Duisburg. Beim 7. Philharmonischen Konzert trieb die energiegeladene Dirigentin das Orchester zu Höchstleistungen. So war der Abend in der Mercatorhalle.
Zwar stand das siebte Philharmonische Konzert unter dem Motto „Von Menschen, Tieren und Göttern“. Doch das verbindende Element der Werke von Debussy, Ravel und Strawinsky ist, dass sie in den Jahren 1912 und 1913 von den berühmten „Ballets russes“ in Paris uraufgeführt wurden. Am Pult der Duisburger Philharmoniker stand in der Mercatorhalle die energiegeladene mexikanische Dirigentin Alondra de la Parra.
Ganz zart und lyrisch beginnt der Abend mit Claude Debussys „Prélude à l’apres-midi d’un faune“. Stephan Dreizehnter spielt das berühmte Flötensolo mit gleitenden und schwebenden Tönen. Sein Dialogpartner ist Mikhail Zhuravlev an der Oboe. Alondra de la Parra, die das Orchester mit klarer Zeichengebung führt, lässt die Streicher mit einem wattig-weichen Klang einsetzen, so dass der impressionistische Stil des Stückes genau getroffen und alle Erwartungen an diesen Klassiker erfüllt werden.
Duisburger Philharmoniker in riesiger Orchesterbesetzung
Im Gegensatz zu anderen Abenden mit den Philharmonikern gibt es in diesem Konzert keinen Gastsolisten, stattdessen aber eine riesige Orchesterbesetzung: In den beiden Konzertsuiten aus „Daphnis et Chloé“ von Maurice Ravel sind zwei Harfen, Celesta, Orgel und gleich elf Schlagwerker im Einsatz. Auch hier glänzt Stephan Dreizehnter zur Eröffnung mit einem schönen Flötensolo über einem atmosphärischen Streicherrauschen.
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Natürlich ist es schwierig, im Konzertsaal allein mit musikalischen Mitteln die mythologische Liebesgeschichte um Hirten und Piraten zu erzählen. Aber Maurice Ravel hat aus seiner Ballettpartitur einige besonders effektvolle Orchesterstücke ausgewählt, in denen er zeigt, welchen Klangzauber er der großen Besetzung entlocken kann.
Alondra de la Parra, die mit energischem Schlag und großen Bewegungen dirigiert, lässt die Philharmoniker in den großen Momenten opulent aufspielen, gestaltet die intimen Momente sehr feinfühlig, und die Tanzfinali geraten fulminant und ausgelassen. Dabei bildet Ravels Komposition in der Programmabfolge die Schnittmenge aus Debussy und Strawinsky, besitzt die Zartheit des „Prélude“ und die tänzerische Wucht des „Sacre“, ohne freilich dessen Aggressivität zu erreichen.
Orchesterklang rollt wie eine Dampfwalze durch die Mercatorhalle
Die kann sich nach der Pause unter dem Dirigat von Alondra de la Parra perfekt entfalten. Die Dirigentin weiß genau, wie sie das Orchester sicher durch Strawinskys stolpernde Taktwechsel führen muss und wie sie bei diesem Stück die Spannung bis zum Siedepunkt steigert. In den wenigen ruhigen Momenten fährt sie das Orchester zurück und kitzelt dann auch schon mal einige Feinheiten aus der ansonsten entfesselt stampfenden Partitur.
Im Forte rollt der Orchesterklang wie eine Dampfwalze durch den Saal, und wenn sich im Finale des ersten Teils die große Trommel wie ein ängstlicher Herzschlag beschleunigt, dann überträgt sich die Panik der Musik auch auf den Hörer.
Bei seiner Uraufführung verstörte „Le sacre du printemps“ noch das Publikum und war ein Riesenskandal. Heute ist das Stück ein Klassiker und reißt das Publikum mit. Das ist auch in der Mercatorhalle der Fall, wo nach dem Schlussakkord sofort „Bravo“-Rufe erschallen, Dirigentin und die Duisburger Philharmoniker einhellig gefeiert und bejubelt werden.
>>BALLETT WAR ZULETZT 2003 IN DUISBURG ZU SEHEN
Bei der Pariser Uraufführung von „Le sacre du printemps“ gestaltete Walaw Nijinskij eine bizarr-folkloristische Choreographie. Pina Bausch ließ in ihrer 1975 entstandenen Version auf echter Erde tanzen.
In Duisburg war das Stück zuletzt 2003 in der Version von Youri Vamos zu sehen. Im Düsseldorfer Opernhaus hat am 29. April 2023 eine neue „Sacre“-Choreographie des Spaniers Marcos Morau Premiere.