Duisburg. .

Es musste schnell gehen. Nach dem Tod ihrer Schwester sollten die Möbel aus dem Altenheim abgeholt werden. Lieber gestern als morgen.

Auch interessant

Für Hildegard Leibel (Name geändert) kein einfacher Moment. Die 82-Jährige entschloss sich kurzfristig, die Hilfe eines Möbelspediteurs in Anspruch zu nehmen. Schrank, Couch, Sessel, Fernsehtisch, Sekretär und Couchtisch mussten schließlich aus dem 80 Kilometer entfernten Bergisch Gladbach nach Duisburg gebracht werden. Mit der Firma Blitzumzüge einigte sich die Rentnerin auf einen Festpreis von 245 Euro. „Ich habe vorher sogar noch gefragt, ob sonst noch was hinzukommt“, erinnert sich Leibel.

Mit dem beladenen Lkw zurück in Duisburg, wollte das Unternehmen von dem zuvor vereinbarten Preis nichts mehr wissen. 495 Euro sollte die Rentnerin bezahlen, ansonsten werden die Möbel einbehalten. „Ich hatte nur 300 Euro zu Hause. Ich habe regelrecht Angst bekommen, dass die ein Messer zücken oder die Bude in Brand stecken“, sagt Leibel. In Begleitung der Möbelpacker musste die Rentnerin nun zur Sparkasse und das fehlende Geld abholen. Erst im Anschluss wurden die Möbel in die Wohnung getragen.

Noch immer steckt der 82-Jährigen der Schreck in den Gliedern: „Ich bin sonst sehr resolut und vorsichtig, aber ich habe richtig Angst gehabt. Ich war wie gelähmt.“

Die Geschichte von Hildegard Leibel ist kein Einzelfall. Immer wieder annoncieren Unternehmen in Zeitungen und locken ihre Auftraggeber mit vermeintlichen Schnäppchenangeboten. Beim Verband Möbelspedition Nordrhein kennt man die schwarzen Schafe der Branche nur allzu gut – doch sie zu stoppen ist nicht leicht. „Die wechseln ständig die Adressen, haben zum großen Teil keine Güterkraftverkehrserlaubnis und sind nicht im Handelsregister eingetragen“, klagt Geschäftsführer Dr. Bernd Andresen. In Mülheim und Duisburg sei die Konzentration solcher Anbieter besonders hoch, Andresen spricht sogar von mafiaähnlichen Strukturen.

Zugleich warnt er, auf vermeintlich preisgünstige Zeitungs-Schnäppchen hereinzufallen. Sind nur Name und Telefonnummer bekannt, ist Vorsicht geboten: „200 oder 300 Euro ist kein realistischer Preis für einen seriösen Umzug.“ Andresen rät vielmehr dazu, auf gute Erfahrungen aus dem Bekanntenkreis zu setzen. Zudem führt der Möbelspeditionsverband eine Liste mit seriösen Unternehmen.

Mittlerweile sind die Abzocker der Branche auch ein Fall für Polizei und Staatsanwaltschaft. In Essen gab es bereits erste Verurteilungen wegen Erpressung. Das Muster, wie im Fall von Hildegard Leibel, sei immer das gleiche, erklärte ein Sprecher der Essener Staatsanwaltschaft.

Den Vorwurf, dass Duisburg eine Hochburg der Umzugs-Abzocker sei, weist die örtliche Polizei zurück. Der modus operandi sei zwar bekannt, eine Häufung solcher Fälle sei jedoch nicht bekannt, erklärte ein Sprecher. Sich auf Empfehlungen von Bekannten zu verlassen, halten die Beamten jedoch für riskant: „Wir vermuten, dass solche Firmen sogar ab und zu normale Umzüge machen und nur bei einer für sie günstigen Konstellation die Gelegenheit zum Abzocken nutzen“, meint Polizeisprecher Stefan Hausch.

Die Beamten raten, so es die Situation zulässt, umgehend die Polizei zu informieren, um noch vor Ort den Sachverhalt zu klären.