Rollstuhlfahrer in Duisburg kann wegen Schnee das Haus nicht mehr verlassen
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Duisburg-Rumeln..
Der 75-jährige Horst Dahmen kann seit Wochen sein Haus nicht mehr ohne fremde Hilfe verlassen: Die verschneiten Gehwege und Schneeberge am Straßenrand machen das Vorankommen für den normalerweise sehr aktiven Rollstuhlfahrer unmöglich.
Horst Dahmen liebt Bewegung, frische Luft und vor allem Unabhängigkeit. Doch seit Wochen kann der 75-Jährige sein Haus in Rumeln-Kaldenhausen ohne fremde Hilfe nicht mehr verlassen. Verschneite und eisige Gehwege, dazu Berge geräumten Schnees am Straßenrand machen das Vorankommen für ihn unmöglich – denn Dahmen sitzt im Rollstuhl: „Ich kann nicht vor die Tür. Die Bürgersteige sind nicht frei, sondern völlig vereist.“ Statt regelmäßig seine Runden zu drehen, bleibt Dahmen zurzeit nichts anderes übrig, als in den eigenen vier Wänden auf Tauwetter zu hoffen.
Auf Unterstützung angewiesen
Stehen Arzt- oder Krankenhausbesuche an, ist Dahmen auf die Unterstützung seiner Mitmenschen angewiesen – auch wenn ihm das nicht immer Recht ist. Am Montag war es dann soweit, in einem Moerser Krankenhaus musste er sich einer unumgänglichen Augenoperation unterziehen. „Das war eine Höllenfahrt. Der Rollstuhl war voll mit Wasser und Eis“, sagt Dahmen. Obwohl der aktive Rentner mit dem Auto gefahren wurde, sorgten schon wenige Meter auf dem Gehsteig für Unbehagen.
Auch der Nachsorgetermin bei einem Augenarzt in Homberg, am gestrigen Dienstag, brachte Dahmen in einige unangenehme Situationen. „Um beim Arzt überhaupt ins Haus zu gelangen, mussten mich Helfer anheben. Das stärkt nicht gerade das Selbstbewusstsein“, so der zweifache Familienvater. Ohne seine Tochter, die ihn zu diesem Termin begleitet hatte, hätte Dahmen diesen gar nicht wahrnehmen können: „Meine Tochter musste mich schieben. Wenn man es selbst probiert, dann rutscht man einfach durch. Es ist praktisch unmöglich.“
Zur Untätigkeit gezwungen
Auch regelmäßige Ausflüge zum Supermarkt sind für Horst Dahmen im Moment undenkbar. Ehefrau Ria, immerhin auch schon 73 Jahre alt, übernimmt den Einkauf. Ein Lieferservice in seiner Umgebung, der die Lebensmittel bis an die eigene Wohnungstüre bringt, ist Dahmen nicht bekannt: „Ich komm nur bis zum Bürgersteig, dann ist Feierabend. Den Menschen, die nicht so viel Hilfe haben wie ich, geht es ganz dreckig.“
Zur Untätigkeit gezwungen zu sein, ist für den aktiven Rollstuhlfahrer eine ganz ungewohnte Situation, hat Dahmen noch bis vor wenigen Jahren in der Rollstuhl-Basketballmannschaft der BSG Duisburg gewirbelt, Atemwegsprobleme zwangen ihn letztlich, das rote Leder beiseite zu legen. „Es juckt einfach, wenn man nicht raus kann. Das ist ein Stück Lebensqualität, das nun fehlt.“
Kein Winterdienst auf 60 Prozent der Straßen
Besonders ungünstig gestaltet sich zudem die Wohnlage Dahmens in Rumeln-Kaldenhausen. An den Wieen ist eine verkehrsberuhigte Spielstraße, die wie fast alle Anliegerstraßen nicht von den Reinigungs- und Räumkräften der Wirtschaftsbetriebe angefahren werden. Doch selbst wenn der Gehweg geräumt ist, türmen sich die Schneeberge derart hoch, dass selbst das Überqueren der schmalen Straße mit einem Rollstuhl kaum mehr möglich ist. „Bei rund 60 Prozent aller Duisburger Straßen, meist solche mit einem geringen Verkehrsaufkommen, gibt es keinen Winterdienst. Anliegerstraßen gehören fast immer dazu“, sagt Silke Kersken, Sprecherin der Wirtschaftsbetriebe.
Ruhrgebiet im Schnee
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Der Gedanke, dass es dieses Jahr tatsächlich weiße Weihnachten geben könnte, bringt Dahmen nicht zum Jubilieren. Wärmeres oder zumindest trockenes Wetter wäre eher nach seinem Geschmack. Doch für die Festtage ist längst vorgesorgt: Zur Feier des Heiligen Abends bei seiner Tochter, wird Dahmen abgeholt.
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