Duisburg. Die Bebauung des Skandal-Grundstücks an der Eurogate-Treppe scheitert seit Jahren. Nun hat die Stadt es verkauft. Das Geschäft wirft Fragen auf.
Viele Duisburger bezweifeln nach den seit 2009 teuer gescheiterten Versuchen, Investoren für das Problem-Grundstück an der Eurogate-Treppe zu finden, dass dort tatsächlich eines Tages gebaut werden wird. Nun ist die Stadtverwaltung anscheinend zumindest einen Schritt weiter beim nächsten Versuch, die einst als „Filetgrundstück“ angepriesene Lücke im Innenhafen zu füllen. Etwa dreieinhalb Jahre nach dem Aus des Projekts „The Curve“ hat die Stadt am Dienstag auffällig nüchtern mitgeteilt: „Der Verkauf der Fläche ,Am Alten Holzhafen‘ ist nun abgeschlossen und der Kaufvertrag wurde notariell beurkundet.“ Allerdings: Der Ausstieg eines zunächst beteiligten Verhandlungspartners wirft viele Fragen auf.
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Denn neuer alleiniger Eigentümer des Grundstücks ist laut Stadt die BKI Beteiligungs GmbH. Die Firma hatte sich ursprünglich gemeinsam mit der Tecklenburg GmbH und der Investmentgesellschaft Sunrise als Finanzpartner beworben.
Innenhafen Duisburg: Tecklenburg wird doch nicht „Am Alten Holzhafen“ investieren
Auf Nachfrage bestätigte die Tecklenburg Projektentwicklungs GmbH am Dienstag: „Die Tecklenburg GmbH ist nicht mehr Bestandteil der Investorengemeinschaft.“ Der erfahrene Straelener Bauunternehmer Hermann Tecklenburg, über den Niederrhein hinaus bekannt als Ehemann von Ex-DFB-Nationaltrainerin Martina Voss-Tecklenburg., will also nicht mehr im Duisburger Innenhafen investieren.
Angaben zu den Gründen für den Rückzieher machte die Tecklenburg Projektentwicklungs GmbH auf Nachfrage am Dienstag bislang noch nicht. Die Baubranche leidet in der anhaltenden Wirtschaftsflaute weiter unter vielen gestoppten Projekten. Der Alt-Unternehmer selbst machte zuletzt als Sponsor des Fußball-Oberligisten SV Straelen Negativ-Schlagzeilen. Ende Oktober wurde bekannt: Die Staatsanwaltschaft Kleve hat Anklage gegen den 75-Jährigen und weitere Verantwortliche des Vereins erhoben. Die Ermittler werfen den Beschuldigten vor, Beiträge an die Sozialversicherung und die Berufsgenossenschaft nicht abgeführt zu haben.
„Es ist lediglich ein Partner aus den Verhandlungen ausgestiegen“
Den Tecklenburg-Ausstieg bestätigte am Dienstag auch Stadtsprecher Peter Hilbrands: Nach dem Beschluss des Rates am 28. November 2022 seien die Vertragsverhandlungen zwar mit BKI und Tecklenburg aufgenommen worden.. Am Ende sei Tecklenburg jedoch „aus den Vertragsverhandlungen ausgestiegen. Diese wurden daher mit der BKI Gruppe weitergeführt und nun zum Abschluss gebracht“, so Hilbrands.
Somit habe es nicht etwa einen erneuten Verkauf des Grundstücks gegeben. Stattdessen sei der Vertrag, den der Rat vor mehr als einem Jahr beschlossen hatte, beurkundet worden. „Es ist lediglich ein Partner aus den Verhandlungen ausgestiegen“, so die Darstellung der Stadt. Dem Verkauf des knapp 12.000 Quadratmeter großen Grundstücks hatte der Rat im November 2022 zugestimmt (wir berichteten).
Beigeordneter Linne: BKI-Angebot überzeugt „städtebaulich“ und „strukturell“
„Nachdem der Verkauf notariell beurkundet wurde, können die Planungen für die Nutzung und Gestaltung der Fläche nun durch die Projektgesellschaft des neuen Eigentümers, der BKI Beteiligungs GmbH, im Detail ausgearbeitet werden“, kündigte die Stadt am Dienstag an.
Martin Linne, der Beigeordnete für Stadtentwicklung, lässt sich dazu so zitieren: „Für die städtebauliche Entwicklung Duisburgs ist es ein Gewinn, dass wir die Fläche Am Alten Holzhafen nun an diesen Partner verkaufen konnten, der durch sein Angebot sowohl städtebaulich, aber auch strukturell überzeugen konnte.“
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Welche Folgen hat der Tecklenburg-Ausstieg?
