Duisburg. Krystian Zimerman begeistert beim Klavierfestival Ruhr. Er kultiviert Klangschönheit und Anschlagskultur. Anlass zu Kritik liefert nur eines.

Auch bei seinem 12. Auftritt im Rahmen des Klavier-Festivals Ruhr verbreitete der polnische Pianist Krystian Zimerman in der voll besetzten Mercatorhalle eine besondere Stimmung, die nicht nur seinen phänomenalen musikalischen Fähigkeiten zu verdanken ist. Der charismatische Künstler besticht durch ein unverrückbar individuelles, vor allen Moden und äußeren Einflüssen gesichertes Profil, mit dem er bisweilen an einen einsamen Mönch in einem effektsüchtigen Musikbetrieb erinnert.

Krystian Zimerman beim Klavier-Festival Ruhr: auf der Suche nach der perfekten Anschlagskultur

Was nicht mit unflexibler Starrheit zu verwechseln ist. Natürlich hat sich der 66-jährige Künstler im Laufe seiner glanzvollen Karriere entwickelt und gewandelt. Treu geblieben ist er seiner Suche nach einer perfekten Klang- und Anschlagskultur, die er nach wie vor am überzeugendsten in der Musik seiner Landsleute Karol Szymanowski und Frédéric Chopin entfalten kann.

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Wobei sein Einsatz für den hierzulande wenig beachteten Szymanowski mit dessen klanglich und harmonisch idiomatischer Gratwanderung zwischen Romantik und Moderne besonderes Interesse verdient. Und so konnte Zimerman mit vier frühen Préludes und vier später entstandenen, erheblich kühner tönenden Mazurkas des Komponisten die Meriten seines außergewöhnlichen Spiels besonders eindringlich herausstellen: eine Anschlagskultur mit feinsten Nuancen, verbunden mit einer souverän atmenden und gestaltenden Phrasierung, die vergessen lässt, dass ein Flügel im Unterschied zu einem Streichinstrument eine hoch mechanisierte Maschine ist.

Krystian Zimerman lässt den Flügel singen wie eine menschliche Stimme

Darauf singen zu können wie eine menschliche Stimme oder eine Violine, das war auch das Ziel von Frédéric Chopin. Und das gelang Zimerman auch in den poetisch-lyrischen Teilen von Chopins 3. Sonate in h-Moll. Es zeugt von Zimermans Meisterschaft, wenn er die Kontrolle über Klangschönheit und Anschlagskultur selbst in aberwitzigen Tempi nicht verliert. Tempovorstellungen, denen man, etwa im Finalsatz der Sonate, nicht immer zustimmen muss, die aber musikalisch und spieltechnisch perfekt beherrscht werden.

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Mit diesen Prämissen bewegen sich auch seine Interpretationen zweier Partiten von Johann Sebastian Bach auf hohem Niveau, auch wenn er mit seinem fein polierten Klang und der geläufigen Rasanz, mit der er die schnellen Sätze angeht, die stilistischen Unterschiede der Sätze bisweilen überspielt und einebnet, so dass der tänzerische Duktus der Sätze verloren geht.

Einwände auf sehr hohem Niveau, zumal gerade zu Bach viele musikalische Wege führen. Das Publikum reagierte mit Standing Ovations, wofür sich der Künstler mit einer Chopin-Zugabe bedankte.