Duisburg. Sie war die meistgesuchte Frau Europas: Bevor die RAF-Terroristin Daniela Klette abtauchte, führte ihre Spur nach Duisburg-Rheinhausen.
In einer Mietwohnung im Berliner Stadtteil Kreuzberg haben Zielfahnder des Landeskriminalamtes (LKA) Niedersachsen Ende Februar Daniela Marie Luise Klette festgenommen, ehemalige Terroristin der Rote Armee Fraktion (RAF) festgenommen. Über drei Jahrzehnte lang wurde nach der heute 65-Jährigen gefahndet. Sie galt als meistgesuchte Frau Europas. Bevor sie im Untergrund verschwand, führte ihre Spur in den Duisburger Stadtteil Rheinhausen.
Sechs Raubstraftaten werden Klette zur Last gelegt. Konkret geht es nach den Angaben der Behörden um Taten in Stuhr, Wolfsburg, Hildesheim und Cremlingen in Niedersachsen sowie in Bochum und eben in Duisburg. Wie die zuständige Staatsanwaltschaft Verden auf Nachfrage bestätigt, geht es bei dem vorliegenden Haftbefehl aus Duisburg um den Überfall auf einen Geldtransporter am Abend des 30. Juli 1999.
DNA von Daniela Klette nach Überfall auf Geldtransporter in Duisburg gefunden
Was dazu bekannt ist: Um 21.34 Uhr rollt ein Geldtransporter vom Parkplatz des Einkaufszentrums an der Schauenstraße. Das gibt es heute noch – unter dem Namen Selgros.
Plötzlich drängt ein dunkler Chrysler-Jeep den Transporter ab, nötigt ihn zur Vollbremsung. Dann geht alles ganz schnell: Ein VW Passat brettert in den Transporter. Drei Typen mit Sturmhauben sprinten auf die Fahrerkabine zu, drohen mit einer Panzerfaust, einer MP und einem Sturmgewehr. Die Fahrer öffnen die Ladetür. Die Gangster packen die Geldkoffer und verschwinden. Die stattliche Beute: 1.015.777,85 D-Mark.
Zunächst fahndet Duisburger Kriminalpolizei nach „drei Männern aus dem mittleren und östlichen Ruhrgebiet“. Eine Fährte, die sich wenig später als falsch herausstellt. Denn nach der DNA-Analyse von Spuren in den am Tatort gefundenen Sturmhauben steht fest: Hier war keine normale Gangsterbande am Werk. Abriebspuren führen das Landeskriminalamt zu Daniela Klette und Ernst-Volker Staub (heute 69).
Das Duo wird seit Herbst 1989 intensiv gesucht. Ihr Komplize Burkhard Garweg (heute 55) stieß nach bisherigen Erkenntnissen wohl später dazu. Alle gehören der 3. RAF-Generation an, der unbekannten. Auf ihr Konto gehen wohl 30 Gewalttaten und neun bis heute ungeklärte Morde in den 80er- und 90er-Jahren, darunter die an Karl Heinz Beckurts (Siemens), Alfred Herrhausen (Deutsche Bank) und Detlev Karsten Rohwedder (Treuhand).
In der Bundestags-Drucksache 18/10744 legte sich die Bundesregierung im Jahr 2017 fest, dass mit dem Überfall auf den Geldtransporter in Duisburg-Rheinhausen an dem schönen Sommerabend 30 Jahre RAF-Terror endeten. Drei Jahrzehnte nach der Kaufhaus-Brandstiftung in Frankfurt, nach der „Landshut“-Entführung und der Geisel-Befreiung in Mogadischu, den spektakulären Stammheimer Selbstmorden, nach mehr als 30 unschuldigen Opfern, 26 toten Terroristen und 250 Millionen Euro Sachschaden.
Spätere Überfälle dienten nach Ansicht der Experten nur der reinen Geldbeschaffung, „zur Finanzierung des eigenen Lebensunterhalts“. In der Berliner Wohnung von Daniela Klette fanden die Ermittler „schwere Kriegswaffen“. (mit dpa)