Duisburg. Zwei sichere Einkommen und trotzdem plötzlich in Existenzangst: Der Fall einer Duisburger Familie, die mit einer hohen Gasrechnung kämpft.

Der Schock sitzt tief, als die Gasrechnung der Stadtwerke Duisburg für 2022 ins Haus flattert. Betroffen ist eine Familie aus Meiderich, die anonym bleiben will und nicht im Traum damit gerechnet hätte, plötzlich in essenzielle finanzielle Schwierigkeiten zu geraten. Doch eine Nachzahlung von über 4000 Euro bringt sie in diese prekäre Situation.

Dabei arbeitet er (37) Vollzeit als Polizist in Duisburg und sie (35) halbtags als Angestellte in einer Stadtverwaltung. Inklusive des Kindergelds für den Sohn im Grundschulalter und die jüngere Tochter haben sie nach eigenen Angaben rund 5400 Euro netto im Monat zur Verfügung. Das sollte eigentlich locker reichen, denkt sich das Ehepaar.

Hohe Gasrechnung: Duisburger Familie plötzlich in großer Geldnot

Zwar hat es 2021 die 135 Quadratmeter große Dachgeschoss-Mietwohnung in Oberhausen-Alstaden gekündigt und sich den Traum von den eigenen vier Wänden erfüllt. Doch die monatliche Belastung in Höhe von 600 Euro durch den abzuzahlenden Kredit für das gekaufte Haus in Meiderich – 240 Quadratmeter groß – hält sich in Grenzen.

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Das Problem: Die Energiepreise schnellen nach Beginn des Ukraine-Kriegs am 24. Februar 2022 in die Höhe – auch bei Gas. „Als ich die Jahresrechnung gesehen habe, wollte ich es erst gar nicht glauben“, erzählt der Familienvater. „4000 Euro konnten wir nicht auf einen Schlag zahlen.“

Um Geld bei den eigenen Eltern betteln, will das Ehepaar nicht. „Wir haben überlegt, ob meine Frau einen zusätzlichen Job annimmt oder Vollzeit arbeitet“, so der 37-Jährige. „Das ist mit kleinen Kindern aber betreuungstechnisch nicht so einfach.“

Hilfe bei der Verbraucherzentrale

Um eine Energiesperre zu verhindern, sucht er Hilfe bei der Verbraucherzentrale Duisburg, die das Dilemma erklärt. Habe die Kilowattstunde Gas vor Ausbruch des Krieges nur fünf bis sechs Cent gekostet, muss die Familie aus Meiderich in der Grundversorgung vom 1. Juni bis 31. August 2022 plötzlich 24,24 Cent brutto zahlen, ab 1. September sogar 35,49 Cent brutto.

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Daraufhin meldet sich ein Stadtwerke-Vertreter bei der Familie, der ein zu diesem Zeitpunkt günstigeres Angebot macht: ein Preis von 26,63 Cent brutto pro Kilowattstunde Gas ab 1. Oktober 2022 – allerdings festgeschrieben in einem Tarif für zwei Jahre. Der Duisburger Familienvater hat den Vertrag gerade unterschrieben, als die Kilowattstunde in der Grundversorgung laut Verbraucherzentrale nur noch 14,63 Cent kostet.

Stadtwerke zeigen sich kulant

„Das war einfach Pech“, heißt es dazu aus der Duisburger Beratungsstelle, die nun nach der hohen Nachzahlung Kontakt mit den Stadtwerken aufgenommen hat. Das Ergebnis: Der lokale Energieversorger zeigt sich kulant. Die Familie aus Meiderich zahlt 2000 Euro sofort und die restlichen gut 2000 Euro in monatlichen Raten in Höhe von 100 Euro ab.

Der Familienvater aus Meiderich hat sich in der prekären Situation an die Duisburger Verbraucherzentrale gewandt.
Der Familienvater aus Meiderich hat sich in der prekären Situation an die Duisburger Verbraucherzentrale gewandt. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Außerdem wird der eigentlich noch bis Ende September 2024 laufende Vertrag mit den aus heutiger Sicht sehr teuren Konditionen zum 31. Dezember 2023 beendet – also genau dann, wenn die Energiepreisbremsen nach einem Jahr auslaufen. Noch gilt bei Gas für 80 Prozent des Verbrauchs ein gedeckelter Preis von 12 Cent pro Kilowattstunde. Davon profitiert auch die Meidericher Familie, die sich dann ab 1. Januar 2024 für ein weiteres Jahr an die Stadtwerke bindet, dafür aber auch nur 11,47 Cent brutto pro Kilowattstunde zahlt.

„Das Geld ist durch die Nachzahlungen aktuell trotzdem knapp. Wir haben zum Glück einen Kamin, machen die Heizung derzeit nur an, wenn es Richtung null Grad geht“, sagt der Familienvater. „Aber wir sind überglücklich und dankbar, dass wir mithilfe der Verbraucherzentrale diese Lösungen gefunden haben.“

Wichtig: Regelmäßig den Verbrauch überprüfen

Die Duisburger Beratungsstelle rät dringend, regelmäßig den Verbrauch zu überprüfen, um gegebenenfalls die Höhe des monatlichen Abschlags anzupassen. Oft sei dieser in Verbindung mit dem Grundpreis und dem Preis pro Kilowattstunde gar nicht realistisch. Dabei sollten auch Preiserhöhungen durch die Versorger berücksichtigt werden.

Er habe seinen Lehren nach dem finanziellen Schock gezogen. „Ich schaue mittlerweile wöchentlich auf den Gaszähler, bei Strom monatlich, um keine böse Überraschung mehr zu erleben“, sagt der 37-Jährige.

>> VERBRAUCHERZENTRALE DUISBURG: ENERGIEBERATUNGEN SEIT OKTOBER 2021 VERVIERFACHT

  • Die Duisburger Verbraucherzentrale betont im Zusammenhang mit dem Fall der Meidericher Familie die gute Kooperation mit den Stadtwerken. Der lokale Energieversorger unterstützt im Zuge eines Landesmodellprojektes fachlich und finanziell gemeinsam mit der Stadt sowie dem NRW-Verbraucherschutzministerium die dortige Beratung (volle Stelle) zum Thema Energiearmut.
  • Die Beratungen im Bereich Energierecht und Energiearmut haben sich nach Angaben von Paulina Wleklinski, Leiterin der Verbraucherzentrale Duisburg, seit Oktober 2021 vervierfacht.
  • Eine normale Rechtsberatung kostet 20 Euro, eine Folgeberatung weitere 10 Euro. Wenn es wie bei der Meidericher Familie um Energiehilfe und drohende Energiearmut geht, sind die Beratungen entgeltfrei. Entsprechende Termine haben derzeit eine Vorlaufzeit von rund sechs Wochen.
  • Weitere Infos gibt es in der Duisburger Verbraucherzentrale, Friedrich-Wilhelm-Straße 30, telefonisch unter 0203 48 80 11 01 oder online auf verbraucherzentrale.nrw/beratungsstellen/duisburg.