Duisburg. Schon bei der Anzahl der Gäste einer türkischen Hochzeit wird einem schwindelig. Ein Duisburger Paar gewährt einen Blick hinter die Kulissen.

Türkischen Hochzeiten eilt ein gewisser Ruf voraus. Groß sind sie und üppig. Mehrere hundert Gäste sind völlig normal. Die Schaufenster auf der Hochzeitsmeile in Duisburg-Marxloh geben einen Einblick: Echte Prinzessinnen kommen in bescheideneren Roben daher als Bräute aus der türkischen Community. Was das alles wohl kostet? Wir sind neugierig und fragen ein junges Ehepaar.

Özlem und Burak Özcan, beide 25 Jahre alt, haben im September „Ja“ gesagt. Den großen Tag haben etwa 1000 Gäste mit ihnen gefeiert. Das Brautpaar hätte es gerne etwas kleiner gehalten, aber der Vater des Bräutigams ist im Duisburger Norden bekannt wie ein bunter Hund und wünschte sich ein rauschendes Fest. „Er ist im Vorstand eines Kulturvereins und hat 30 Jahre lang sein Kfz-Gutachten-Büro an der Weseler Straße betrieben“, erklärt Burak Özcan, der den Betrieb im Januar von seinem Vater übernommen hat. Auch der Bräutigam ist als ehemaliger Trainer und Ex-Vorstand von SV Rhenania Hamborn 1949 kein Unbekannter.

Bräutigam und sein Vater sind im Duisburger Norden bekannt – bei der Hochzeit waren 1000 Gäste dabei

Also erfüllte das Paar den Wunsch von Özcan senior. „Erst war das für mich etwas komisch, weil ich die meisten Leute auf meiner Hochzeit nicht kannte. Aber dann haben wir zusammen getanzt und es war toll“, erinnert sich Özlem. Gestiegen ist die große Party in einem Saal in Rheinberg.

Das Paar in seinem Outfit für die Hochzeitsfeier.
Das Paar in seinem Outfit für die Hochzeitsfeier. © Mery Photography

„Die Location konnten wir zu einem Freundschaftspreis von 15.000 Euro mieten. Normal hätte sie 20.000 Euro gekostet“, erzählt Burak Özcan. „Rechnet man den Fotografen, die Live-Band und den Trommelspieler dazu, hat die Feier insgesamt 25.000 Euro gekostet“, ergänzt seine Frau.

Beim Hennafest waren nur Frauen dabei – so konnten sie ausgelassener feiern

Kommen wir zur Ausstattung des Brautpaares. Da geht es um mehr als die Hochzeit. Auch das Hennafest wird groß gefeiert. Der Tradition nach verabschiedet sich die Braut damit aus ihrem Elternhaus. Das Fest ist vergleichbar mit dem Junggesellinnenabschied. Meistens sind nur Frauen dabei. Dafür hat sich auch Özlem entschieden: „So konnten wir tanzen, wie wir wollen.“ Die Erklärung liefert sie gleich hinterher: „Aus Respekt vor älteren Männern tanzen türkische Frauen nicht so wild. Das käme nicht gut rüber.“

Auch für das Hennafest rüschen sich die Bräute richtig auf. Özlem Özcan hat sich für ein dunkelrotes Kleid entschieden.
Auch für das Hennafest rüschen sich die Bräute richtig auf. Özlem Özcan hat sich für ein dunkelrotes Kleid entschieden. © Cuneyt Photography

Also feiert Özlem mit 100 Frauen – eine vergleichsweise kleine Runde. „Es gibt Bräute, die laden 800 ein. Das wollte ich aber nicht.“ Schon das Kleid, das sie an dem Tag trägt, ist ein Traum. Ein Traum in dunklem Rot. Dazu gab es ein eigenes fürs Standesamt und natürlich als absoluten Höhepunkt das Brautkleid. Kaum zu glauben, dass die drei handgefertigten Prachtstücke zusammen nur 2300 Euro gekostet haben. „Wir haben den Preis schon extrem heruntergehandelt“, sagt Burak. Er kam mit zwei Anzügen aus. Kostenpunkt: bescheidene 700 Euro.

Die Ringe hat das Paar nicht in Marxloh gekauft, sie stammen aus Düsseldorf

Einen dicken Batzen des Budgets machen die Ringe aus. Erst gab es einen wunderschönen Antragsring mit Brillanten für Özlem, dann kamen die Hochzeitsringe. „Die haben wir nicht in Marxloh gekauft“, verrät das Paar. Es hatte sich schon welche bei einem Juwelier in Düsseldorf ausgeguckt. Das hat seinen Preis: Mit 6000 Euro sind die drei Ringe zu Buche geschlagen. Das großzügige Geldgeschenk von Buraks Vater hat diese Kosten fast gedeckt. Übrigens: Türkische Männer tragen aus religiösen Gründen silberne Eheringe – Gold ist den Frauen vorbehalten.

