Duisburg. .

Diesmal war es schwieriger als sonst für Christiane Bays, Bücher auszuwählen, die für den Gabentisch oder als Lektüre für lange Winterabende geeignet sind – hatte doch die Zentralbibliothek bis vor kurzem keinen Anschaffungsetat (wir berichteten). So gibt es unter den Titeln, die die Bibliothekarin in der WAZ vorstellt, auch eigene Käufe, die sie dann als Buchpatin der Bibliothek überlassen hat.

Colm Toibin: Brooklyn, Hanser, 21.90 Euro.

„Als Ire sind Sie weder Engländer noch Amerikaner“, sagt der bekannte irische Autor Toibin. Aber Amerika galt in armen Zeiten Irlands als Hafen der Freiheit. Auch die junge Eilis verlässt in den 50er Jahren ihre Heimat, um in Brooklyn eine Stelle anzutreten. Das Leben dort ist für sie nicht glänzend, Freiheit und Souveränität stellen sich nicht so leicht ein. Aber nach anfänglicher Unsicherheit und Heimweh beginnt sie, ihr unabhängiges Leben zu genießen, als ein familiäres Unglück sie nach Irland zurückholt. Mit großer erzählerischer Kunst gewährt Toibin einen tiefen Blick in alle Gefühlslagen einer jungen Emigrantin und beschenkt den Leser mit einer berührenden Geschichte des Erwachsenwerdens und der Emanzipation.

Richard Russo: Diese alte Sehnsucht, DuMont, 19,95 Euro.

Es gibt Romane, in die man sich fallen lassen kann wie in einen gemütlichen Sessel. Dieser ist so einer: Was geschieht, wenn man krampfhaft versucht, nicht so zu werden wie die Eltern? Spätestens mit Mitte 50 holen sie einen doch wieder ein. So geht es Jack Griffin, Familienvater und Uni-Professor, als er mit der Asche seines Vaters unterwegs nach Cape Cod ist, um dessen letzten Wunsch zu erfüllen. Auf der Fahrt gerät er in einen Strudel von Erinnerungen und Selbstzweifeln, die der Autor mit viel Humor zu schildern weiß. Hier sei auch das Hörbuch empfohlen, dessen Sprecher Christian Brückner wie geschaffen ist für diese bittere Familienkomödie (7 CDs bei Parlando, 29,99 Euro).

Tom Rachman: Die Unperfekten, dtv-Premium, 14,90 Euro.

Als Auslandskorrespondent weiß der Autor, wovon er schreibt, wenn er über Aufstieg und Fall einer englischsprachigen Zeitung in Rom berichtet. Er wirft einen ebenso witzigen wie herzlichen Blick auf die unvollkommenen Köpfe hinter der Zeitung: Da ist Artur Gopal, eigentliche zuständig für Nachrufe, der sich aber durch Intrigen zum Ressortleiter hoch schwindelt. Oder Hardy Benjamin, der sich gnadenlos ausnutzen lässt. Der Zeitungserbe, dem sein Bassett weit wichtiger ist als die Zeitung – und eine von allen gemobbte Textredakteurin. So entsteht ein feines Gewebe, das dem Leser einen ironischen Blick hinter die Kulissen einer Zeitungsredaktion gestattet.

Abraham Verghese: Rückkehr nach Missing, Isel, 9,95 Euro (Taschenbuch erscheint am 20. Dezember).

Äthiopien in den 60er Jahren: Die Zwillingsbrüder Marion und Shiva Stone wachsen in einem Missionshospital in Addis Abeba auf. Die Mutter starb bei der Geburt. Der Vater, ein britischer Chirurg, verschwand daraufhin spurlos. Die beiden sind unzertrennlich. Auch die Faszination für die Medizin verbindet sie, bis die Liebe zu derselben Frau sei entzweit. Der Autor verarbeitet eigene Erfahrungen zu einer packenden Familiensaga mit viel zeitgeschichtlichem Hintergrund zum Äthiopien in der Zeit Haile Selassies.

Magdalena Platzova: Aarons Sprung, Büchergilde Gutenberg, 15,90 Euro.

Die Prager Künstlerin Kristyna war in den 30er Jahren befreundet mit Berta Altmann, einer viel versprechenden Malerin, die 1942 nach Theresienstadt deportiert wurde, wo sie 1944 starb. Als ein israelisches Filmteam einen Dokumentarfilm über Berta drehen will, wird sie mit ihrer eigenen und Bertas Geschichte konfrontiert. Die Geschichte Bertas ist der Künstlerin Friedl Dicker-Brandeis nachempfunden, die am Weimarer Bauhaus studierte und berühmt wurde, weil sie Kindern in Theresienstadt das Malen beibrachte. Die Autorin erzählt darüber hinaus äußerst vielschichtig und warmherzig über Lebensexperimente und Liebeskonflikte in einer schwierigen Zeit.