln sich an einem anderen Stand, den Hackenporsche fest im Griff, wühlen sie mit der anderen Hand in Bergen von Lauchzwiebeln, Rucola, Spinat und – Petersilie. Zekiye Arslan verkauft das Grünzeug seit 15 Jahren in Hochfeld. „Ohne Türken kein Markt“, sagt die 36-Jährige. Die Deutschen kauften nur zwei Gurken, ihre Landsleute dagegen alles kiloweise. Sie selbst sei ein gutes Beispiel für die große Koch-Lust: „Jeden Tag mache ich drei Töpfe Essen“, sagt die zweifache Mutter und stellt eine neue Kiste frisches Grünzeug am Stand ab. „Bitte! Meine Damen!“ Sie kommt kaum durch.
„Ohne Fleisch kein Essen“
Ihr grünes Gold hat Meliha Kayan sich längst gesichert. Neben der Petersilie drängeln sich Gurken, Paprika und Tomaten in den orangefarbenen und grünen Plastiktüten, die Abdrücke in den Händen der 55-Jährigen hinterlassen. „Zu Essen ist noch nichts dabei“, sagt sie. Alles nur Beilagen. Jetzt müssen noch Auberginen her. Und Fleisch. „Ohne Fleisch kein Essen.“ Seit fast 40 Jahren lebt Kayan in Deutschland. „Damals haben wir vieles vermisst auf dem Markt“, erinnert sie sich. Vor allem glatte Petersilie. Heute gibt es alles. „Allaha çok sükür.“ Gott sei Dank.
Es ist voller geworden auf dem Platz zwischen Saarbrücker- und Fröbelstraße. Man merkt’s an den Einkaufswagen, die einem über die Füße rollen, und den Kinderwagen, denen man ständig ausweichen muss. Und am Lärmpegel, der stetig steigt. Zwischen den Singsang der Marktschreier und das unablässige Geschnatter der Frauen mischt sich, völlig unerwartet, Musik.
Paprika-Paste, süß und scharf
Vor dem Stand mit Gözleme, köstlichen dünnen Brotfladen, mit Käse, Spinat oder Hackfleisch gefüllt und auf heißem Stein wie Crêpes gebacken, sitzt auf den Bierbänken unter der blauen Markise Kurt Walter mit ein paar Freunden, wie an jedem Samstag um diese Zeit. Eine der Frauen spielt Ziehharmonika, die anderen singen, nach einem Schluck türkischen Tees, voll Inbrunst mit. Friedenslieder sind das, erklärt Walter, auf dessen Visitenkarte „Stadterzähler“ steht.
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Nicht nur aus Geselligkeit, auch zum Einkaufen kommt Walter auf den Markt. Hier besorgt er die Zutaten für türkische Gerichte. Erst gestern habe er Kısır gemacht, den Weizengrießsalat: „Man braucht breitblättrige Petersilie, Paprika, Frühlingszwiebeln, Knoblauch, Bulgur, Paprika-Paste, süß und scharf.“ Manches zählt er auf türkisch auf, zwölf Jahre Hochfeld bereichern auch den Sprachschatz.
Das Gedrängel nimmt zu, der Markt wird bald schließen. Frauen blicken hektisch umher: Wo gibt es noch gute Petersilie?
Auberginen im Kinderwagen
Nicht bei Evelyn Merl. Die 64-Jährige verkauft Spargel und Erdbeeren, zumindest versucht sie es. Die Nachfrage ist nicht sehr groß. Die meisten Türken können nicht viel mit Spargel anfangen. „Manchmal fragen sie aber auch, wie man ihn kocht“, erzählt Merl, die schon seit 50 Jahren hier steht. Ihre Antwort: „Kalt aufsetzen, dann zehn bis 15 Minuten kochen. Etwas Salz dazu, fertig.“
12.28 Uhr. Der Petersilienpreis hat seinen Zenit überschritten: zwei Bund ein Euro. Die Frauen tragen ihre Beute davon, in alle Richtungen verschwinden sie mit den Plastiktüten. In einem Kinderwagen stapeln sich Auberginen, der Kleine muss auf den Arm. Sie haben es eilig, die Kostbarkeiten müssen in Töpfe und Pfannen. Kleingeschnitten oder püriert, gewürzt und verfeinert, mit Joghurt vermischt, mit Olivenöl beträufelt. Und ganz bestimmt: mit Petersilie garniert.