Rollifahrer sucht Gefährtin: Erste Partnervermittlungsagentur für behinderte Menschen in Duisburg.Männer sind viel aktiver. Sozialpädagogen veranstalten Kennenlern-Partys
Topf sucht Deckel, Rollifahrer sucht Weggefährtin: Für behinderte Menschen öffnet sich ab heute eine "Schatzkiste" in Duisburg - so heißt die Partnervermittlungsstelle der Kaiserswerther Diakonie. Vor zwei Jahren wurde das Projekt in Düsseldorf gestartet, seitdem kommen von überall aus der Region Anfragen. "Dabei sind wir am Anfang nicht überall auf Gegenliebe gestoßen. Es gab Leute, die direkt sagten: Aber die haben dann auch Sex und so", erinnert sich Heilpädagoge Lars Ostendorf. Mittlerweile sind die Kritiker jedoch verstummt. Ostendorf und seine Kolleginnen Elke Auracher und Martina Maus plädieren für einen ungezwungenen Umgang mit dem Thema "Sexualität und Behinderung."
Die Interessierten können sich in eine Kartei eintragen lassen. Dabei sollen sie vor allem viel von sich selbst erzählen. Erst in zweiter Linie sei wichtig, wie der Traumpartner aussehe. "Manchmal muss man die Leute auch wieder aus den Wolken reißen", erinnert sich Psychologe Bernd Zemella, der 1998 die erste "Schatzkiste" in Alsterdorf gegründet hat. Auf einer Skala von eins bis fünf wird der Grad der Behinderung eingetragen. Dann machen die Flirtwilligen Angaben zum Alter, Wohnort, Hobbys und wen sie suchen. Zemella sucht dann in seiner Datenbank nach einer besseren Hälfte. "Manchmal ging die Initiative auch von den Betreuern und den Eltern aus, die einen Partner für ihr Kind suchen", erklärt der Vermittler.
In Düsseldorf werden hingegen Partys veranstaltet, damit sich die Behinderten kennen lernen. "Wir wollen den Kreislauf von Arbeit und Wohnheim durchbrechen, damit die Menschen auch andere Leute außerhalb des Systems kennenlernen", betont Martina Maus. Nicht immer seien die Versuche auch von Erfolg gekrönt, warum sollte das Behinderten anders sein als bei Nicht-Behinderten. Auffällig sei jedoch: Die Männer sind viel aktiver. 70 Prozent der Suchenden aus Düsseldorf gehören zum starken Geschlecht. "Zum einen gibt es mehr behinderte Männer. Zum anderen wird der Wunsch nach Sexualität bei ihnen viel eher wahrgenommen als bei Frauen", weiß Psychologe Zemella. Auch hätten viele Betreuer Angst vor den Folgen, einer möglichen Schwangerschaft. Da sei eine Beratung über Verhütung wichtig - wie bei jedem anderen Paar.
Martina Maus und Lars Ostendorf freuen sich schon auf ihren Amouretten-Job. "Schließlich ist Liebe etwas Lebensbejahendes."