Wenn das Lehmbruck-Museum donnerstags bis 21 Uhr geöffnet hat, dann solle der Abend auch betont werden, beschrieb Museumschef Raimund Stecker die Idee zur „Plastik-Bar“. Markus Lüpertz referierte vor 150 Gästen unterhaltsam über Max Klinger.
Und wenn man ein Ausrufungszeichen für einen Abend im Zeichen der Kunst setzen möchte, dann ist Markus Lüpertz natürlich allererste Wahl.
Studien für Herkules
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Die Klappstühle wurden ebenso knapp wie die Gläser, denn mehr als 150 Besucher waren gekommen, um einen der großen deutschen Künstler der Gegenwart zu erleben. Und der langjährige Rektor der Düsseldorfer Kunstakademie enttäuschte seine Zuhörer nicht. So elegant wie die Garderobe auch der Vortrag über Max Klinger, dessen Werke unter dem Titel „Von der herben Zartheit schöner Formen“ ebenso im Museum zu sehen sind wie Lüpertz’ bronzene Entwürfe für den Riesen-Herkules, der am Ende des Kulturhauptstadtjahrs auf den Turm der Zeche Nordstern in Gelsenkirchen gesetzt wurde.
An den Anfang und das Ende seines Vortrags setzte Lüpertz Lyrik – und sich selbst. Sein Licht unter den Scheffel zu stellen, gehört bekanntlich nicht zu seinen Schwächen. Solchermaßen eingerahmt, schilderte er Leben und Werk Klingers (1857-1920), der als Maler, Grafiker und Bildhauer einer der einflussreichsten Künstler seiner Zeit war. Lüpertz sieht sich in seiner Nachfolge – ab dem Punkt, als der 22-Jährige Klinger den Vortrag „Sollen wir unsere Skulpturen bemalen?“ hört. „Da komme ich ins Spiel“, schmunzelt Lüpertz. Malen sei für Klinger ebenso notwendig gewesen wie für ihn; Maler erklärten dem weißen Blatt den Krieg.
Herkules auf Nordstern
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„Die Antike bemalte die Skulpturen immer.“ Die Maler seien oft höher geschätzt worden als die Skulpteure, in deren Arbeiten die Vollendung Alltag gewesen sei. „Farbe zerstört die Gleichgültigkeit der Vollendung und gebiert Unzulänglichkeit“, war einer von vielen schönen Lüpertz-Sätzen. Oder: „Der Künstler fürchtet die Vollendung wie den frühen Tod.“ Vollendung sei das Gegenteil von Genie. Ein erfülltes Leben sei nur in Sehnsucht möglich. Genies seien „Meister des Scheiterns“. Die europäische Kultur benötige das Scheitern, die Ruine, den Torso.
Mit „Salome“ und „Kassandra“ habe Klinger großartige Skulpturen geschaffen. Als Zeitgenosse von Lehmbruck, Matisse und Picasso „tanzt er an der Grenze zum Machwerk“ und erschaffe Neues. Eine „erstaunliche Respektlosigkeit gegenüber dem Zeitgeist und dem Tod“ entdeckt Lüpertz bei Klinger. Er nutze seinen Ruhm, sich heimlich in die Moderne fortzustehlen.
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