Duisburg. Statt der Studiengebühren erhalten Hochschulen in NRW nun einen Festbetrag vom Land NRW. Ursprüngliche Bedenken wegen der fehlenden Mittel und der wachsenden Studierendenzahlen bestätigen sich nach dem ersten gebührenfreien Semester nicht. Auch an der Uni Duisburg-Essen ist die Bilanz besser ausgefallen, als viele befürchteten.

Das erste Semester ohne Studienbeiträge in Höhe von 500 Euro je Student neigt sich dem Ende. Als die rot-grüne Minderheitsregierung in Düsseldorf im vergangenen Jahr ihr Wahlversprechen einlösen und die Bildungsmaut abschaffen wollte, fürchteten viele Rektoren um den Erhalt der Lehrqualität. Die ersten Erfahrungen an der Universität Duisburg-Essen (UDE) zeigen: die Panik war völlig umsonst.

Nordrhein-Westfalen hat die dauerhafte Zahlung von jährlich mindestens 249 Millionen Euro „Qualitätsverbesserungsmittel“ (QVM) als Ausgleich für den Wegfall der Studiengebühren im Gesetz festgeschrieben. Das Geld erhalten die Hochschulen zusätzlich zu der Grundfinanzierung der Hochschulen und Hochschulkliniken in Höhe von rund 4,5 Milliarden Euro. Die UDE erhielt allein aus den QVM 9.900.946 Euro für das Wintersemester 2011/2012.

Immer mehr Studenten an der Uni Duisburg-Essen

„2011 hatte die UDE über die neu eingeführten Qualitätsverbesserungsmittel real tatsächlich ca. 0,4 Mio. mehr zur Verausgabung zur Verfügung als bei den Studienbeiträgen. Dies ist insofern bemerkenswert, als andere Hochschulen Rückgänge zu verzeichnen hatten“, erklärt UDE-Pressesprecherin Beate Kostka.

Ende der Studiengebühren

Karl Krumland (25) studiert BWL. Er findet Studiengebühren gut:
Karl Krumland (25) studiert BWL. Er findet Studiengebühren gut: "Bildung muss ihren Preis haben, sonst kann man sie nicht wertschätzen. Die Mittel sollten vom Staat und von uns kommen. Wichtig ist, dass sie transparent eingesetzt werden." Foto: Matthias Graben / WAZ FotoPool © WAZ FotoPool
Elke Schlangen (24) studiert Mathe, Sowi und Religion auf Lehramt.
Elke Schlangen (24) studiert Mathe, Sowi und Religion auf Lehramt. "Ich kann das Studium jetzt wieder gelassener angehen. Als ich arbeiten musste, um mir mein Studium finanzieren zu können, stand ich sehr unter Druck." Foto: Matthias Graben / WAZ FotoPool © WAZ FotoPool
"1000 Euro pro Jahr sind schwer zusammenzukriegen. Die Abschaffung bedeutet eine große Erleichterung. Ich sehe auch nicht, wo das Geld hingeflossen sein soll." Uwe Jendroska (21) studiert Mathe, Geschichte und BWL auf Lehramt. Foto: Matthias Graben / WAZ FotoPool © WAZ FotoPool
Sabine Kriegel (51):
Sabine Kriegel (51): "Als Mutter bin natürlich froh, weil ich meine Tochter voll finanzieren musste. Als Mitarbeiterin hier an der Uni denke ich, dass eine ganze Menge Geld fehlen wird." Foto: Matthias Graben / WAZ FotoPool © WAZ FotoPool
"Klar ist es gut, dass die Studiengebühren abgeschafft werden. Ich habe kein Bafög bekommen und musste jobben. Gemerkt hab ich nichts von dem Geld, wir standen in den Vorlesungen immer noch bis an die Tür." Emel Tangüner (29) studiert VWL. Foto: Matthias Graben / WAZ FotoPool © WAZ FotoPool
Levent Tangüner (23) studiert wie seine Schwester VWL.
Levent Tangüner (23) studiert wie seine Schwester VWL. "Von den Studiengebühren wurde ein neues Gebäude finanziert, aber damit hab ich nichts am Hut. Ich bekomme Bafög, also musste ich nicht jobben." Foto: Matthias Graben / WAZ FotoPool © WAZ FotoPool
"Man muss jetzt genau überlegen, wie man die Unis anders finanzieren will. Eine einheitliche Regelung ist notwendig. Von den Studiengebühren hatte ich bis jetzt kaum etwas." Stefanie Ortmeier (23) sutdiert Mathe, Theologie und Geschichte. Foto: Matthias Graben / WAZ FotoPool © WAZ FotoPool
Udo Backhaus (64) ist Professor für Didaktik der Physik.
Udo Backhaus (64) ist Professor für Didaktik der Physik. "Ich sehe beide Seiten. Der Uni wird das Geld fehlen. An die Gegenfinanzierung glaube ich noch nicht so recht. Die Studenten merken die 500 Euro. Ich verstehe, dass sie dagegen sind." Foto: Matthias Graben / WAZ FotoPool © WAZ FotoPool
"Wenn man arbeiten geht und studiert, hat man kein eigenes Leben mehr. Vom Geld hab ich nichts gemerkt außer, dass wir in zwei Vorlesungen Reader bekommen haben." Melanie Franzen (21) studiert Soziologie. Foto: Matthias Graben / WAZ FotoPool © WAZ FotoPool
Johannes Mondon (24) studiert Mechatronik.
Johannes Mondon (24) studiert Mechatronik. "Ich finde gut, dass die Studiengebühren neue Ausstattung finanzieren. Das hat man gleich gemerkt. Ich finde aber, dass 500 Euro zu viel sind. Man müsste einen Mittelweg finden." Foto: Matthias Graben / WAZ FotoPool © WAZ FotoPool
"Mir ist das völlig gleichgültig, weil ich Bafög-Empfänger bin. Wie sehr die Abschaffung die Uni beeinträchtigen wird, weiß ich nicht." Werner van den Berg (21) studiert VWL. Foto: Matthias Graben / WAZ FotoPool © WAZ FotoPool
"Es ist in Ordnung, dass die Studiengebühren abgeschafft werden. Die waren nicht so effektiv. Ich hatte mir vor der Einführung auch schon überlegt, extra in ein anderes Bundesland zu gehen." Corinna van Bragt (21) studiert VWL. Foto: Matthias Graben / WAZ FotoPool © WAZ FotoPool
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Auch Ressourcen-Prorektorin Dr. Ingrid Lotz-Ahrens ist zufrieden: „Weil wir früh mit hohen Anfängerzahlen gestartet sind, ist unser QVM-Anteil recht zufriedenstellend. Richtig ist natürlich, dass man bei eingefrorenen 249 Mio. Euro bei einer wachsenden Gesamtzahl der Studierenden pro Kopf weniger bekommt, als hätte man es bei dem System der Studienbeiträge belassen. Ich halte es aber nach wie vor - auch im Vergleich mit anderen Bundesländern – für eine großartige Leistung, dass 249 Mio. Euro tatsächlich kompensiert wurden. Natürlich muss diese Summe dynamisiert werden, gerade angesichts rapide wachsender Studierendenzahlen.“

