Duisburg. Im Walsumer Hof essen zu gehen, gleicht einer Zeitreise. Doch es ist mehr, was den Besuch zum Erlebnis macht. Das Fischlokal in der Gastrokritik.
Die Lage dieses Restaurants ist schon etwas skurril: Wer den Walsumer Hof sucht, muss weit raus aus dem Ort, fährt zwischen Kraftwerk und Lagerhallen hindurch. Manch einer wird die Suche schon aufgegeben haben, doch dann, am äußersten Rand des Industriegebiets und kurz vor dem Rhein, taucht doch noch das Jahrhunderte alte Haus auf, in dem sich Duisburgs wohl bekanntestes Fischlokal befindet. Wird es seinem guten Ruf gerecht?
Der Walsumer Hof ist ein Relikt vergangener Zeiten. Nicht nur als letztes Überbleibsel des einstigen Oberdorfs, das dem Bergwerk und später weiteren Industrieanlagen weichen musste. Auch Einrichtung und Angebot des Familienbetriebs sind ganz alte Schule. Kein Wunder, Familie Langhoff betreibt das Lokal in der achten Generation.
Fischrestaurant Walsumer Hof: Wie eine Kneipe an der Nordseeküste
Atmosphäre: Chef Matthias Langhoff begrüßt jeden Gast persönlich mit Handschlag. Gekleidet ist der Wirt stets in ein Gruben- oder Fischerhemd – für Laien ist das nur schwer zu unterscheiden, sehen sich beide Kluften doch ausgesprochen ähnlich. Gut möglich, dass die Doppeldeutigkeit gewollt ist.
Drinnen dominiert rustikales Holz; die Möbel dürften bereits früheren Langhoff-Generationen gedient haben. Dazu gesellen sich Fischernetze und allerhand Seemannskitsch, wodurch der Walsumer Hof an eine gemütliche Kneipe an der Nordsee erinnert. Bei wärmeren Temperaturen lädt ein idyllischer Biergarten zum Entspannen ein.
Service: Der Ton im Walsumer Hof ist auf herzliche Weise rau. Den Chef darf man getrost als niederrheinisches Original bezeichnen. Der freundliche Kellner informiert ausführlich über das Angebot, antwortet auch auf Nachfragen kompetent.
Die Küche arbeitet auffallend effizient, sodass die Gerichte nicht lange auf sich warten lassen. Bei so viel Tempo ist zum Zeitpunkt des Servierens schon mal Suppe über den Tellerrand gelaufen – stören mag man sich daran nicht.
Walsumer Hof in Duisburg: Wie schmeckt es im Fischrestaurant?
Angebot und Geschmack: Zwar stehen auch Mettwurst oder Kotelett auf der Karte. Doch wer hier herkommt sollte essen, worauf sich Familie Langhoff spezialisiert hat. Muscheln, Fischsuppe, Fischfilets mit oder ohne Haut, Räucherfisch, ganze Fische – die Karte ist üppig, enthält vorwiegend Tiere aus Nordsee und Nordatlantik. Das Tagesangebot umfasst heute unter anderem Sardellen und Oktopus.
So hat der Gast die Qual der Wahl. Um sich diese zu erleichtern, entscheidet sich der Tester für den „Mirgrautvornix“-Teller und lässt sich einfach überraschen. Zunächst aber soll es eine Vorspeise geben; die Wahl fällt auf Fischsuppe. Die kommt als dunkle, kräftige Brühe mit vielen Fettaugen, darin schwimmen Sellerie und Petersilie. Die verschiedenen Fischstücke darin sind herrlich zart.
Noch deftiger wird’s im Anschluss. Alles, was jetzt auf dem Teller liegt, verbrachte die Minuten davor in Butter oder Schmalz. Die Fischfilets – Kabeljau, Forelle, Hering – wurden in Eihülle, Bierteig oder in Natur gebraten. Dazu gesellt sich Lachs, eingewickelt in einen dünnen Pfannkuchen. Als Beilage gibt es Bratkartoffeln mit Speck sowie drei Soßen: Senf- und Meerrettichsoße und eine milde Wasabi-Remoulade.
Das Essen ist salzig mit vielen Brataromen, die Fischstücke sind zart, Haut und Panaden knusprig. In vielen Restaurants nicht selbstverständlich: Alle Gerichte kommen nicht nur warm, sondern heiß an den Tisch, sodass sie nicht schon nach wenigen Minuten ausgekühlt sind.
Wichtig: Wer einen Besuch im Walsumer Hof plant, sollte nicht nur einen Tisch reservieren, sondern auch sichergehen, viel Hunger zu haben. Das Restaurant verlässt man nicht ohne ein gewisses Völlegefühl, dafür sorgt nicht nur der deftige Charakter der Speisen, sondern vor allem die großzügige Gastfreundschaft: Das Team bringt zwischen den Gängen so viel weiteres Essen, dass sich jeder fühlen darf wie ein Stammgast.
Kernige Gastfreundschaft in Walsum: „Nicht quatschen, einfach essen!“
Noch bevor auch nur Getränke bestellt wurden, landet ein Teller mit Eismeerkrabben am Tisch. Kurz darauf folgt eine große Schüssel mit Miesmuscheln in pikantem Sud; dazu gibt es Brot. Während des Hauptgangs beginnt der Kampf so richtig: Die Teller sind noch halbvoll, da bringt der Kellner neue Fischfilets. Höhepunkt bei diesem Nachschlag ist Seeteufel, ein edler Fisch mit spektakulärer Konsistenz.
Zum Glück werden Reste bereitwillig eingepackt. So gibt der Tester ruhigen Gewissens auf, obwohl noch drei Stücke Fisch auf dem Teller liegen. Und dann kommt doch noch eine weitere Schale Muscheln. Wir wollen protestieren, da ruft von der Theke aus Matthias Langhoff: „Nicht quatschen, einfach essen!“ – ein sinnbildlicher Moment für diesen Restaurantbesuch. Für all die Speisen sowie eine große Apfelschorle sind am Ende pro Person 45 Euro fällig.
Fazit: Das Restaurant ist urgemütlich und in einem Stil gehalten, der nur noch selten zu finden ist. Dass sie hier viel von Fisch verstehen, ist nicht nur Chef und Kellner anzumerken, man schmeckt es bei jedem Gericht.
Wie die Einrichtung ist freilich auch die Art der Speisen auf gewisse Weise von gestern. Wer leichte oder besonders kreative Küche erwartet, wird eher enttäuscht. Wer Fisch liebt und gerne auch mal deftig isst, sollte dagegen unbedingt herkommen. Und über die Kulinarik hinaus ist es die kernige Gastfreundschaft von Matthias Langhoff und Besatzung, die das Essengehen im Walsumer Hof zum Erlebnis macht.
Bewertung:
Geschmack: 4/5 Punkte
Atmosphäre: 5/5 Punkte
Service: 5/5 Punkte
Preis-Leistungs-Verhältnis: 5/5
Adresse: Rheinstraße 16, 47179 Duisburg
Öffnungszeiten: Mittwochs bis freitags von 17 Uhr bis 22 Uhr, samstags und sonntags von 13 Uhr bis 21.30 Uhr
Info:www.walsumerhof.de
Hinweis der Redaktion: Diese Gastro-Kritik entspricht dem subjektiven Geschmacksurteil des Verfassers. Bei unseren Tests geben wir uns nicht zu erkennen, bewerten unabhängig und bezahlen das Essen selbst.