Duisburg-Altstadt. Wie lebte man als reiche Familie in den 1920ern? Wir nehmen Sie mit auf eine exklusive Reise in eine noble Direktoren-Villa mitten in Duisburg.
Wie wohnt Duisburg? Für unsere neue Serie öffnen Duisburgerinnen und Duisburger ihre Türen und zeigen, was sonst verborgen ist. Im ersten Teil besuchen wir eine hochherrschaftliche Backsteinvilla aus den 1920er Jahren mit Speisenaufzug, Feine-Tochter-Zimmer und (teilweise handgefertigten) Möbeln von damals. Mitten in der Stadt – und doch in einer anderen Welt.
Mitten in Duisburg liegt die luxuriöse Villa des Reedereidirektors
Exklusive Einblicke in die noble Villa aus den 1920er Jahren
Es war Fritz Huppert, ein Duisburger Reedereidirektor, der die Villa für sich, seine Familie und – ganz standesgemäß – ein Dienstmädchen errichten ließ. Für den Bau, der sich nur 100 Meter von der Königstraße entfernt befindet, gewann er den Architekten Wilhelm Weimann.
Der war in Duisburg kein Unbekannter: Unter anderem entstand 1921 bis 1923 das neue Verwaltungsgebäude für die Firma Haniel in Ruhrort (Ecke Hafen-/Landwehrstraße) nach den Plänen des Duisburgers, darüber hinaus auch die Siedlung Akazienhof auf der Akazienstraße im Stadtteil Neudorf-Süd.
Die hochherrschaftliche Backsteinvilla in der Straße Am Mühlenberg hat sich bis heute viel von ihrem unvergleichlichen Charme bewahrt. Sowohl außen, aber vor allem auch von innen. Zu verdanken ist das auch dem Eigentümer und seiner Partnerin. Die beiden Hochschullehrer im Ruhestand, die sich vor vielen Jahren bei der Besichtigung sofort in die Immobilie verliebten und sie von den Nachkommen der ehemaligen Besitzerfamilie kaufen konnten, lieben das Beständige. Kurzfristigen Wohntrends können die zwei nichts abgewinnen. Ikea-Möbel kommen ihnen nicht ins Haus.
Luxus pur: Bewohner hatten schon 1925 eine Zentralheizung
Und so betritt, wer das Paar besucht und die schwere, hölzerne Eingangstüre aufdrückt, unmittelbar eine andere Welt. Der Boden glänzt wie frisch gewachst. Aber: „Das sind keine Fliesen, sondern Solnhofener Natursteine, die gesägt und poliert wurden“, erklärt Uwe, der seinen Nachnamen nicht in der Zeitung lesen möchte. Während er spricht, muss er unwillkürlich lächeln: Die Liebe zu seinem Haus steht ihm ins Gesicht geschrieben.
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Voller Begeisterung zeigt er auf den Kamin im Foyer: „Ich dachte erst, wie wunderbar, hier können wir wie früher üblich ein Feu, also ein Feuer, anzünden. Aber schauen Sie mal hier, dahinter verbirgt sich die Zentralheizung.“
Denn der „Ingenieur“, wie er den Reedereidirektor Huppert nennt, war „schon immer“ ein Tüftler, ein Mann, der das Moderne schätzte und es gekonnt mit dem Traditionellen verband. „Stellen Sie sich das mal vor, 1925 waren sie hier eine der ersten Familien, die eine Zentralheizung hatten“, schwärmt der Hausherr. Dann bittet er ins Empfangszimmer, das mit edlem Eichenparkett in Fischgrät ausgelegt ist. „Hier wurde geraucht, getrunken und getanzt. Man sieht es noch am Boden, an einigen Stellen sind bis heute Brandflecken der Zigarren von damals zu sehen“, erklärt der 67-Jährige.
Bis heute speisen er und seine Frau im früheren Repräsentationszimmer. Die Fenster sind einfach verglast. Aber neue Fenster einsetzen kommt nicht in Frage – das wäre ein zu großer Eingriff in die Architektur des Hauses. „Da hätte auch die Denkmalbehörde ein Wörtchen mitzureden. Bei Bedarf ziehen wir uns lieber einen Pulli an“, sagt der Hausherr lachend und schreitet voran in die Küche.
Jedes Bild ist Teil der Geschichte des Hauses und seiner Besitzer
Hier fällt als Erstes der Speiseaufzug ins Auge, der von der Küche ins frühere Wohnzimmer der Familie im ersten Stock führt. Er funktioniert bis heute. Ebenso die Rufanlage, die klingelt und dem Dienstmädchen den Raum anzeigt, in dem die hohen Herrschaften Hilfe wünschten.
