Duisburg. Besonnen, sachkundig, streitbar: Wie Erich Hennen 15 Jahre lang den Kampf gegen die CO-Pipeline des Bayer-Konzerns im Duisburger Süden führte.

Viele Jahre lang hat Erich Hennen die Bürgerinitiative „COntra Pipeline“ angeführt, die sich gegen den Bau der Kohlenmonoxid-Leitung des Bayer-Konzerns durch die Wohngebiete des Duisburger Südens wehrte. Jetzt ist der Ungelsheimer im Alter von 86 Jahren verstorben, die Beisetzung hat im Kreis der Familie stattgefunden.

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Zuletzt ist es ruhig geworden um die umstrittene Leitung – sie verbindet die beiden linksrheinischen Bayer-Standorte Uerdingen und Dormagen. Dass bis heute kein Gas durch die Leitung fließt, der Chemieriese nach dem Ritt durch alle juristischen Instanzen bis zum Bundesverfassungsgericht letztlich zu umfangreichen Nachbesserungen verdonnert wurde, ist auch Erich Hennen zu verdanken.

Bayer-Arroganz war die Motivation zur Gründung von „COntra Pipeline“

Er hatte sich gerade im Ruhestand eingerichtet, als der Bau der Pipeline begann. Hätte die Bayer-Tochter BMS nicht eine so desaströse Informationspolitik betrieben, Erich Hennen hätte sich wohl weiter um seinen Garten gekümmert und auf dem Golfplatz in der Nähe intensiv an seinem Handicap gearbeitet. Dass der Weltkonzern mit großindustrieller Arroganz seine Baugenehmigung umsetzen wollte, das hat ihn wie so viele seiner Mitstreiter geärgert.

Bei Bayer nahmen sie ihn zunächst nicht ernst; das haben sie dort bestimmt bereut. Hennen war kein Lautsprecher, hatte aber einen großen Vorteil: Er konnte sich mit seinen Kontrahenten auf Augenhöhe auseinandersetzen. In seinem Berufsleben als Sicherheitsingenieur der Wanheimer Zinkhütte hatte er immer wieder auch CO-Unfälle erlebt. Er wusste, wie tödlich das Gas schon in kleinsten Mengen wirken kann.

Durch die umstrittene CO-Pipeline des Bayer-Konzerns, das Bild zeigt die Verlegung in einem Wald im Duisburger Süden, ist nach langem Rechtsstreit bis heute kein Kohlenmonoxid geflossen. Bayer muss bei den Sicherheitsvorkehrungen nachbessern.
Durch die umstrittene CO-Pipeline des Bayer-Konzerns, das Bild zeigt die Verlegung in einem Wald im Duisburger Süden, ist nach langem Rechtsstreit bis heute kein Kohlenmonoxid geflossen. Bayer muss bei den Sicherheitsvorkehrungen nachbessern. © picture alliance / dpa | Horst Ossinger

Schutz nach Stand der Technik – das zählte für den Sicherheitsingenieur

Dass Bayer Sicherheitsbedenken abtat, dass bei der Verlegung der Leitung, wie Hennen meinte, mitunter schlampig gearbeitet wurde, hat ihn gefuchst. Deshalb kämpfte er dafür, dass beim Pipelinebau, wenn er schon nicht zu verhindern ist, das Bestmögliche für den Schutz der Menschen getan wird. „Stand der Technik“ – mit diesem Ingenieur-Begriff beschrieb er gern die Forderungen, um die er im Schulterschluss mit den anderen Initiativen entlang der 62 Kilometer langen Trasse rang.

Mit Akribie grub sich Erich Hennen in die Gutachten, Planfeststellungsbeschlüsse und Gerichtsurteile ein. „Ich hab’ da etwas gefunden“, war der Satz, mit dem er seine Besuche in der Redaktion dieser Zeitung ankündigte.

Erich Hennen genoss selbst bei seinen Kontrahenten hohen Respekt

Der Ungelsheimer hat sich damit nicht nur im Duisburger Süden hohen Respekt erworben, sondern auch in der Politik und Verwaltung, der Landes- und Bezirksregierung. Und nicht zuletzt auf der Seite der Pipeline-Bauer, mit denen er die Auseinandersetzung zwar in der gebotenen Härte, aber nie unfair oder polemisch führte. Auch „Die Zeit“ würdigte ihn dafür 2011 mit einem Porträt.

Das Vertrauen in die Justiz verlor er dabei nie. „Wenn dieser Streit einmal höchstrichterlich entschieden ist, dann ist das Buch zu, auch wenn wir unterliegen“, hat er stets betont. Ob’s nun Sieg oder Niederlage wird, hat er nicht mehr erlebt. Sicher ist: Wenn jemals Kohlenmonoxid durch die Leitung fließt, wird die Leitung sicherer sein, als sie geplant wurde. Und das ist zu großen Teilen ein Verdienst von Erich Hennen.

>> SO GEHT ES WEITER MIT DER INITIATIVE

  • Nach dem letzten Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster in 2020, das den Bau der CO-Pipeline zwar für rechtens erklärte, aber sicherheitstechnische Nachbesserungen anordnete, ist Bayer dabei, nachzuarbeiten.
  • Die letzten öffentlichen Aktionen der Bürgerinitiativen liegen schon länger zurück, in Duisburg traf sich „COntra Pipeline“ in der Regel kurz vor dem Jahresende.
  • Die BI besteht allerdings nach wie vor. Wie es nach dem Tod von Erich Hennen nun weitergeht, wollen die Aktiven nach dem Sommer beraten, heißt es aus Kreisen der Initiative.