Duisburg/Mülheim. Noch sind keine neuen DVG-Bahnen auf der Linie 901 zwischen Duisburg und Mülheim unterwegs – die Folge einer Fehlplanung? Nun gibts neue Details.

Der Einsatz der ersten, neuen Straßenbahnen der Duisburger Verkehrsgesellschaft (DVG) verläuft seit dem Startschuss am Donnerstag, 13. April, mehr als holperig. Aktuell musste die DVG innerhalb einer Woche zwei Fahrzeuge (TW 2004 und 2002) erst einmal aus dem Verkehr ziehen (wir berichteten). Gerissen war jeweils ein Teil des Stromabnehmers, ein Bügel, der die Verbindung zur Fahrleitung herstellt. So ist es derzeit gar nicht möglich, den Fahrplan auf der wichtigen Linie 903 wie geplant mit neuen Bahnen zu verstärken.

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Der Einsatz neuer Fahrzeuge auf der weniger fahrgaststarken Linie 901 von Obermarxloh Schleife bis Mülheim Hauptbahnhof hat angesichts dieses Vorhabens nach Aussage der DVG vorerst keine Priorität. Doch sie könnten dort derzeit auch gar nicht fahren – selbst, wenn es die Verkehrsgesellschaft wollte. Wie sie bereits mitgeteilt hat, muss die zuständige Ruhrbahn dazu erst noch einzelne Bahnsteige in Mülheim anpassen, weil die neuen Bahnen zehn Zentimeter breiter sind als die alten. Nun sind neue Details zu den Hintergründen ans Licht gekommen.

Vorerst keine neuen DVG-Bahnen auf der Linie 901 zwischen Duisburg und Mülheim

Denn dass diese Anpassungen überhaupt erforderlich sind, steht – so hat die Redaktion von zuverlässigen Mülheimer Quellen erfahren – noch gar nicht so lange fest. Und ebenso will die Mülheimer Politik – von der Problematik überrascht – einen Sachstandsbericht für den kommenden Mobilitätsausschuss am 25. Mai auf die Tagesordnung setzen. Ruhrbahn-Sprecherin Simone Klose hat nun erst auf mehrmalige Nachfrage zugegeben, dass sich die Notwendigkeit „final durch Testfahrten in den vergangenen Monaten“ ergeben habe.

Dies verwundert: Schließlich betont die Ruhrbahn, dass sie „seit der Entscheidung für die Beschaffung der neuen Fahrzeuge im regelmäßigen Austausch“, so Klose, mit der DVG stehe. Zur Einordnung: Die Duisburger Verkehrsgesellschaft hatte die Bahnen schon Ende 2017 beim Hersteller bestellt – heute Alstom, damals noch Bombardier. Die entsprechenden Maße sollten der Ruhrbahn also seit eigenen Jahren bekannt sein. Seien sie selbstverständlich auch, sagt ihre Sprecherin.

„Es hieß anfangs, dass alle Bahnsteige passen würden“

Das Problem: „Es hieß anfangs, dass alle Bahnsteige passen würden“, so Klose. Dies habe sich nun als Trugschluss herausgestellt. „Uns war aber immer klar, dass wir erst durch Testfahrten endgültige Gewissheit bekommen.“ Die gebe es nun. Allerdings sind nicht erst in den vergangenen Monaten Tests mit den neuen Bahnen durchgeführt worden, sondern bereits seit Ankunft des ersten Prototypen im Oktober 2020 – zunächst nur auf der 903, später aber auch auf der 901.

Die Frage aber, warum erst so spät klar ist, dass der Abstand zwischen den neuen Bahnen der Linie 901 und einigen Bahnsteigen in Mülheim zu eng ist, beantwortet die Ruhrbahn nicht. Nur so viel: „Wir reden hier von ein paar Millimetern“, betont die Sprecherin des Verkehrsunternehmens – und von ein paar km/h. „Die Bahnen fahren die Haltestellen mit 40 Stundenkilometern an“, erklärt sie. „Dann wird es eng. Fahren sie langsamer, würde es sogar passen, aber das ist ja nicht der Sinn der Sache und keine Option.“

Kosten trägt die Ruhrbahn

Konkret geht es demnach um die Haltestellen Königstraße, Schloss Broich und Stadtmitte in Fahrtrichtung Duisburg. Da die DVG vertragsgemäß die Bahnen für die Linie 901 stellt und die Ruhrbahn in Mülheim die Infrastruktur, hat Duisburg mit den Kosten für die Anpassung der drei Bahnsteige nichts zu tun. „Sie werden von uns getragen“, bestätigt Klose.

Der finanzielle Aufwand stehe aktuell noch nicht fest. Informierte Mülheimer Kreise sprechen von einem sechsstelligen Betrag zulasten der Ruhrbahn. Das Bekanntwerden der erforderlichen Maßnahmen samt unplanmäßiger, zusätzlicher Ausgaben trifft Mülheim ohnehin zur Unzeit. Schließlich hat die Stadt mit der Ruhrbahn über die vergangenen zwei Jahre einen neuen Nahverkehrsplan entwickelt, der Mitte 2023 in Kraft treten soll. Pikant: Im Zuge dessen ist mit politischem Segen vorgesehen, jährlich zwei Millionen Euro im ÖPNV zu sparen, weil er aktuell schlicht zu teuer sei.

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Wann die Ruhrbahn die Bahnsteige in welchem Zeitraum anpassen wird und welche Einschränkungen sich dadurch für die Fahrgäste ergeben, ist ebenfalls noch unklar. „Aktuell laufen die Planungen für die Umsetzung“, sagt die Ruhrbahn-Sprecherin. „Vereinbarungsgemäß ist der Einsatz der neuen DVG-Fahrzeuge zunächst auf der Linie 903 gestartet. Erst zu einem späteren Zeitpunkt sollen die neuen Bahnen auch auf der Linie 901 eingesetzt werden. Bis dahin wird die Anpassung der Bahnsteige planmäßig erfolgt sein.“

Keine Angaben zum Zeitplan

Klose spielt hier gekonnt verbales Pingpong mit ihrer Kollegin Kathrin Naß in Duisburg, ihres Zeichens DVG-Sprecherin. Beide lassen sich hinsichtlich des Einsatzes der neuen Fahrzeuge auf der Linie 901 weder einen Starttermin noch einen ungefähren Zeitraum entlocken. Nur so viel: „Wir informieren selbstverständlich darüber, sobald sich der Termin konkretisiert“, so Naß. Und: „Der bestehende Fahrgastbetrieb bleibt von dieser Frage unberührt: Der Fahrplan wird durch die bestehenden Bahnen getragen.“

Eine Nachricht, die sowohl in Mülheim als auch in Duisburg nicht für Begeisterung sorgen wird. Ganz im Gegenteil: Schließlich bedeutet dies einerseits, dass auf der Linie 901 erst einmal nur die alten, maroden und extrem störanfälligen Fahrzeuge unterwegs sind und anderseits, dass ein Ende des Schienenersatzverkehrs im Duisburger Norden vorerst nicht abzusehen ist. Zur Erinnerung: Seit 12. August 2015, also seit bald acht Jahren, fahren nur Busse zwischen Laar und Obermarxloh. Es fehlen schlichtweg Bahnen – neue Bahnen.