Duisburg. . Die Duisburger Autowerkstatt Emmig beseitigt nicht nur Autoschäden - sie lockt neuerdings am Wochenende auch gut informierte Cineasten der Stadt an. Der KfZ-Betrieb verwandelt sich dann mit Sesseln, Beamer und Leinwand in einen gemütlichen Kino-Saal: Vorhang auf für das neue „Werkstatt-Kino“.

Beim ersten Schritt durch die schwere Stahlpforte fällt der Blick auf mehrere Stapel Ersatzreifen, die hoch oben auf einem Wandregal lagern. Dann dringt ein leichter Öl-Geruch in die Nase, der aus schwarz befleckten Stahlkannen strömt. Und hinten auf der Hebebühne am Ende der Halle ist ein roter Kleinwagen „aufgebockt“, dessen Auspuff schon seit Tagen laut nach Reparatur röhrte.

Klingt nach Autowerkstatt? Ist auch eine! Und das seit über 30 Jahren. Doch seit zwei Wochen beseitigt der in Duissern beheimatete Kfz-Fachbetrieb Emmig nicht nur Autoschäden, er lockt am Wochenende auch gut informierte Cineasten der Stadt an. Vorhang auf für das neue „Werkstatt-Kino“.

Umsetzung dauerte länger als gedacht

Wer die Moltkestraße entlangläuft, dem fällt der in Rot und Grün gehaltene Neonröhren-Schriftzug sofort ins Auge. Seit zwei Jahren hängt er dort an der Hauswand, machte seitdem Werbung für ein Kino, das noch gar nicht existierte. „Die erste Idee hatte ich 2008. Es hat aber leider mit der Umsetzung deutlich länger gedauert als gedacht.“ Der Mann, der das sagt, heißt Volker Emmig. Der 53-Jährige ist ein alter Ruhrorter Junge, seit vier Jahren lebt er mit seiner Frau Silke Scharbatke in Duissern – jenem Stadtteil, in dem der Kfz-Meister 1981 seine Werkstatt eröffnete. Die läuft prima.

Gar nicht prima fand es der bekennende Film-Fan, dass er oft durchs halbe Ruhrgebiet oder sogar bis nach Köln fahren musste, um anspruchsvolle Neuerscheinungen auf einer Leinwand sehen zu können. Denn das ist Emmigs, der zu Hause keinen Fernseher hat, mit Abstand allerliebstes Hobby: ins Kino gehen! Und so kam er zu dem Schluss: „Wie wäre es, wenn ich selbst besondere Filme zeige?!?“

Halle verwandelt sich in Vereinslokal

Das tut er nun. Allerdings in einem etwas seltsamen Konstrukt – zumindest, was den rechtlichen Rahmen betrifft. „Ich darf die Filme nicht öffentlich zeigen“, sagt er. Deshalb hat Emmig den Verein „Werkstatt-Kino e.V.“ gegründet. Seine Halle verwandelt sich fortan an jedem Freitag- und Samstagabend in ein Vereinslokal. Somit finden auch keine Filmvorführungen statt, sondern ein Treffen von Klubmitgliedern.

Die Besucher zahlen am Werkstatt-Tor vier Euro, werden automatisch Mitglied. Doch die Vereinsstatuten besagen, dass im Moment des Verlassens der Räumlichleiten auch sofort die Mitgliedschaft erlischt. Klingt kompliziert? Ist aber laut Emmig „alles rechtlich abgesichert und abgesegnet“.

Ungeahnte Gemütlichkeit

Nur 25 Personen finden in der Werkstatt Platz. Und wer sie einmal in ihrem Alltags-Zustand gesehen hat, der wird sie in ihrem Kino-Design kaum wiedererkennen. Emmig hat dann Korbstühle und Holztische aufgestellt, auf denen Wein, Cocktails, aber auch nicht-alkoholische Drinks abgestellt werden können. Zwei Öfen sorgen für angenehme Raumtemperatur. Dezente Beleuchtung macht die ungeahnte Gemütlichkeit komplett.

Per Beamer wird das Bild auf die ausfahrbare Leinwand geworfen. Und alles, was irgendwie an Auto-Reparatur erinnert, ist an diesen Abenden weggeräumt oder mit stilvollem Tuch verhüllt. Bei der Premiere am 30. März kamen 18 Interessierte, um sich den Film „Drive“ anzuschauen. Eine Woche später beim Fatih-Akin „Kurz und schmerzlos“ war erstmals die Hütte voll. „Und es waren viele jüngere Leute um die 30 dabei.“

Mund-zu-Mund-Propaganda

Wie groß der Andrang künftig wird, weiß der Werkstatt-Chef auch nicht. „Ich habe bislang keine Werbung gemacht, setze allein auf Mund-zu-Mund-Propaganda“, sagt Emmig. „Wenn immer 15 Leute kommen, wäre ich glücklich. Wenn keiner kommt, ist es aber egal“, sagt Emmig und lacht. „Dann schaue ich mir den Film eben allein an.“ Das Potenzial an Filmfans dürfte groß genug sein. In Duisburg gibt es nur noch zwei Kinos.