Für die kunstvollen Hochsteckfrisuren und das Make-up der Braut bei Hennafest und Hochzeit hat das Paar noch einmal 550 Euro hingeblättert. Nicht ganz unwesentlich auch die Kosten für die traditionellen Gastgeschenke des Brautpaares: „Unsere Gäste haben Parfumspray bekommen. Eins hat drei Euro gekostet. Ich habe mich gewundert, wie teuer diese kleinen Geschenke sind“, sagt die junge Frau, die BWL in Dortmund studiert und sich nach dem Abschluss gerne als Steuerberaterin selbstständig machen möchte. Eine Idee, die ihr Mann unterstützt: „Steuerberater werden gebraucht, alle möglichen Leute suchen derzeit nach einem.“

Viele Paare verschulden sich für ihre Hochzeit – das wollten die Özcans vermeiden

Das repräsentative Auto für den großen Tag kostet auch mal schnell 900 Euro Miete, die konnte das Paar sich sparen. Es ist im eigenen Maserati Grecale vorgefahren. Kommen noch Blumendeko und Brautstrauß für 1000 Euro dazu und die Druckkosten für die 800 Einladungen. Alles in allem hat die Hochzeit die Özcans rund 40.000 Euro gekostet.

Auf dem Standesamt hat der Bräutigam einen hellen Anzug getragen. Im Mittelpunkt stand die Braut mit ihrem spektakulären Hochzeitskleid. 
Auf dem Standesamt hat der Bräutigam einen hellen Anzug getragen. Im Mittelpunkt stand die Braut mit ihrem spektakulären Hochzeitskleid.  © Mery Photography

„Viele Paare verschulden sich dafür. Sie nehmen einen Kredit bei der Bank auf oder leihen sich Geld bei Verwandten“, sagt Özlem Özcan, „das wollten wir auf keinen Fall.“ Sie ist sich sicher, dass die Hochzeitsfeiern in den nächsten Jahren bescheidener ausfallen werden: „Nach unserer Generation hört’s auf mit den riesigen Feiern.“ Lange Zeit sei das ein geheimer Wunsch von Paaren gewesen, man hätte sich aber niemals getraut, es auszusprechen: „Heute sprechen Influencer offen darüber. Viele wollen einfach keine fremden Leute dabeihaben.“

Auf Hochzeitsreise ging es nach Istanbul und Zypern – ein Geschenk der Schwester des Bräutigams

So eine Hochzeit ist aber nicht nur teuer, sondern bedeutet phasenweise auch puren Stress. „Es wird zum Beispiel erwartet, dass die Einladungen persönlich übergeben werden. Bei uns hat das fast eine Woche gedauert. Mein Vater hat die meisten verteilt“, lacht Burak. Und dann ist klar, dass die Gäste noch zwei Monate nach dem Fest darüber reden: Passt das Paar zusammen? Wie war die Party? „Wenn ich über den Stress geredet habe, habe ich zur Antwort bekommen: ,Freu dich auf die Flitterwochen. Dann hast du es geschafft‘“, sagt Özlem und grinst.

Überglücklich und erleichtert sind die beiden erst nach Istanbul und dann nach Zypern gereist. Die Flitterwochen hat das Paar keinen Cent gekostet. Die einwöchige Reise war ein Geschenk von Buraks Schwester.

>> Traditionell schenken die Gäste dem Brautpaar Geld oder Gold

  • Bei türkischen Hochzeiten wird Geld oder Gold verschenkt. „Je nachdem, wie eng man mit dem Paar ist, schenken Familien etwa 100 Euro. Kennt man sich nur vom Sehen, sind es 50 Euro“, sagt Özlem. Bei den Özcans sind 30.000 Euro zusammengekommen.
  • Enge Verwandte schenken Gold. Allein von Buraks Mutter hat Özlem zehn wertvolle Armbänder bekommen. Die trägt sie jetzt bei Einladungen und auf anderen Hochzeiten. „Mit den auffälligen Armbädern oder auch Ketten machen junge Frauen deutlich, dass sie frisch verheiratet sind.“
  • Einen Monat nach der Hochzeit geht es noch einmal rund. Dann kommen Freunde und Verwandte alle nach und nach bei dem frisch gebackenen Ehepaar vorbei, um sich die Wohnung anzusehen. Dabei gibt es noch einmal Geschenke. Schon vor der Hochzeit zusammenzuziehen, ist ein No-Go.