Duisburg. Personalmangel und Arbeit auf Mindestlohnniveau? Die Koch-Gewerkschaft schlägt Alarm. Ein Wirt widerspricht: „Wir haben einen Arbeitnehmermarkt!“

„Küchen-Alarm“ schlug vor kurzem die Gewerkschaft NGG: 90 Stellen für Köche und Köchinnen seien in Duisburgs Restaurants und Gaststätten unbesetzt, dazu 38 Ausbildungsstellen. Die Gründe für den Personalmangel sieht die NGG (Nahrung-Genuss-Gaststätten) vor allem bei der Bezahlung. Was sagen Gastronomen?

„Ich kenne diese Zahlen nicht und weiß nicht, wo sie herkommen“, sagt Marc Weber, der das Webster Brauhaus am Dellplatz betreibt und Kreisvorsitzender des Hotel- und Gaststättenverbands Dehoga ist. Was er aber wisse: „Wir haben ganz bestimmt keinen Arbeitgeber-, sondern einen Arbeitnehmermarkt.“ Soll heißen: Die Aussage der NGG, viele Köche müssten für ein Gehalt nah am Mindestlohn arbeiten, hält Weber für unzutreffend.

Köche oft am Mindestlohn? Duisburger Wirt hat andere Erfahrung

„Wenn ich einem Bewerber den Mindestlohn anbiete, lacht der mich aus“, sagt der Wirt, „wozu hat der dann eine Lehre gemacht?“ Gehälter seien im Webster verhandelbar: „Die Tarife sind dabei die Richtlinie, drunter liegen wir nicht.“ Das gleiche höre er von Kolleginnen und Kollegen. Tarif, das bedeute 2441 Euro brutto als Einstiegsgehalt nach der Ausbildung, und 2711 Euro ab zwei Jahren Berufserfahrung. Stundenlöhne von 14,44 Euro beziehungsweise 16,04 Euro, rechnet Weber vor.

Dass es weniger vielversprechende Bewerbungen gibt als früher und die Vorkenntnisse der Bewerber schlechter geworden sind, streitet Weber nicht ab. Doch der Fachkräftemangel sei bekanntermaßen ein branchenübergreifendes Phänomen: „Wir hatten in den 90ern schon Probleme, gute Leute zu finden, und die Situation ist nicht besser geworden.“ Nicht zuletzt deshalb bilden sie am Dellplatz schon lange selbst aus.

Marc Weber leitet das Webster Brauhaus am Dellplatz und ist Kreisvorsitzender von Dehoga.
Marc Weber leitet das Webster Brauhaus am Dellplatz und ist Kreisvorsitzender von Dehoga. © FUNKE Foto Services | Oliver Müller

Zu den Köchen, die im Webster ihre Lehre absolviert haben, gehört Sebastian Arendt. 18 Jahre später arbeitet er noch immer dort, gemeinsam mit zwei weiteren Köchen, drei Auszubildenden und zwei Küchenhilfen, aufgeteilt in Schichten. Seine Berufswahl habe Arendt nie bereut: „Es ist ein extrem vielfältiger Beruf und es gibt viele Möglichkeiten, sich zu spezialisieren. Am Abend sieht man die Leute zufrieden strahlen – dafür brennt ein Koch!“

Erhöhung der Mehrwertsteuer belastet Wirte ab 2024

Der Ton in den Küchen sei sehr rau, lautet ein verbreitetes Vorurteil, Neulinge würden zu Beginn erst einmal gebrochen. Für das Webster bestätigt Sebastian Arendt das nicht: „Wir gehen hier sehr respektvoll miteinander um, keiner wird angeschnauzt.“ Marc Weber, der als Dehoga-Kreisvorsitzender gut vernetzt ist, meint: „Es gibt bestimmt noch ein paar ewig Gestrige, die es nicht anders kennen. Aber junge Leute lassen sich das heute gar nicht mehr gefallen. Wenn die jemand anschreit, drehen die sich um und gehen nach Hause.“

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Weber preist vielmehr die Vorteile der Koch-Ausbildung an: „Ich kenne keine Branche, in der man so schnell Karriere machen kann. Und mit 1100 Euro Gehalt im ersten Lehrjahr sind wir weit oben angesiedelt.“

Die NGG peilt nach eigenen Angaben für die Zukunft ein Einstiegsgehalt von 3000 Euro brutto pro Monat für alle an, „die in der Hotellerie und Gastronomie nach ihrer Ausbildung in einem Vollzeit-Job weiterarbeiten“. Marc Weber, der auch Mitglied in der Tarifkommission ist, will vor den kommenden Verhandlungen keine konkreten Zahlen kommentieren, sagt jedoch: „Wenn zum 1. Januar die Mehrwertsteuer wieder erhöht wird, dürfte für Verhandlungen oberhalb der Inflationsrate wenig Spielraum bleiben.“

>> SERVICEKRÄFTE: INFLATION WIRKT SICH AUS

Laut Marc Weber machen die Lohnkosten im Branchenschnitt 30 bis 40 Prozent der Gesamtausgaben aus, im Webster seien es mit der Brauerei sogar rund 50 Prozent. Anders sehe es in der Systemgastronomie aus: „Die stellen Ungelernte ein, zum Beispiel Studenten, deshalb mussten die seit Corona auch die Preise nicht erhöhen.“

Etwas gebessert habe sich die Situation bei den Servicekräften, wenngleich nicht aus erfreulichen Gründen: „Die Inflation zwingt viele Leute zum Nebenjob.“ Dennoch bleibe die Lage auch in diesem Bereich angespannt: „Man ist ständig auf der Suche.“

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