Duisburg. . “Duisburg braucht einen Neuanfang“ – dieser Meinung sind auch die Duisburger Grünen, die jetzt auf einer Mitgliederversammlung eine Resolution verabschiedet haben. Die Partei forderte ihre Mitglieder auf, sich an der Abwahlinitiative zu beteiligen.

Obwohl der Großteil der Resolution nach Angaben von Sprecher Matthias Schneider unumstritten war, gab es am Ende ein äußerst knappes Ergebnis: Sie wurde mit 21 zu 18 Stimmen verabschiedet. Strittig war demnach die Frage, ob sie eine Empfehlung zur Teilnahme an der Unterschriftenaktion für das Bürgerbegehren zur Abwahl des Oberbürgermeisters enthalten soll oder nicht. Nun heißt es: „Wir fordern die grünen Mitglieder auf, sich an der Abwahlinitiative zu beteiligen“.

Die Loveparade-Katastrophe war Menschenwerk

Doch die Resolution umfasst auch Selbstkritik. Die Loveparade-Katastrophe sei nicht einfach so geschehen: „Sie war Menschenwerk. Kritische Stimmen in Bezug auf mangelnde Sicherheit wurden nicht gehört. Probleme wurde nicht offen angesprochen. Ökonomische Fragen standen immer wieder im Vordergrund. Davon können auch wir Grünen uns nicht freisprechen.“

Die Konsequenz müsse daher lauten, künftig Projekte und Vorhaben immer wieder hinsichtlich der Sicherheit zu hinterfragen. Auch müssten Entscheidungen der Verwaltung transparenter werden, kritische Stimmen der Bürger gehört werden. Matthias Schneider: „Wir müssen lernen, anders zu arbeiten.“ So müsse die Politik der Verwaltung deutlich machen, dass man sie zur Verantwortung ziehen werde, wenn sie es an Sicherheit mangeln lasse.

Ferner bitten die Grünen die Hinterbliebenen der Toten und die Verletzten um Verzeihung, „dass diese Stadt nicht für die Sicherheit derjenigen garantieren konnte, die auch wir zu diesem Fest eingeladen hatten!“

Die Stadtspitze, so heißt es weiter, habe bei der Aufarbeitung der Katastrophe „in großen Teilen versagt“. Teilweise gebe es bis jetzt noch kaum relevante Informationen. Insbesondere der Oberbürgermeister selbst habe nicht in angemessener Weise die Stadt und ihre Trauer vertreten. Die Abwahlinitiative sehe man aus diesem Grund positiv.