Wie viele Räume der Villa befindet sich auch die Küche weitgehend im Originalzustand. Platz für eine Kochinsel wäre hier locker, aber das wäre für die Bewohner ein Stilbruch. Für sie gehört auch dazu, einen Bezug zu haben zu allem, was das Haus schmückt. Jedes Bild, jede Figur ist Teil ihrer Geschichte. „Wir würden nicht auf die Idee kommen, etwas irgendwo zu kaufen, weil es gerade en vogue ist.“
Zart-gelbliche Fliesen und besonders schmale Fugen
Und so liegen in der Küche die originalen schwarz-weißen Kacheln am Boden in Reih’ und Glied, mit wenig Macken, genau wie früher, und an den Wänden schimmern zart-gelbliche Fliesen, ganz schmal verfugt. „Wenn man Kacheln so nah zusammensetzt, braucht man natürlich mehr Material und man muss sehr genau arbeiten“, beschreibt der Hausbesitzer.
Alles nur vom Feinsten in der repräsentativen Direktorenvilla – wobei es in den Räumen, in denen das Dienstmädchen werkelte, etwas bodenständiger zuging: Die Türklinken bestehen auf der einen Seite, dort, wo sich die feinen Herren und Damen des Hauses bewegten, aus Messing. Im Personalbereich sind sie aus schlicht-grauem Eisen gefertigt.
Dienstmädchen sollten arbeiten, nicht im Warmen sitzen
Das Zimmer des Dienstmädchens im obersten Stock ist der einzige Raum, der nur über einen Kaltwasseranschluss verfügt. Und auch die Heizung hat hier nur fünf Rippen – zwei weniger als beispielsweise im gleich großen Gästezimmer nebenan. „Die Dienstmädchen sollten arbeiten, nicht im Warmen sitzen, das war damals so üblich.“
Die beiden heutigen Bewohner haben kein Personal. Ihr Haus ist für sie ein idealer Rückzugsort, mittendrin und doch ganz für sich. „Hören Sie mal“, sagt das Paar, „Wir sind mitten in der Stadt, aber es ist so ruhig.“ Das Haus habe sie von Anfang an „umarmt“. „Das war so ein gutes Gefühl direkt beim ersten Reinkommen.“
Mit vollem Engagement haben sich deswegen auch beide dafür eingesetzt, dass ihr Eigenheim unter Denkmalschutz gestellt wurde. Das bringt zwar Auflagen mit sich. Doch die nehmen die Wahl-Duisburger gerne in Kauf. „Als wir die Schiebetüre im Wohnzimmer instand setzen wollten, haben wir wochenlang mit der Denkmalbehörde über das richtige Glas diskutiert.“ Aber grundsätzlich komme man bestens aus mit der Behörde. „Die merken ja auch, dass wir nur das Beste für das Haus wollen.“
100 Jahre alte Villa – eine Herausforderung im täglichen Leben
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Doch bei aller Liebe zum Detail: Eine 100 Jahre alte Villa mit mehr als 200 Quadratmetern stellt eine Herausforderung dar. „Wir können nicht klagen. Aber: Der Unterhalt macht auch Arbeit, vor allem wenn man älter wird.“ Die geölten alten Böden, die verzierten und verschnörkelten Türrahmen, die vielen Räume und Ecken, der Lichteinfall in das Treppenhaus durch das teilverglaste Dach – vieles braucht spezielle Pflege, Mittel und Geräte. Ein „normales“ Reinigungsteam kann hier nicht viel ausrichten.
Deshalb sind die Besitzer – wenn auch schweren Herzens - längerfristig offen dafür, ihr Zuhause weiterzugeben. Doch nur an jemanden, der sich ähnlich in das Haus verlieben kann wie sie. Denn die Villa des Direktors ist viel mehr als ein Haus voller Geschichte(n).
>> Villenviertel in Duisburg: ein Blick in die Vergangenheit
- Das Duisburger Dellviertel und benachbarte Stadterweiterungsbereiche waren in der Zeit des Deutschen Kaiserreichs, aber auch während der Weimarer Zeit, bevorzugte Wohngebiete des Duisburger Wirtschaftsbürgertums.
- Die Straße Am Mühlenberg war laut Adressbuch 1922/1923 noch unbebaut, 1925/1926 wurde als erstes Haus die Nummer 20 verzeichnet. Im Adressbuch 1928 stehen dann bereits sechs Wohnbauten. Eine historische Aufnahme der 1930er Jahre aus dem Stadtarchiv Duisburg zeigt die Straße Am Mühlenberg als ruhige Villenstraße in bester innerstädtischer Lage.
- Das änderte sich durch den Zweiten Weltkrieg, in dem die meisten Bauten der Straße zerstört wurden. Lediglich die Huppert-Villa und das Nachbargebäude, Nummer 16, ebenfalls ein Villenbau der 1920er Jahre, sowie das gründerzeitliche Eckgebäude an der Kreuzung Am Mühlenberg / Am Burgacker überlebten.
- Die Huppert-Villa steht seit 2014 unter Denkmalschutz. Sie zeuge „von der hohen Handwerkskunst innerhalb des Bauwesens“, befanden die Gutachter.
>> Serie „Wie wohnt Duisburg“: Wer möchte mitmachen?
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