Duisburg-Altstadt. Von außen ist das Dreigiebelhaus den meisten bekannt. Aber wie sieht das älteste Wohnhaus Duisburgs von innen aus? Ein exklusiver Einblick.
Wie wohnt Duisburg? Für unsere Serie öffnen Duisburgerinnen und Duisburger ihre Türen und zeigen, was sonst verborgen ist. Im zweiten Teil besuchen wir das älteste Wohnhaus der Stadt: Das Dreigiebelhaus wurde bereits im 16. Jahrhundert erwähnt und hat sogar einen eigenen Wikipedia-Eintrag.
Wohnen im Dreigiebelhaus
Für Ria Thaw ist das Dreigiebelhaus vor allem eins: „Ein magischer Ort.“ Das hat sie sofort gespürt. Vor allem im Schlafzimmer fühlt sie sich wohl. „Man denkt, man nächtigt in einem Turmzimmer“, beschreibt die Künstlerin. Gemeinsam mit ihrem Mann Reiner Brandtner lebt sie seit zehn Jahren in einer Wohnung im Dreigiebelhaus – und hat es nie bereut.
Dreigiebelhaus in Duisburgs Innenstadt: Früher wohnten hier Nonnen
Besucher, die die Wohnungstüre öffnen, stehen direkt im großen Wohnraum, der gleichzeitig Arbeitszimmer ist. Einen Flur gibt es nicht. Dafür ein kleines Bad, eine Küche mit Esstisch und ein Schlafzimmer. Weitere Räume stehen den Bewohnern im ältesten Wohnhaus der Stadt nicht zur Verfügung. Aber für sie ist alles perfekt. „Wir sind mitten in der Stadt, aber haben es doch so wunderbar ruhig“, schwärmen Reiner und Ria.
Bilder hängen nur dort, wo sie hängen wollen
Dass Bilder an den unebenen Wänden „nur da hängen, wo sie wollen“ und es auch über dem Bett keine Rollläden an den Fenstern gibt, ist für die zwei kein Problem. Sondern eine Herausforderung, die kreativ gelöst wird. „Wenn Vollmond ist, scheint das Mondlicht direkt ins Schlafzimmer. Deswegen haben wir ein Foto von mir vergrößert und auf Karton gezogen, genau in den Maßen des Fensterrahmens. Und so stellt mein Mann mich quasi jeden Abend ins Fenster“, beschreibt Ria.
Die dicken Mauern aus Backstein, die drei Meter hohen Decken, die historische Umgebung – auf das Dreigiebelhaus, das bereits im Jahre 1566 auf dem Corputius-Stadtplan von Duisburg abgebildet ist, hatten die zwei Kreativen schon lange ein Auge geworfen. „Mich hat das Gebäude immer fasziniert“, erzählt Reiner Brandtner, der in Wanheimerort aufwuchs. Er erlebte mit, wie die Stadt die historische Immobilie im Jahre 1961 erwarb und 1976, vollständig renoviert, als Künstlerhaus wiedereröffnete.
Besucher betrachten staunend die Details
Zunächst waren die Unterkünfte in dem Gebäude, in dem früher einmal Nonnen lebten, ausschließlich Wilhelm-Lehmbruck-Stipendiaten vorbehalten. „Als wir dann aber mitbekamen, dass die Stadt einige der Wohnungen an Privatleute vermitteln wollte, haben wir uns sofort bemüht.“
Und tatsächlich – es klappte. Ria Thiaw und Reiner Brandtner durften einziehen. „Man wollte gerne Mieter aus dem künstlerischen Umfeld haben, da passten wir gut.“ Denn Ria und Reiner sind Designer. Zusammen arbeiten sie für ihr Label „Nemo Design“, entwickeln und produzieren Brillenfassungen, Schreibgeräte sowie Mode und Accessoires.
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Seit 2012 wohnen die zwei an der Nonnengasse. 80 Quadratmeter stehen ihnen zur Verfügung, 60 weniger als in der Wohnung in Duisburg-Großenbaum, in der die beiden zuvor zu Hause waren. „Wir mussten ziemlich viel aussortieren und hatten am Ende trotzdem so viele Kartons, dass die Möbelpacker mitten im Umzug meinten, sie müssten jetzt aufhören“, lacht Ria Thiaw. Einen Teil der Umzugskisten verstaute sie erstmal in den Schränken, die sie von ihren Eltern geerbt hat. „Wir hätten sonst gar nicht in der Wohnung laufen können.“
Denn von den meisten der lieb gewonnenen Erinnerungsstücke wollte sie sich dann doch nicht trennen. Und so steckt vor allem das Wohnzimmer voller kleiner und großer Kunstwerke. Besucher stehen staunend davor, wissen nicht, wohin sie zuerst schauen sollen.
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In der einen Ecke glänzt eine Uhr, die aus amerikanischen Autokennzeichen zusammengeschmiedet wurde. Von der Decke baumeln große, hölzerne Marionetten. An den Wänden mit dem grauen Putzcharakter – sie dürfen nicht tapeziert werden, so will es der Denkmalschutz – ziehen fremdartig-schöne Zupfinstrumente und Bilder aus den verschiedensten Kulturen die Blicke auf sich.
Auf einem Tischchen stehen silbrig-glänzende Figuren und indische Gottheiten, am verzierten Holzschrank hängen luftige Gewänder. Einen deutlichen Kontrast dazu bildet der schlichte Linolium-Fußboden: Er wurde ganz einfach auf die alten Holzdielen gelegt. „Das musste gut zu pflegen sein“, beschreibt Reiner Brandtner.
Er und seine Frau sind inzwischen offiziell in Rente. Ans Aufhören denken die beiden 67- und 66-Jährigen aber noch lange nicht: In einem kleinen, abgetrennten Bereich am Fenster befindet sich Rias Arbeitsplatz, der aus einer Nähmaschine besteht, an der die Modedesignerin immer noch regelmäßig sitzt. Und auch Reiners Drehbank, an der der Duisburger Prototypen für extravagante Brillengestelle und Füllfederhalter herstellt, ist weiterhin in Benutzung.
Und so kommen an der Nonnengasse Alt und Neu zusammen. Das älteste Wohnhaus der Stadt steckt voller Leben. Es ist, wie Ria Thiaw sagt: ein magischer Ort.
>> Das Dreigiebelhaus: Ältestes Wohnhaus Duisburgs und eingetragenes Denkmal
- Das Dreigiebelhaus an der Ober- und Niederstraße sowie an der Nonnengasse ist das einzige Duisburger Haus aus der Epoche der niederländischen Backsteinrenaissance mit drei gleichen Treppengiebeln.
- Erwähnt wurde es bereits im 16. Jahrhundert. Von 1608 bis 1806 wurde es als Zisterzienserinnen-Kloster genutzt. Später, zwischen 1973 und 1976, wurde es restauriert. Es entstanden neben einem Restaurant auch Wohnateliers für Stipendiaten.
- Wegen seiner Bedeutung für die Geschichte der Stadt und der Gesamtregion wurde das Gebäude am 25. März 1985 als Denkmal eingetragen.
>> Serie „Wie wohnt Duisburg“: Wer möchte mitmachen?
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