25 Millionen Euro Fördersumme

Zur Bewältigung des drohenden Ansturms von Studierwilligen angesichts des Doppelten Abiturjahrgangs habe die UDE außerdem auch Hochschulpakt-Mittel zur Verfügung gestellt bekommen, insgesamt ca. 114 Mio. Euro in zehn Jahren. „Deshalb können jetzt auch alle Maßnahmen weitergeführt werden. Und zur Lehrqualitätsverbesserung haben wir auch im entsprechenden Exzellenz-Programm des Bundes mit ca. 25 Mio. Euro eine der größten Fördersummen bundesweit erhalten. Alle wichtigen Maßnahmen der Studieneingangsphase können darüber sehr gut finanziert werden“, sagt Lotz-Ahrens.

Fazit der Prorektorin: „Derzeit können alle wichtigen Maßnahmen fortgeführt werden, trotz steigender Studierendenzahlen ist eine qualitativ hochwertige Lehre gesichert. Mittelfristig erwarten wir aber eine Dynamisierung der Landesmittel und setzen uns auch nachdrücklich dafür ein.“

Studis reden Klartext

Cem (28), 8. Semester VWL:
Cem (28), 8. Semester VWL: "Am Anfang waren die Vorlesungen total überfüllt. Und manche Klausuren können nur einmal jährlich geschrieben werden, nicht einmal pro Semester. Da verliert man viel Zeit. Dafür ist die PC-Ausstattung in der Bibliothek gut." © WAZ FotoPool
Simon (30), 6. Semester WiWi:
Simon (30), 6. Semester WiWi: "Das Bachelor-Studium lässt keinen Platz für etwas anderes. Man muss kontinuierlich lernen, auch am Wochenende, auch abends. Aber ich habe es so gewollt, aus meinem früheren Beruf als Bankkauffrau wollte ich ‘raus." © WAZ FotoPool
Mneg (22), studiert Germanistik in Peking:
Mneg (22), studiert Germanistik in Peking: "Ich bin seit Herbst 2010 hier als Austausch-Studentin. Mir gefällt die Uni gut. Die meisten Kommilitonen sind nett. Also, fast alle. Am besten finde ich die Mensa, das Essen ist spitze." © WAZ FotoPool
Japeth (34), 6. Semester WiWi:
Japeth (34), 6. Semester WiWi: "Ich bin Vater einer Tochter. Ich habe sie hier an der Uni im Kindergarten. Das ist super. Wäre die Uni nicht so familienfreundlich, hätte ich nicht noch studieren können. In Kamerun habe ich früher in einer Bank gearbeitet." © WAZ FotoPool
Malte (25), studiert Primarstufe (Grundschul-Lehramt):
Malte (25), studiert Primarstufe (Grundschul-Lehramt): "Eigentlich nervt mich gar nichts an der Uni. Ich hätte ganz gern Lehramt nach dem Bachelor-/Master-System studiert, aber das fängt ja erst im Herbst an. Das Verschulte fände ich gut." © WAZ FotoPool
Jörn (23), Lehramt Sport und Mathe:
Jörn (23), Lehramt Sport und Mathe: "Ich bin froh, dass ich noch das Lehramt-Studium nach alter Art studieren kann. Ich habe mich auch extra darum bemüht, das war für die Wahl des Studienorts entscheidend." © WAZ FotoPool
Yeter (23), 6. Sem. Lehramt Germanistik:
Yeter (23), 6. Sem. Lehramt Germanistik: "Die Toiletten sind eine Zumutung. Die meisten sind sanierungsbedürftig, dreckig und kaputt. Die Türen kann man oft nicht schließen. Gut sind nur die neuen Klos im Audimax." © WAZ FotoPool
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