Duisburg. Baby Kayan sollte in ein paar Tagen kommen, aber der kleine Duisburger hatte es eilig. Über die außergewöhnliche Geburt in einem Taxi.

„Jeden Tag gibt’s die Möglichkeit eines Wunders.“ Der Spruch ziert den Empfangstresen im Kreißsaal der Helios-Klinik St. Anna im Duisburger Süden. Und er bewahrheitet sich immer wieder. Zuletzt am Montagmorgen. Die 30-jährige Ghadir Almujahed wollte im St. Anna entbinden, aber sie schaffte es gar nicht mehr hinein. Ihr Sohn Kayan hat es zu eilig – er kam im Taxi vorm Krankenhaus zur Welt.

Duisburgerin bringt Baby im Taxi zur Welt

Eigentlich wurde ihr Sohn erst Mitte Februar erwartet. Aber am frühen Montagmorgen setzen bei der 30-Jährigen Schmerzen ein, erst unregelmäßig, dann immer heftiger. Als aus diesen Schmerzen Wehen werden, verständigt ihr Ehemann einen Krankenwagen, aber der lässt auf sich warten.

Die beiden haben kein Auto, also ruft der 36-Jährige ein Taxi. Das Paar lebt in Duisburg-Mitte, die Fahrt bis zum St. Anna dauert um die zwanzig Minuten – zu lange für den Nachwuchs. Das Taxi hält vor der Notaufnahme, Vater Hamza steigt aus, um Hilfe zu holen. Als er wiederkommt, ist sein Sohn schon da.

Dem diensthabenden Arzt bleibt nur noch, die Nabelschnur im Fahrzeug durchzuschneiden. Den Weg ins Krankenhaus schafft Ghadir Almujahed zu Fuß, ihr Sohn wird ihr vorausgetragen. Nur wenige Stunden später – Mutter und Kind liegen dick eingepackt im Bett – ist Kayan putzmunter. Geburtsgewicht: 3400 Gramm. „Außer, dass der kleine Kerl frieren musste, ist alles in bester Ordnung“, bestätigt Kreißsaalleiterin Stefanie Sajczuk. Klar, wenn man auch aus wohligen 37 Grad im Bauch der Mama unerwartet in den Duisburger Winter hineingeboren wird.

Sturzgeburten kommen im St. Anna selten vor

Trotz allem wirkt Mutter Ghadir glücklich – und sehr erleichtert. Die 30-Jährige wollte gerne im St. Anna entbinden, zumindest so viel war geplant. Aber dass alles so schnell gehen würde, hätte sie nicht ahnen können. Sturzgeburten seien selten, erklären die Ärzte, und wenn sie vorkämen, dann eher bei Frauen, die schon drei oder vier Kinder geboren haben.

Für Ghadir Almujahed ist es die zweite Geburt. Bei ihrem ersten Sohn verlief alles „ganz normal“. Als Kayan geboren wird, ist dessen älterer Bruder noch in der Schule und weiß von nichts. „Es soll eine Überraschung werden.“

Kayan Almujahed kam nicht im, sondern vorm Duisburger St. Anna Hospital zur Welt. Seine Geburt wird das Kreißsaal-Team um Leiterin Stefanie Sajczuk und Arzt Shabbir Khoyruttyso so schnell nicht vergessen.
Kayan Almujahed kam nicht im, sondern vorm Duisburger St. Anna Hospital zur Welt. Seine Geburt wird das Kreißsaal-Team um Leiterin Stefanie Sajczuk und Arzt Shabbir Khoyruttyso so schnell nicht vergessen. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Das war es – für alle Beteiligten. In ihren fast zwanzig Jahren im St. Anna kann Stefanie Sajczuk sich an genau einen Fall erinnern, bei dem eine werdende Mutter es nicht bis in den Kreißsaal schaffte, sondern auf der Gynäkologischen entbinden musste. 63 Babys haben Sajczuk und ihr Team allein in diesem Jahr schon auf die Welt geholt – „mehr als sonst“. „Turbo-Baby“ Kayan wird wohl für eine Weile die denkwürdigste Geburt bleiben. „Wäre die Nachgeburt nicht hier im Kreißsaal gekommen, würde sie gar nicht fürs St. Anna zählen“, erklärt die erfahrene Hebamme. „Wenn man zum Dienst fährt, weiß man nie, was kommt, aber das war schon ein turbulenter Start heute.“

Duisburger Taxifahrerin: „War nur froh, dass alles in Ordnung war“

Das kann auch Taxifahrerin Petra Sören bestätigen. „Ich fahre seit dreißig Jahren Taxi und habe schon so einiges erlebt“, erzählt sie. „Aber sowas ...“ Für sie war es erst die zweite Fahrt des Tages. Dass die Frau auf ihrer Rückbank schwanger war, hatte sie gar nicht erst bemerkt. „Mir war klar, sie hatte Schmerzen“, erinnert sie sich. „Aber wenn ich gewusst hätte, dass sie schwanger ist, wäre ich schneller gefahren.“ Am Krankenhaus angekommen, wollte sie Ghadir Almujahed aus dem Wagen helfen. Aber das war schon nicht mehr möglich. „Und dann ist da das Baby und du denkst: Was machste jetzt?“

Ein Glück, dass Hilfe unterwegs war. Petra Sören rief in der Leitstelle an, um Bescheid zu geben, dass sich ihre nächste Fahrt verzögern werde: „Leute, ich habe gerade eine Geburt im Auto gehabt.“ Die Kollegen hielten es für einen Scherz – jedenfalls, bis sie den Wagen sahen.

[Duisburg-Newsletter gratis abonnieren + Seiten für Duisburg: Stadtseite + Blaulicht-Artikel + MSV + Stadtteile: Nord I Süd I West + Themenseiten: Wohnen & Immobilien I Gastronomie I Zoo]

Vater Hamza Almujahed habe sich noch ihre Nummer geben lassen wollen, wegen der Rechnung für die Reinigung. „Ich habe ihm gesagt: Gehen Sie erstmal!“ Als sie später telefonierten, habe sie sogar vergessen, zu fragen was es denn geworden ist. „Ein Junge? Herzlichen Glückwunsch!“ Sie stehe noch ein bisschen unter Schock. Aber sie hätte mit den Eltern vereinbart, in Kontakt zu bleiben. Ob sie die Familie im Krankenhaus besuchen wolle? „Mal sehen, vielleicht hole ich sie ab, wenn sie rauskommen.“