Unklar ist gleichwohl, was der Ausstieg des etablierten „Senior-Partners“ Tecklenburg für die Umsetzung des 2022 von der Investorengemeinschaft vorgestellten Konzeptes bedeutet. Mit den Straelenern hat sich eines der größten Immobilien- und Bauunternehmen in NRW verabschiedet – und mit der BKI Beteiligungs GmbH hat der viel kleinere und unerfahrene Partner den Zuschlag erhalten.
Als Kontaktadresse gibt die Firma BKI, die im Duisburger Handelsregister eingetragen ist, auf ihrer Internetseite den St.-Anna-Weg in Neudorf an. Laut eigener Darstellung gründete der gelernte Immobilienkaufmann Bernd Kolkmann das Unternehmen 2015. Als „bundesweit tätiges Immobilienprojektentwicklungsunternehmen“, so die Selbstdarstellung, habe BKI „erfolgreich expandiert“ und „innovativen und lebendigen Wohn-, Arbeits- und Lebensraum zu bezahlbaren Preisen realisiert“. Das „Angebot der Immobilienentwicklung“ reiche „vom Studentenwohnheim über den Gesundheitscampus, Kirchen und Gemeindehäuser bis hin zum Pflegeheim“. Die Darstellung der umgesetzten Projekte bleibt indes zumindest im Netz, auf bki-gruppe.de, sehr oberflächlich.
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Das Konzept: Sechs achtgeschossige Büro- und Verwaltungsgebäude
Das von Tecklenburg, BKI und Sunrise im Vorjahr vorgestellte Konzept für das Grundstück „Am Alten Holzhafen“ sah sechs getrennte, jeweils achtgeschossige Häuser vor, die sich um die Eurogate-Treppe reihen (>> zu den ersten Visualisierungen). Dabei waren Büro- und Verwaltungsnutzungen in vier Gebäuden vorgesehen; Hotels, Pensionen „und andere Beherbergungsbetriebe“ in zwei weiteren. Gastronomie könnte in den Untergeschossen ebenso eingerichtet werden wie öffentliche Gaststätten und eine „Skybar“ auf dem Dach, hieß es damals. Die städtebaulichen Anforderungen der Stadt schließen eine Wohnnutzung aus.
Zum weiteren Zeitplan machte die Stadtverwaltung am Dienstag keine Angaben. BKI dürfte es, auch wegen der anhaltenden Baupreiskrise, nicht eilig haben. Und darf sich wohl auch etwas Zeit lassen: Die Investoren, so zumindest der Vertragsstand Ende 2022, wollten sich verpflichten, die Bebauung bis September 2030 abzuschließen.
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Risiken mindern Wert: Mindestkaufpreis 1,55 Millionen Euro
Nach Erfahrungen aus dem teuren Scheitern des vormaligen Projekts „The Curve“ des Düsseldorfer Investors DDP sah der Kaufvertrag eine Übernahme des Grundstücks „wie es geht und steht“ vor. 70 Gutachten boten potenziellen Interessenten eine Grundlage für ihre Entscheidung.
Ein Knackpunkt bleibt die Kampfmittel-Sondierung, die vor Baubeginn zu erfolgen hat. Sie wird erschwert durch die Verfüllung des Areals, die vor 15 Jahren nicht mit dem vorgeschriebenen Sand-Kies-Gemisch, sondern mit erzhaltigem Abraum aus dem Bergbau erfolgte.
Mögliche Risiken wurden vorab von Sachverständigen bewertet und seien „in den Mindestkaufpreis eingeflossen“. Zum Kaufpreis macht die Stadt nun keine Angaben. Beim Erlös muss sie jedoch erhebliche Abstriche machen: Der Bodenwert von rund 9,23 Millionen Euro reduzierte sich durch die „objektspezifischen Grundstücksmerkmale“ um rund 7,68 Millionen Euro auf rund 1,55 Millionen Euro – das war der Mindestkaufpreis, mit dem die Stadt ins Bieterverfahren ging.
>> AM ALTEN HOLZHAFEN: PROBLEMGRUNDSTÜCK IM DUISBURGER INNENHAFEN
- Seit 1990 sucht die Stadt Duisburg für den ehemaligen Holzhafen nach einem Investor.
- Die Problembaustelle liegt an der schon 2009 fertiggestellten und seither oft vom Bund der Steuerzahler gerügten Stufenpromenade „Eurogate“.
- 2012 machte der Essener Projektentwickler Kölbl und Kruse einen Rückzieher aus einem 120-Millionen-Euro-Projekt zur Bebauung.
- 2016 präsentierten „Die Developer“ (ddp) aus Düsseldorf ihre Pläne zur Wiederbelebung des Leuchtturmprojektes. Das nicht tragfähige Wassergrundstück an der Treppe wurde wegen der Fehler aus der Vergangenheit und einer offenbar überforderten Verwaltung endgültig zur Skandalbaustelle. Bis zum endgültigen Aus Anfang 2020 hatte die Stadt Duisburg 12,3 Millionen Euro in „The Curve“ gesteckt.