Duisburg. Das Tierheim in Duisburg ist am Limit. Sind die Anforderungen bei der Vermittlung von Hunden und Katzen zu hoch? Die Verantwortlichen zur Kritik.
Es ist ein altbekanntes Problem in Duisburg: Das Tierheim ist marode, es gibt zu wenig Platz und eigentlich müsste ein neues her. Der Neubau verzögert sich allerdings weiterhin. Die Aufnahme von Fundtieren oder sichergestellten Tieren geht jedoch weiter. Daher ist die Einrichtung an der Lehmstraße in Duisburg-Neuenkamp regelmäßig überfüllt. Kein Wunder, sagen Tierfreunde, die liebend gern Katze und Co. aufnehmen würden. Die Anforderungen bei der Vermittlung seien viel zu hoch – so berichten es einige auf der Facebookseite der Redaktion.
Zuletzt hat Tierheimleiter Lutz Kaczmarsch mehr als 160 Katzen gezählt, eigentlich gebe es jedoch nur Platz für 100 Fellnasen. Hinzu kommt, dass viele der Samtpfoten nur im Doppelpack vermittelt werden. Das sorgt bei manchen Interessenten für Unverständnis. „Dann gebt die Katzen auch mal einzeln ab oder auch an ältere Leute“, schreibt eine Nutzerin auf Facebook. „Wir hätten zwei Katzen oder eine schwer kranke nehmen müssen, was finanziell nicht tragbar gewesen wäre“, schildert ein anderer seine Erfahrung.
Auch interessant
Tierheim Duisburg: Anforderungen bei der Vermittlung zu hoch?
Diese Regelung habe aber einen genauen Grund, erklärt der Tierheimleiter. Sie sei wissenschaftlich begründet: „Es gibt Studien, die besagen, dass man Jung- oder Babykatzen, die das Sozialverhalten noch lernen müssen, besser zu zweit vermittelt.“
Auch der Deutsche Tierschutzbund empfiehlt dies. Vor allem, wenn die Katze Freigang nicht gewohnt ist und vorrangig in der Wohnung lebt, sei es empfehlenswert, einen Spielkameraden zu adoptieren – besonders, wenn sie tagsüber sonst meist allein wäre. „Am besten adoptieren Sie gleich zwei Jungtiere, die möglicherweise sogar Wurfgeschwister sind und sich bereits kennen“, schreibt der Tierschutzbund in seiner Broschüre zur Haltung von Katzen.
In manchen Fällen vermittelt das Tierheim die Katzen auch einzeln. „Es kommt aber immer auf das Tier und das neue Zuhause an. Das kann man nicht pauschalisieren“, sagt Kaczmarsch.
Auch interessant
Tierheimleiter wehrt sich gegen Vorwürfe
Was aber ist mit den Anforderungen für eine Vermittlung, die, so der vielfache Vorwurf, zu hoch seien. „Wenn man arbeitet, bekommt man kein Tier, weil man zu wenig Zeit hat. Wenn man nicht arbeitet, auch nicht, weil man nicht genügend Geld hat. Ist man in Rente, ist man zu alt für ein Tier“, schreibt etwa eine Facebook-Nutzerin. „Hat man kleine Kinder, ist das auch ein Problem. Wohnungen unter 80 Quadratmetern sind auch zu klein für ein Haustier.“
Kaczmarsch kennt diese Vorwürfe, weist sie aber von sich. „Wir möchten ein Familienmitglied vermitteln und dass die Tiere auch in Zukunft ein tolles Zuhause haben. Das Tier und die Besitzer sollen sich wohlfühlen“, sagt Kaczmarsch. Die Vermittlung sei ein Prozess und es sei wichtig, die Lebensumstände zu prüfen. Dabei richte sich das Tierheim nach den Empfehlungen des Deutschen Tierschutzbundes und der Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz. Die Anforderungen bei der Vermittlung aus dem Tierheim seien dabei nicht pauschal festgelegt.
„An diese Tipps halten wir uns, weil wir dahinter einen Sinn sehen“, erklärt Kaczmarsch. So kommt es beispielsweise auf den Platz in der neuen Wohnung an. Laut dem Deutschen Tierschutzbund sollte die Wohnung für die Katzen, die keinen Freigang gewohnt sind, beispielsweise mindestens zwei Zimmer haben.
- Die WAZ-Lokalredaktion Duisburg informiert Sie auch bei WhatsApp. Jetzt kostenlos abonnieren: Hier erhalten Sie ein tägliches Nachrichten-Update mit den Neuigkeiten aus Duisburg auf Ihr Smartphone.
Auch die Umstände seien wichtig: Gibt es andere Tiere? Gibt es Kinder oder ältere Menschen? Gibt es Allergien? All dies werde berücksichtigt sowie die Ausstattung der Wohnung. „Das neue Zuhause sollte für Katzen zum Beispiel dreidimensional sein, beispielsweise durch einen Kratzbaum oder einen Catwalk an der Wand“, sagt Kaczmarsch. Für viele seiner Interessenten sei das aber selbstverständlich, betont er.
Auf die eigenen Erfahrungen und Studien berufe sich das Tierheim bei der Vermittlung. Daher seien er und sein Team nicht dazu bereit, die Anforderungen an potenzielle neue Halter zu verringern, so Kaczmarsch. „Wir wollen die Tiere nicht auf Teufel komm raus vermitteln. Deswegen werden wir unsere Vermittlungsstrategie nicht ändern, weil wir damit auch gut fahren.“
Schwierige Bedingungen im Tierheim
Doch geht es den Tieren unter den Bedingungen im Tierheim besser als bei jemandem, der ein liebevolles Zuhause bietet, aber vielleicht nicht alle Anforderungen erfüllt? Schließlich kann das Heim die gesetzlichen Anforderungen, um die Tiere gemäß ihrer Art und ihren Bedürfnissen angemessen zu ernähren, zu pflegen und verhaltensgerecht unterzubringen, schon seit Jahren nur unzureichend erfüllen.
„Sicher ist die Unterbringung hier nicht optimal“, gibt Kaczmarsch zu. Allerdings sei es ihm und seinem Team wichtig, die Tiere langfristig zu vermitteln. Es soll vermieden werden, dass das Tier nach kurzer Zeit wieder zurück in das Tierheim kommt. Auch diese Erfahrung habe der Leiter machen müssen. „Das ist für den Menschen blöd und für das Tier erst recht, weil es aus der gewohnten Umgebung wieder zurück ins Tierheim muss“, sagt er. „Das wollen wir vermeiden und deswegen sind wir vielleicht ein bisschen akribischer.“