Duisburg. Die ersten Weißstörche sind aus ihren Winterquartieren zurück nach Duisburg gekehrt. Warum Experten vor Ort immer mehr der stolzen Tiere zählen.
In diesem Jahr haben sie die magische Zahl sieben überschritten, die Sympathieträger mit den roten Beinen. Wer die großen Vögel sieht, ist begeistert. Fachleute und Vogelliebhaber sind gleichermaßen fasziniert von den Weißstörchen, die sich gerade wieder in Duisburg, ihrer zweiten Heimat, niederlassen. „Acht Storchenpärchen sind es zurzeit definitiv, es werden jedes Jahr mehr“, freut sich Tobias Rautenberg, Ornithologe bei der Biologischen Station Westliches Ruhrgebiet mit Sitz in Duisburg. Die Walsumer Auen haben Störche seit Jahren für sich entdeckt. So viele waren es noch nie.
So langsam komme Walsum an die Grenzen, die Weißstörche aufzunehmen. Denn sie alle lieben offene Landschaften und Feuchtgebiete, auf denen sie jagen können und einen reich gedeckten Tisch finden. Mäuse, Molche, Fische und Frösche, Kröten, Eidechsen, Insekten und Würmer stehen ganz oben auf dem Speiseplan. Das alles findet der Storch natürlich in den weiten Wiesen rund um den Rhein. Es scheint sich „herumgeklappert“ zu haben, dass sich die Gegend in Duisburg hervorragend als Sommerresidenz anbietet.
Störche in Duisburg: Einige Tiere überwintern hier
„Es gibt sogar ein paar Exemplare, die mittlerweile hier überwintern“, sagt der Ornithologe. „Der Weißstorch ist ein Kulturfolger“, erklärt Jürgen Hinke, 1. Vorsitzender beim Nabu Duisburg. Ende der 60er Jahre habe es nur im Osten Deutschlands Störche gegeben, im Ruhrgebiet aber waren sie nicht mehr anzutreffen. Mehrere Kriterien nennt Hinke, die dazu geführt haben, dass sich der Storch wieder ansiedelt. „Weil es viel mehr Naturschutzgebiete gibt als vor Jahrzehnten, gibt es auch mehr Nahrung. Außerdem ist es in diesen Gefilden deutlich wärmer geworden. Bei den Kälteeinbrüchen früher sind viele Jungtiere gestorben. Das hat sich zum Glück geändert.“
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Dazu komme, dass alle Vögel unter Naturschutz stehen, obwohl dennoch Rabenvögel und Kormorane abgeschossen werden, erklärt Hinke. Viel Konkurrenz hat der Storch ohnehin nicht. Der Fischreiher hat ähnliche Vorlieben beim Jagen, aber es ist immer noch genügend Fisch für alle da.
Weißstörche ziehen in Fluggemeinschaften nach Spanien
Längst unternehmen viele der beliebten Tiere keine Fernflüge mehr. „Früher haben sie in Afrika überwintert, aber heute reicht ihnen Spanien völlig aus“, schildert Tobias Rautenberg das veränderte Verhalten. „Sie fliegen ungern über große Wasserflächen, weshalb sie die Meerenge von Gibraltar bevorzugen, wenn sie nach Afrika ziehen wollen.“ Sie fliegen im Gleitflug und lassen sich von der aufsteigenden warmen Luft über Land treiben, damit sie nicht so viel Kraft mit ihren Flügeln aufwenden müssen. Die Thermik hilft ihnen dabei, immer wieder an Höhe zu gewinnen, wenn sie ungefähr ab August in wärmere Gefilde düsen.
Gerne bilden sie kleine Fluggemeinschaften, um sich gegenseitig zu schützen. Gefährdet sind bei den Flügen Richtung Spanien oder Afrika vor allem die unerfahrenen Jungvögel. Unwetter, Leitungen und Windräder können todbringende Gefahren bedeuten. Erst wenn sie ihre „Flegelphase“ hinter sich und genügend Erfahrungen gesammelt haben, können sie wirklich betagt werden. „Über zehn Jahre alt zu werden, ist für Störche kein Problem. Es wurden schon manche Tiere über 30 Jahre alt“, erklärt der Ornithologe.
Mensch ist keine Gefahr – Hundehalter in der Pflicht
Der Weißstorch als sogenannter Kulturfolger lebt gerne da, wo Menschen sind. Denn in seiner Nähe gibt es immer Nahrung. Das ist in Spanien zum Beispiel auf Müllhalden. Im Menschen sieht er eigentlich keine Gefahr, weil er in den Wiesen weit genug weg ist und bei Gefahr noch rechtzeitig starten kann. „Wie immer sind natürlich die Hundehalter verpflichtet, ihre Vierbeiner an die Leine zu nehmen, damit sie auch Störchen keinen Schaden zufügen. Aber bekanntlich halten sich nicht alle Besitzer daran“, ärgern sich die Naturschützer.
„Gerne angenommen werden die Storchenmasten, die der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) im Duisburger Süden aufgestellt hat“, freut sich Kerstin Ciesla, 1. Vorsitzende des BUND Duisburg. „Wir lassen die Masten von einem Spezialunternehmen aufstellen und die Nistkörbe aus Weidengeflecht extra von einer ostdeutschen Flechtfirma in Handarbeit anfertigen.“ Das Ehepaar Storch freut sich über ein solches Angebot.
Acht Storchenpärchen in Duisburg – viele Fotomöglichkeiten
Zwar „bastelt“ es sein Eigenheim selbst noch etwas komfortabler, aber das Angebot, sich ins gemachte Nest zu setzen, ist groß, sagt Rautenberg. Viele Pärchen bleiben sich über Jahre treu. Drei bis fünf Eier legt Mama Storch normalerweise. Wenn ausgesprochen viel Nahrung da ist, auch schon mal mehr. Bei weniger Leckereien auf dem Speiseplan kommt es aber vor, dass das Nesthäkchen dran glauben muss und aus dem Haus geschmissen wird. „Das empfinden manche als brutal, aber es ist die Natur. Der Schwächste wird geopfert, damit die anderen überleben können. Die Alternative wäre, dass kein Vogel großgezogen werden kann“, erläutert der Ornithologe.
Dass es mittlerweile acht Storchenpärchen sind, die in Nisthilfen oder manchmal auch auf Bäumen ihre Brut großziehen, freut viele Spaziergänger. Besonders den Storchenfreund Michael Rösgen, der an jedem Wochenende mehrere Stunden mit Husky und Kamera unterwegs ist und die eleganten Vögel fotografiert. Über 1000 Bilder hat er von Walsumer „Klapperstörchen“ gemacht und freut sich schon, dass sein Archiv in den kommenden Monaten wächst. Bis die Überflieger mit Aufwind im August wieder Richtung Süden ziehen.
>> Wie lange brüten Weißstörche?
- Die Weißstörche brüten ungefähr 32 bis 33 Tage, bevor die Kleinen schlüpfen. Zwei Monate brauchen die Jungvögel dann, bis sie fliegen können. Das sei aber auch witterungsabhängig, erklärt Ornithologe Tobias Rautenberg von der Biologischen Station Westliches Ruhrgebiet.
- Nachdem sich der Zustand der Flüsse und Feuchtgebiete im Ruhrgebiet verbessert hat, ist der Storch gerne zurückgekehrt. An der Lippe ist er wieder zu finden. Wenn der Emscherbereich vollkommen renaturiert worden ist und sich erholt hat, werden sich auch da wieder Störche ansiedeln, ist Rautenberg überzeugt.