Duisburg. Eine Straßenbahn über den Rhein in den Duisburger Westen: Die Stadt möchte das Projekt nun vorantreiben. Das sind die Pläne und Chancen.

Noch fährt keine Straßenbahn über den Rhein in den Duisburger Westen. Dies soll sich in Zukunft ändern. Erste Überlegungen hat es dazu bereits vor rund zehn Jahren gegeben. Die Stadt möchte das Vorhaben nun aber auf ihrer Prioritätenliste nach oben setzen. Wenn die Ratsmitglieder am Montag, 12. Juni, über die Strategie für die Verkehrsinfrastrukturentwicklung der nächsten Dekade in Duisburg entscheiden, werden sie sich deshalb auch mit diesem Thema beschäftigen. Eine Straßenbahn über die „Brücke der Solidarität“ von Hochfeld nach Rheinhausen soll demnach zum wichtigsten Schienenprojekt des Nahverkehrsplans werden.

Der Hintergrund: Die Brücke muss nach Angaben der Stadt Ende der 2030er Jahre erneuert werden. Schienen auf dem bestehenden Bauwerk aus den Jahren 1948/49 zu installieren, sei nicht sinnvoll, weil damit langwierige, erhebliche und hochkomplexe bauliche Veränderungen einhergingen. Außerdem ist die Restlebensdauer der Brücke überschaubar. Aber ein geplanter Ersatzbau böte erstmals eine realistische Perspektive, um die linksrheinischen Stadtteile an das Duisburger Straßenbahnnetz anzubinden.

Dezernent: „Vor 2040 fährt in Duisburg keine Straßenbahn über den Rhein“

Das bedeutet allerdings auch: „Realistisch betrachtet wird in Duisburg vor 2040 keine Straßenbahn über den Rhein fahren“, so Martin Linne, Dezernent für Stadtentwicklung, Mobilität und Sport, auf Nachfrage der Redaktion. „Aber wenn wir das Ziel erreichen wollen, müssen wir jetzt schon mit den Planungen beginnen und die Voraussetzungen dafür schaffen.“

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Der Ersatzneubau einer vierstreifigen Rheinbrücke mit Straßenbahn sowie darüber hinaus zeitgemäßen Rad- und Gehwegen sei trotz einer voraussichtlich möglichen Förderung durch den Bund eine erhebliche finanzielle Herausforderung für die Stadt. Die Kosten für den Neubau für die geplante Strecke von der Pauluskirche bis zum Hochemmericher Markt „als wichtigstem linksrheinischen Verknüpfungspunkt der Rheinhauser Buslinien an das innerstädtische Schienennetz“ werden derzeit mit rund 60 Millionen Euro taxiert – ohne anteilige Brückenbaukosten, betont die Stadt.

Es gibt außerdem Überlegungen, Straßenbahnen auch über die Friedrich-Ebert-Brücke nach Homberg fahren zu lassen. Allerdings hat diese laut Dezernent Linne noch eine Standzeit von zehn Jahren. Es gebe hier keinen akuten Handlungsbedarf. Eine seriöse Kostenschätzung sei aktuell ohnehin nicht möglich.

Derzeit läuft eine baustatische Prüfung, um herauszufinden, „wie lange die Brücke wie viel Verkehr noch aushalten kann“, so Stadtsprecher Malte Werning. Gleichzeitig sei eine Prüfung der Tragseile beauftragt worden.

Alleinstellungsmerkmal mit Vorgeschichte

Aktuell ist Duisburg die einzige der elf Großstädte am Rhein mit Bahnbetrieb, deren eigener Schienenverkehr mangels Flussquerung wesentliche Teile des Stadtgebietes nicht erreicht. Dass dies so ist, hat eine Vorgeschichte, die im Jahr 1929 beginnt: Als Folge der damaligen preußischen Kommunalreform kam die neu entstandene Großstadt Duisburg-Hamborn in den Besitz von nicht weniger als vier Straßenbahngesellschaften.

Sie verkehrten auf zwei verschiedenen Spurweiten so gut wie ausschließlich rechtsrheinisch – die Düsseldorf-Duisburger Kleinbahn (heute U79) und Duisburger Straßenbahnen südlich von Meiderich auf Regelspur wie in Düsseldorf sowie die Kreis Ruhrorter und Hamborner Straßenbahn auf Meterspur im Norden. Untereinander verhielten sie sich nach Angaben der Stadt wenig kooperativ. Hinzu kam linksrheinisch die Moers-Homberger Straßenbahn über Rheinhausen bis Friemersheim, die über die damalige Rheinbrücke zwischen Homberg und Ruhrort am Friedrichsplatz mit den Duisburger Bahnen verknüpft war.

Schienenquerung im Zweiten Weltkrieg zerstört

Diese einzige Schienenquerung auf dem heutigen Gebiet der Stadt Duisburg wurde allerdings während des Zweiten Weltkriegs zerstört. Anfang der 1950er Jahre verlor demnach die Gesellschaft das Interesse am Bahnbetrieb und gab ihn auf. Die neugebaute Friedrich-Ebert-Brücke wurde bereits ohne Gleise errichtet. Die Stadt Duisburg musste diese sehr zeittypische Entwicklung in ihren Nachbarkommunen hinnehmen, hielt aber selbst am kommunalen Bahnbetrieb fest.

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Sie vereinheitlichte das Netz der mittlerweile zur DVG zusammengeführten vier Gesellschaften durch Umbau der Hauptstrecken des Nordnetzes auf die Regelspur. Als dann im Zuge der Kommunalreform 1975 Rheinhausen und Homberg zu Duisburg kamen, entstand das kuriose Alleinstellungsmerkmal Duisburgs unter den elf Großstädten am Rhein mit Bahnbetrieb.

Stadtbahn von Essen über Mülheim, Duisburg, Rheinhausen nach Moers: Idee scheiterte

Die vom Land NRW viele Jahrzehnte lang verfolgte Idee einer Stadtbahn von Essen über Mülheim an der Ruhr, Duisburg und DU-Rheinhausen nach Moers war als Problemlösung gedacht. Der Plan scheiterte aber, weil die beteiligten Städte den sehr hohen Ausbaustandard in erheblichem Maße hätten mitfinanzieren müssen.

Man darf nun gespannt sein, ob die Stadt es schafft, ihre aktuellen Pläne zu realisieren und wann tatsächlich die erste Straßenbahn über den Rhein in den Duisburger Westen fährt.

>> DUISBURG WILL STRASSENBAHN-PLÄNE FÜR UNIVERSITÄT UND INNENHAFEN AUF EIS LEGEN

  • Mit der Priorisierung des Straßenbahnprojekts nach Rheinhausen sollen gleichzeitig die Vorhaben, Universität und Innenhafen an das kommunale Schienennetz anzubinden, erst einmal nicht weiter verfolgt werden sollen – „mangels finanzieller Darstellbarkeit“, so die Stadt.
  • Auch mit dieser Weichenstellung für die Zukunft beschäftigt sich der Rat am 12. Juni.