Duisburg. Beim ersten Toccata-Konzert der Saison in Duisburgs Mercatorhalle spielte nach einer Absage Ersatzorganistin Wenying Wu. Kann sie überzeugen?

Krankheitsbedingte Absagen wünscht sich kein Konzertveranstalter. Zum Glück konnte im ersten Toccata-Konzert der Saison in der gut besuchten Mercatorhalle am Samstag die junge Organistin Wenying Wu kurzfristig für ihre erkrankte Kollegin Alexandra Bartfeld auf Augenhöhe einspringen. Vor wenigen Tagen erst legte die Chinesin ihr krönendes Konzertexamen an der Weimarer Musikhochschule ab, an der sie bereits, wie auch in Jena, Meiningen und Haldensleben, lehrt und konzertiert.

Toccata-Programm in Duisburg stellt Organistin schonungslos auf den Prüfstand

In Duisburg präsentierte sie das anspruchsvolle Programm ihres Examens mit den drei Chorälen von César Franck als tragende Säulen. Trotz ihres schlichten Titels handelt es sich bei den im Todesjahr des Komponisten entstandenen Stücken um drei ausladende, jeweils viertelstündige Fantasien von extremer geistiger Tiefe sowie formaler und stilistischer Vielfalt, die selten zyklisch aufgeführt werden und der Interpretin wie auch dem Publikum ein Höchstmaß an Konzentration abverlangen. Nach innen gerichtete Meditationen ohne effektvollen Zierrat, die, wie es sich für ein Examen gehört, Musikalität, gestalterische Fantasie und spieltechnische Versiertheit der Kandidatin schonungslos auf den Prüfstand stellen.

28-jährige Wenying Wu überzeugt beim Toccata-Konzert das Publikum

Und damit überzeugte die 28-jährige Musikerin das Duisburger Publikum ebenso wie zuvor schon die Jury der Weimarer Hochschule. Zumal sich Wenying Wu mit der Eule-Orgel der Mercatorhalle auf ein ihr unbekanntes Instrument einlassen musste. Mit feinem Gespür wurde sie den vom Komponisten vorgegebenen Registrieranweisungen gerecht, überraschte aber auch mit eigenen fantasievollen Klangmischungen, wobei sie auf starke dynamische Kontraste Wert legte. Dass ihr Umgang mit dem Schwellwerk des ihr ungewohnten Instruments zu einigen abrupten dynamischen Wechseln führte, ist angesichts der kurzen Einspielzeit verzeihlich.

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Ihr Feingefühl für feinste klangliche Nuancen und Schattierungen konnte sie befreit und mit großem kreativem Potenzial in den „Chants d’Oiseaux“ (Vogelgesänge) von Olivier Messiaen ausspielen, wobei sie Klänge und Farben ertönen ließ, wie man sie bisher auf dem Instrument noch nicht zu hören bekam.

Langanhaltender Beifall für ein in jeder Hinsicht anspruchs- und gehaltvolles Konzert.

>> WENYING WU: DIE ORGANISTIN IM PORTRÄT

  • Wenying Wu ist eine chinesische Organistin, wurde aber 1995 in Japan geboren.
  • 2021 gewann sie den ersten Preis der IAO-RCO Organ Playing Competition in Edinburgh.
  • Die Organistin konzertierte bereits in Deutschland, England, Italien, Polen und China.
  • Neben ihren Lehrtätigkeiten arbeitet sie unter anderem als Chorassistentin und Kantorin. Außerdem betreut sie ein Orgelbauprojekt.