Duisburg. Immer wieder bekommt ein Schwerbehinderter aus Duisburg Knöllchen wegen fehlender Umweltplakette – zu Unrecht. Wie Polizei und Stadt reagieren.
Kennen die Ordnungsamtskräfte der Stadt Duisburg und die Polizei die gültigen Gesetze nicht? Sadik Yildiz (47) muss mittlerweile davon ausgehen. Seit einigen Jahren ärgert er sich über Bußgeldbescheide wegen einer nicht vorhandenen Umweltplakette an seinem Auto. Dabei ist der 47-Jährige von dieser Pflicht befreit – aufgrund einer Ausnahmeregelung.
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Der Hintergrund: Yildiz ist schwerbehindert. Nach der Diagnose Kinderlähmung sei bereits 1977 ein entsprechender Ausweis ausgestellt worden, mit den Merkzeichen aG (außergewöhnlich gehbehindert) und H (hilflos). Damit erfüllt er die Voraussetzungen, die Umweltzonen mit Kraftfahrzeugen auch ohne Feinstaubplakette zu befahren.
Keine Umweltplakette: Duisburger erhält immer wieder Knöllchen – zu Unrecht
Als Hinweis darauf dient ein blauer Parkausweis, der hinter der Windschutzscheibe seines Autos liegt, das wiederum auf einem eigens von der Stadt zugeteilten Behindertenparkplatz steht. „Den extra gekennzeichneten Stellplatz direkt vor meiner Haustür habe ich seit den 90er Jahren“, erzählt Yildiz.
Ganz lange habe er keinen Knöllchenärger gehabt. Doch seit einigen Jahren flattern immer wieder Bußgeldbescheide ins Haus. „Zuerst waren es Polizeibeamte, die mich aufgeschrieben haben, dann aber auch Mitarbeiter der Stadt, zuletzt am 18. April, also vor wenigen Wochen“, berichtet der 47-Jährige.
Insgesamt rund 20 Anhörungsschreiben habe er schätzungsweise schon bekommen und jedes Mal bei der Stadt sowie der Polizei angerufen, dort auch eine Dienstaufsichtsbeschwerde eingelegt. „Die Verfahren sind bisher jedes Mal eingestellt worden“, sagt der Duisburger. „Aber es hört einfach nicht auf. Ich habe mir schon überlegt, freiwillig eine Umweltplakette zu kaufen. Das kostet ja nicht viel, nur wenige Euro. Aber mir geht es hier mittlerweile ums Prinzip.“
Polizei und Stadt geben Fehler zu
Auf Nachfrage der Redaktion müssen sowohl ein Sprecher der Polizei als auch einer der Stadt zugeben, dass Yildiz fälschlicherweise Bußgeldbescheide erhalten hat. „Der letzte uns bekannte Einsatz, bei dem Angehörige unserer Behörde einen Verstoß wegen einer mutmaßlich fehlenden Umweltplakette geahndet haben, hat sich im Jahr 2022 ereignet“, sagt Polizeisprecher Daniel Kattenbeck. „Seitdem wurden – unserer Kenntnis nach – von Seiten der Polizei aus keine Ordnungswidrigkeitenverfahren in diesem Zusammenhang gegen Herrn Yildiz eingeleitet.“
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Was die davor eingeleiteten Verfahren betrifft, „bedauern wir die fehlerhafte Vorgehensweise“, so Kattenbeck. „Auch wenn unsere Einsatzkräfte eine sehr gute Ausbildung genießen, kann es bei der Vielzahl von Gesetzesnormen, die unsere Beamtinnen und Beamten tagtäglich rechtssicher anwenden, vorkommen, dass Fehler passieren.“
Im Fall Yildiz sei die Ausnahmegenehmigung den damals eingesetzten Einsatzkräften schlichtweg nicht bekannt gewesen. „Wir haben diesen Umstand zum Anlass genommen, die in dem Zuständigkeitsbereich eingesetzten Polizistinnen und Polizisten entsprechend zu sensibilisieren“, so der Polizeisprecher.
Stadtsprecher Sebastian Hiedels teilt mit, „dass gegen Herrn Yildiz in diesem Jahr fälschlicherweise zwei Bußgeldverfahren aufgrund einer fehlenden Umweltplakette eingeleitet wurden. Nach der Einlassung von Herrn Yildiz wurden die Verfahren natürlich eingestellt.“
Die Stadt entschuldigt sich für die fehlerhafte Vorgehensweise, bittet aber ebenfalls um Verständnis für die Ordnungskräfte. „Sie müssen täglich eine Vielzahl von gesetzlichen Regelungen anwenden“, betont Hiedels. „Dabei kann nicht ausgeschlossen werden, dass auch Fehler passieren.“ Die Stadt habe die Einsatzkräfte des städtischen Außendienstes und der Verkehrsüberwachung nun nochmals auf die Rechtslage hingewiesen.
Sadik Yildiz ist gespannt, ob der Knöllchenärger nun ein Ende nimmt.
>> FAHREN OHNE UMWELTPLAKETTE KANN TEUER WERDEN
- Nach Angaben des Umweltbundesamts stellt das Fahren ohne Umweltplakette oder Ausnahmegenehmigung eine Ordnungswidrigkeit dar.
- Seit 1. Mai 2014 gilt: Verstöße gegen die Umweltzone kosten 80 Euro Bußgeld statt wie bisher 40 Euro. Dafür entfällt der Punkt im zentralen Verkehrsregister in Flensburg.