Duisburg-Homberg. Wenn der Rhein weiter steigt, wird es kritisch in Homberg. Die Feuerwehr benötigt dann Hunderte von Helfern für eine außergewöhnliche Maßnahme.
Vier Jahre muss er noch durchhalten. Erst 2028 wird der Deich in Duisburg-Homberg saniert. Wie marode der Schutzwall ist, zeigt sich jetzt beim aktuellen Hochwasser. Am Dienstagmittag wurde bei der Kontrolle des Deiches zwischen PCC-Stadion und Hundeverein wie berichtet eine Sickerstelle entdeckt. Das heißt: Hier läuft an einer Stelle zu viel Wasser aus dem Deich heraus.
Die Feuerwehr hat das Leck mit einer „Quellkade“ gesichert, einem mit Wasser gefüllten Ring, der einen Gegendruck erzeugt. Die Situation ist unter Kontrolle. „Das Wasser läuft nun langsam und kontrolliert heraus“, sagt Sven Wagner von der Hochwasserschutzzentrale. Dass ein Deich entwässert, sei normal. Es dürfe nur nicht zu viel Wasser auf einmal sein.
Was die Lage in Homberg betrifft, so ist der Fachmann entspannt. „Wir erwarten wieder fallende Wasserstände.“ Ein Pegel von 11,50 Metern könne dem Deich in Homberg noch zugemutet werden. Erst danach werde es kritisch. Dennoch: Auch jetzt wird das natürliche Bauwerk „engmaschig kontrolliert“. Außerdem darf der Deich nicht mehr genutzt werden. Weder mit dem Fahrrad noch zu Fuß.
Deich in Homberg gesperrt: Polizei und Ordnungsamt im Dauereinsatz
Diese Sperrung durchzusetzen, ist ein Problem. „Viele Leute ignorieren die Absperrung“, ärgert sich Silke Kersken von den Wirtschaftsbetrieben. Polizei und Ordnungsamt sind deshalb vor Ort im Dauereinsatz, um Neugierige vom Deich fernzuhalten. „Wer Hochwasserbilder sehen möchte, findet genügend davon in der Zeitung oder im Fernsehen“, sagt Silke Kersken. „Dafür muss man nicht den Deich gefährden.“
Der Deich in Homberg weicht schneller auf als andere, weil ihm eine wassersperrende Schicht fehlt. So hat es uns Ralf Krumpholz bei einer Besichtigung des Deiches vor drei Jahren erklärt. Damals war er als Dezernent für diesen Bereich zuständig und berichtete, dass der fast 100 Jahr alte Deich im Krieg beschädigt wurde und zum Teil aus Schutt und Resten vom Bergbau besteht. „Das ist keine homogene Bauweise und macht ihn instabiler.“ Im Januar 2018 gab es bei einem Pegel von 9,69 Metern erstmals eine ähnliche Situation wie jetzt – mit viel Wasser auf der Landseite.
Der Deich wurde genauer untersucht und man fand heraus, dass es auf dem Abschnitt hinter dem PCC-Stadion in Richtung Kohlenstraße bei Extremhochwasser sehr kritisch werden könnte. Am 13. September 2018 wurde daher per Eilbeschluss ein Notfallplan zur Hochwasser-Gefahrenabwehr in Homberg beschlossen. Ein 1,6 Millionen Euro teures Papier, denn es beinhaltete die Freigabe zum Kauf des Materials, mit dem im Fall der Fälle ein Notdeich auf der Reindeichstraße in Homberg errichtet werden kann.
Bei 9,50 Metern Wasserstand ist der Notdeich aber noch kein Thema. Fertig sein muss er, wenn der Rhein die 11,50 Meter erreicht. Innerhalb von 48 Stunden könnten Feuerwehr und THW die einen Kilometer lange Barriere bauen, die die westlich liegenden Wohngebiete vor dem Wasser schützen soll. Allerdings wäre das ein enormer Kraftakt, für den Hunderte von Helfern benötigen würden.
Im Notfall werden 300.000 Sandsäcke in Duisburg-Homberg benötigt
Ralf Krumpholz hat das Szenario durchgespielt: „Wir arbeiten rund um die Uhr in drei Schichten. Pro Schicht benötigen wir 700 Einsatzkräfte.“ Nur ein Bruchteil davon sei mit dem reinen Aufbau des mobilen Deichs beschäftigt, der aus riesigen Schläuchen besteht, die mit Wasser befüllt werden. Der Rest muss Basisarbeit leisten und Sand in Säcke füllen, die den Deich stabilisieren. „Wir brauchen im Notfall in Homberg 300.000 Sandsäcke.“
Beim letzten großen Hochwasser im Jahr 1995 hat der Rhein übrigens 11,66 Meter erreicht. Damals war noch nicht bekannt, wie kritisch die Situation in Homberg ist. Der marode Deich hat gehalten – aber das ist mehr als ein Vierteljahrhundert her.