Duisburg. Nach Demos in Duisburg fordert OB Sören Link, eingebürgerten Hamas-Unterstützern die deutsche Staatsbürgerschaft zu entziehen. Bloß Populismus?
Demonstrationen haben Duisburg in der Vorwoche deutschlandweit in die Schlagzeilen gebracht. Anlässlich des brutalen Hamas-Angriffs auf israelische Zivilbevölkerung gingen Anhänger pro-palästinensischer Initiativen auf die Straße, um ihre Sympathie für den Kampf gegen Israel kundzutun. Nun fordert Duisburgs Oberbürgermeister Sören Link (SPD) öffentlich, eingebürgerten Hamas-Unterstützern die deutsche Staatsbürgerschaft wieder zu entziehen.
In einem Facebook-Post bezieht sich Link auf die Ankündigung von Bundesinnenministerin Nancy Faeser, ausländische Unterstützer der Terror-Organisation schneller aus Deutschland auszuweisen. „Genau der richtige Ansatz“, schreibt Duisburgs Stadtoberhaupt zu den Äußerungen seiner Parteifreundin, er würde allerdings „noch einen Schritt weitergehen“:
Duisburgs OB gegen Hamas-Unterstützer: Forderung wohl nicht realistisch
„Wir sollten zusätzlich auch allen Terror-Unterstützern, die die deutsche Staatsangehörigkeit angenommen haben, diese umgehend wieder aberkennen und sie dann ausweisen.“ Wer Terroristen und Gräueltaten an Zivilisten verharmlose und bejubele, oder wer Israel das Existenzrecht abspreche, „der hat hier nichts zu suchen“, so der Oberbürgermeister schließlich.
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Entzug der deutschen Staatsbürgerschaft? Die Forderung Links ist nach aktueller Gesetzeslage eher nicht realistisch. Auf einer Informationsseite der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration sind die wenigen Fälle gelistet, in denen Bundesbürger ihren Status als solche verlieren können.
Denn eigentlich verbietet das Grundgesetz den Entzug der Staatsangehörigkeit, insbesondere dann, wenn Menschen ohne sie staatenlos werden. Diese Regelung gilt auch aufgrund der deutschen Erfahrungen aus der NS-Diktatur, als jüdische sowie politisch unliebsame Menschen ausgebürgert werden konnten.
Ex-Justizministerin sieht Sören Links Äußerungen kritisch
Doch selbst, wenn noch eine weitere Staatsangehörigkeit existiert, gibt es nur wenige Ausnahmen. Eine davon lautet: „Sie [...] beteiligen sich konkret an Kampfhandlungen einer terroristischen Vereinigung im Ausland.“ Nun wird die Hamas zwar als Terror-Organisation eingestuft. Doch kommt die Teilnahme an einer Demonstration keiner Kampfhandlung gleich.
Auch in den Kommentaren unter seinem Facebook-Post wird Sören Link daran erinnert, wie schwer es ist, jemandem die Staatsbürgerschaft abzuerkennen. Die Autorin ist mit ihrer Kritik allerdings ziemlich allein, Duisburgs Verwaltungschef erhält für seinen Beitrag vor allem Zustimmung. „So schnell wie möglich“, „richtige Worte“, „Bitte auch durchziehen“, schreiben andere Nutzer.
Rechtlich sieht auch die ehemalige Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) wenig Chancen, die Forderung von Link umzusetzen. Die Antisemitismusbeauftragte war zu Gast in der Jüdischen Gemeinde Duisburg, wo sie mit dem OB ins Gespräch kam. Dieser wiederholte seine Facebook-Forderung und unterstrich: „Die haben hier nix verloren.“
Anschläge von Syrer: Sören Link forderte Abschiebung in Kriegsgebiete
Leutheusser-Schnarrenberger setzte indes auf die geltende Rechtslage, nach der die Verherrlichung von Kriegsverbrechen ebenso strafbar ist wie das Verbrennen einer israelischen Fahne, sowie auf das Verbot von Vereinen wie Samidoun. Schwierig bis unmöglich sei hingegen eine Abschiebung nach Ramallah oder Ägypten. „Ich würde es drauf ankommen lassen“, meinte Link, „ich möchte nicht, dass jemand hier eingebürgert ist und so denkt“. Das müsse man „rechtsstaatlich sauber regeln“, forderte er.
Wenig Verständnis für diese Aussagen zeigt die Duisburger Bundestagsabgeordnete Lamya Kaddor. „Angesichts des Ausmaßes an Antisemitismus (...) ist es geboten, von parteipolitischen Zwischentönen oder populistischen Scheinlösungen abzusehen“, teilt die Integrations-Expertin der Grünen mit. Auch Kaddor verweist auf die verfassungsrechtlichen Hürden und betont zudem: „Es ist sozialwissenschaftlich erwiesen, dass Antisemitismus kein vereinzeltes Randphänomen ist, sondern bis tief in die Mitte der Gesellschaft hineinragt (...). Hier ist die Politik angehalten, Bevölkerungsgruppen nicht gegeneinander auszuspielen.“
Ähnlich umstrittene Äußerungen tätigte Sören Link bereits im April, nachdem der Syrer und mutmaßliche IS-Anhänger Maan D. in Duisburg mehrere Menschen verletzt und getötet hatte. Ebenfalls bei Facebook forderte Link „ein schnelles, zeitnahes Gerichtsverfahren, ein klares Urteil und eine deutliche Strafe sowie eine unmittelbar folgende konsequente Abschiebung des Täters“.
Damit argumentierte Link gegen die klare Haltung der Bundesregierung, keine Menschen in Kriegsgebiete abzuschieben. Dennoch: Auch damals erhielt er überwiegend Zuspruch, nur vereinzelt wurden Populismus-Vorwürfe laut. (mit aka)