„So möchte ich nicht jeden Tag geweckt werden”, beschreibt Tim Poluzyn das Gefühl, morgens um 6 Uhr auf einem Feldbett von einem Erdbeben durchgeruckelt zu werden. Er ist mit seiner Frau Sabine und 29 weiteren Duisburgern und Niederrheinern der Isar Germany (International Search and Rescue) seit Samstag auf Haiti. Dort hatte esam Mittwoch zur mitteleuropäischen Mittagszeit ein Nachbeben der Stärke 6,1 gegeben.

„Gefühlte 15, in Wirklichkeit aber nur sieben Sekunden lang klang es wie ein tiefes Grollen”, beschreibt der Walsumer das Erlebnis und kann fast darüber lachen. Denn am Tag zuvor krochen sie noch unter Trümmern herum auf der Suche nach Überlebenden. „Da hätten wir eher ein Problem gehabt, wenn es da so gerappelt hätte”, so der 32-Jährige.

Das Lager der Isar befindet sich auf dem Flughafen von Port-au-Prince - alle zehn Minuten startet oder landet ein amerikanischer Flieger, rundherum stehen Zelte für weitere 2000 Hilfskräfte aus allen Ländern. 33 Grad sollen es an diesem Tag werden, die Luftfeuchtigkeit ist so hoch, „dass man nach 50 Metern nass geschwitzt ist”, beschreibt Poluzyn. Inzwischen gibt es Wasser, eine Müll-Logistik, aber grundsätzlich ist das Isar-Team auch autark mit eigenem Klo, Wasseraufbereitung - und 80 Kilo Süßigkeiten im Gepäck: „Wenn die Jungs vom Einsatz kommen, brauchen die Kaffee und Schokolade. Zucker eben, positive Energie”, erzählt Poluzyn. Positiv ist auch die Resonanz der Bevölkerung, überall würden ihnen erhobene Daumen entgegengereckt, „die Menschen sind wirklich dankbar, dass wir da sind”. Isar selbst konnte in den Sektoren, in denen es tätig war, bislang nur Verstorbene bergen - eine ernüchternde Bilanz.

Eine Woche nach dem Beben schwenkt die Arbeit des Duisburger Suchtrupps langsam um auf medizinische Hilfeleistung. Viele im Team können beides, sind sozusagen Notarzt mit Hund. Am wichtigsten sei die Wundversorgung, Amputationen würden im Halb-Stundentakt durchgeführt, Wundbrand jetzt die tödlichste Gefahr.

„Wir sind top motiviert und solange wir etwas tun können, sind wir auch gut drauf”, beschreibt der Logistiker und IT-Experte die Stimmung im Team. Die körperliche Anstrengung sei aber spürbar, und eine Ablösung in Sicht. Voraussichtlich Samstag wird das Isar-Team wieder nach Hause kommen, dann haben größere medizinische Hilfsteams ihre Baustellen übernommen. Dann wartet auch wieder der berufliche Alltag auf die Helfer. Sabine Poluzyn arbeitet bei der CitiBank, die sie für diesen Einsatz freigestellt hat, und auf Ehemann Tim verzichtet derzeit die Messe Düsseldorf.

Auch für die Kindernothilfe ist das Nachbeben glimpflich ausgegangen, berichtet Sprecher Sascha Decker, verletzt wurde niemand.

Der Einsatz von ISAR auf Haiti kostet etwa 80 000 Euro. Geld, das die kleine Initiative nicht hat. Spenden können auf das Kto. 020 012 0285 bei der Stadtsparkasse Duisburg, BLZ 350 500 00 eingezahlt werden. Über seine Arbeit berichtet ISAR im Internet unter: www.isar-germany.de.