Über das Abwahlverfahren

Klaus Becker:
Klaus Becker: "Es ist nicht leicht zu beurteilen, ob das Abwahlverfahren falsch oder richtig ist. Das wäre zu einfach gedacht, da viele Initiatoren die Loveparade möglich gemacht haben. Es ist richtig, dass OB Sauerland im entscheidenden Augenblick viele Fehler gemacht hat, aber gilt nicht für den OB das gleiche Recht, wie für alle, „im Zweifelsfalle für den Angeklagten“? Ich habe kein Verständnis für die „Treibjagd auf den OB“. Man hat den Eindruck, dass eine kleine Anzahl Bürger ihren Willen durchsetzen will. Ich glaube nicht, dass das Abwahlverfahren Erfolg haben wird. Sauerland wurde mit großer Mehrheit gewählt." © WAZ FotoPool
Bärbel Trippelsdorf:
Bärbel Trippelsdorf: "Das Abwahlverfahren des Oberbürgermeisters sehe ich ambivalent: Natürlich hat er sich durch Missachtung der Vorsichtsmaßnahmen schuldig gemacht, aber nicht nur er alleine. Daher bin ich der Meinung, dass bei einem Abwahlverfahren nicht nur er, sondern alle für die Loveparade Verantwortlichen abgewählt und belangt werden müssten. Insofern brächte für mich persönlich eine Abwahl des OB keine Klarheit. Die kann nur das Ergebnis des langatmigen Strafverfahrens bringen. „Jetzt muss es mal gut sein“ ist eine verdrängende Devise, die im Interesse der vom Unglück betroffenen Opfer niemals greifen darf." © WAZ FotoPool
Serdar Bozkurt:
Serdar Bozkurt: "Man möchte, dass in der Stadt, in der man lebt, eine funktionierende Stadtverwaltung tätig ist. Der Eindruck zur Zeit hingegen ist Stagnation. Ich bin gewohnt, dass sowohl in der Wirtschaft, am Arbeitsplatz usw. nicht nur Pflichten, sondern auch Verantwortung übernommen werden muss. Deshalb bin ich der Meinung, dass der Oberbürgermeister keine Respektperson mehr ist. Nicht nur die einheimische, sondern auch die ausländische Presse sieht unsere Stadt kopflos. In einer Stadt mit fast einer halben Millionen Einwohner müssten 55.000 Unterschriften erreichbar sein. Für die zukünftige Generation, ist es auch wichtig, dass sie lernen, dass Verantwortung getragen werden muss." © WAZ FotoPool
Dirk R. Schuchardt:
Dirk R. Schuchardt: "Ich bin froh darüber, dass das Bürgerbegehren in Gang kommt. Es bietet dieser Stadt endlich die Chance auf Heilung, die wir alle dringend brauchen. Sicherlich trifft Sauerland keine persönliche Schuld. Als oberster Repräsentant der Stadt trägt er aber eine moralische Verantwortung für das Versagen des Apparates. Das Abwahlverfahren wird, nein muss (!) gelingen, ist es doch Ausdruck einer lebendigen Demokratie in Zeiten einer allseits propagierten Politikverdrossenheit. Auch die Mitarbeiter in der Stadtverwaltung warten darauf, dass es einen Neuanfang gibt und die Stadt aus ihrer Erstarrung gelöst wird." © WAZ FotoPool
Siegfried Schmidt:
Siegfried Schmidt: "Ich halte das Verfahren für unbedingt erforderlich, um den Duisburger Bürgern eine Plattform zu geben, sich zu dem unsäglichen Verhalten der Politik rund um den OB und der Verwaltungsspitze zu artikulieren und ein – möglichst nachhaltiges – Zeichen zu setzen. Ob das gewünschte Ergebnis zustande kommt, scheint mir indes im Moment zweifelhaft. 55.000 Bürger zu mobilisieren, wird nicht einfach sein. Wird die Stimmenzahl erreicht, ist das ein Signal an alle politischen Kräfte. Wird die Zahl verfehlt, wird das bürgerliche Lager mit Häme daher kommen. So gesehen könnte das OB-Abwahlverfahren tatsächlich eher schaden. Dieses Risiko muss aber um der Sache willen eingegangen werden." © WAZ FotoPool
Doris Stegemann:
Doris Stegemann: "Ich halte das Abwahlverhalten für richtig, da es den Bürgern dieser Stadt eine Möglichkeit bietet demokratisch ihre Meinung zu äußern und ihr Recht einzufordern! Die Initiative, die dies in Bewegung setzt , hat meinen Respekt und meine Solidarität. Ich bin optimistisch und glaube, dass es genug Unterschriften geben wird und dann auch mehr Klarheit und es hoffentlich endlich etwas bewegen wird! Persönlich ist Oberbürgermeister Adolf Sauerland nicht der „Schuldige“ für mich, aber in seiner Funktion als Chef unserer Stadtverwaltung, hat er die Verantwortung zu übernehmen und die daraus resultierenden Konsequenzen zu tragen!" © WAZ FotoPool
Elsa Cremers:
Elsa Cremers: "Der Mann muss seinen „Hut“ nehmen. Er trägt die politische und moralische Verantwortung. Auch wenn man ihm keine direkte Schuld zuweisen kann. In jedem Betrieb ist das so, wenn ein Mitarbeiter „Mist“ gebaut hat , trägt der Chef die Verantwortung. Da gibt es viele, viele Beispiele. Ich werde auf jeden Fall unterschreiben. Entschuldigen Sie Herr Sauerland, aber die Stadt braucht wieder Ruhe. Die Toten dürfen nicht in Vergessenheit geraten. Aber was ist mit den Verletzten und den Traumatisierten und deren Angehörige? Auch Adolf Sauerland und die Familie hat Wunden davon getragen, oder? Das hätte so nicht sein müssen, wenn sofort reagiert worden wäre." © WAZ FotoPool
1/7