Duisburg. Chris Tall scherzte in Duisburg über Zuschauer und sich selbst. Wie das Publikum auf einen Hänger reagierte und womit der Comedian beeindruckte.
Am Anfang kommt die Stimme von Chris Tall nur aus dem Off. Die Bühne in der ausverkauften Duisburger Mercatorhalle ist von einem Vorhang verborgen. „Duisburg, was geht?“, fragt der noch unsichtbare Comedian – und das Publikum tobt an diesem Freitagabend. Dann beginnt die Eröffnungsmusik und an einem dramatischen Höhepunkt fällt der Vorhang. Künstler und Publikum sind aufgewärmt und bereit für eine knapp dreistündige Show. „Schönheit braucht Platz!“, heißt sein neues Programm.
Schwarze Jeans und ein ebensolches T-Shirt, auf dem Kopf eine weiße Baseball-Kappe, so bewegt sich Chris Tall in den nächsten Stunden durch das Bühnenbild. Das sieht so aus, als habe eine Fast-Food-Kette ihre Produkte über die Bühne gekippt. Ein überdimensionaler Burger, Fritten und ein Milchshake-Becher bilden das bunte Bühnenbild. Aber eigentlich ist das überhaupt nicht wichtig. Tatsächlich braucht Chris Tall nur ein Mikrofon und sein Publikum.
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Weil er auf das Live-Erlebnis und den Moment setzt, hat er auch gleich einen Rat für seine Gäste, die die Show mit dem Smartphone aufnehmen. „Genießt doch einfach die Show ohne diese dreckigen Vierecke!“
Chris Tall in Duisburg: Witze auf Kosten des Publikums und über sich selbst
Der Comedian will und braucht die ungeteilte Aufmerksamkeit seines Publikums. Er ist fast ständig in Bewegung, tigert über die Bühne und hält so auch die eigene Anspannung hoch. Immer wieder richtet er sich direkt an sein Publikum, fragt nach Namen oder Berufen.
Die Antworten baut er dann gleich in sein Programm ein, setzt auch Pointen auf Kosten seines Publikums. Das kann durchaus mal ruppig werden, wenn er etwa über ein fast gleich gekleidetes Pärchen spricht. Aber er stellt niemand bloß und schafft es immer, die Situation aufzulösen und letztlich gemeinsam mit den Angesprochenen zu lachen.
Sein Humor ist manchmal grob, lehnt sich an den ganz normalen Alltag an und pendelt zwischen unbekümmerter kindlicher Anarchie und einem rotzig-jugendlichen Ton. Ab und an blickt der 31 Jahre alte Comedian auch verdutzt auf sein älter und gesetzter werdendes Umfeld. Er macht sich über eigene Ängste bei einer Darmspiegelung und einer Untersuchung in einem MRT lustig oder witzelt über sein eigenes Übergewicht. Davon sieht man allerdings nur noch wenig, hat er doch in letzter Zeit 25 Kilo abgenommen und sichtbar Muskeln aufgebaut.
Zwischendurch blickt er in die Abgründe der Paarbeziehung, auch der eigenen. „Wir gehen gerne shoppen, sagt sie.“ Ob seine Liebste wirklich so ein Fan von wüsten Horror-Serien ist („Barbie metzelt im Ponyhof.“), bleibt unerheblich. Fest steht: So könnte es gewesen sein, und wenn er von seiner Liebsten spricht, klingen ein warmer Ton und ein bisschen Selbstironie mit. Auch wenn er vom unvermeidlichen Zoff und vom Versöhnungssex spricht: „Tolle zwei Sekunden.“
Erstaunlicher Einklang mit dem Publikum
Chris Tall bewegt sich in einem erstaunlichen Einklang mit seinem Publikum. Der trägt ihn auch, wenn er mal einen Hänger hat. Da karikiert er einen Kumpel, der neuerdings den Weinkenner gibt, hat wohl eine Pointe im Blick, doch plötzlich verliert er den Faden und schaut irritiert ins Publikum und sagt, was los ist. Dafür bauen seine Fans ihn mit einem Riesenapplaus wieder auf.
In der beeindruckend ernsten Zugabe tritt er neben seine Bühnenfigur und spricht über Mobbing in den Social Medias. Er geht von eigenen Erfahrungen aus, aber stellt sie nicht in den Mittelpunkt. Seine Schlussbotschaft: Nutzt Social Media, um die tollen Dinge dieser Welt anzuschauen. Und implizit auch: Haltet an Freunden und Familie fest.
Stürmischer Applaus für einen jungen Comedian, der das Zeug für eine lange Karriere hat.
>> DAS IST CHRIS TALL
- Chris Tall ist der Bühnenname von Christopher Nast, der 1991 in Hamburg geboren wurde. Überregional bekannt wurde vor zehn Jahren, als er den RTL Comedypreis gewann. 2016 erhielt er den Deutschen Comedypreis als bester Newcomer und 2018 die „1 Live Krone“ in der Sparte Comedy.
- Auftritte bei Stefan Raabs TV Total oder Night Wash steigerten seine Bekanntheit. Neben seinen Bühnenprogrammen war Chris Tall unter anderem in den Filmen „Abschussfahrt“ und „Männertag“ zu sehen. Seine Soloprogramme hießen „Versetzung gefährdet“, „Selfie von Mutti“ oder „Und jetzt ist Papa dran“.