Duisburg. Am Dienstag wird erstmals über die neuen Tarife für den öffentlichen Dienst verhandelt. Wann es in Duisburg zu Streiks kommen könnte.

Der öffentliche Dienst steht vor einer schwierigen Tarifrunde. Am kommenden Dienstag, 24. Januar, wird in Potsdam erstmals über die künftige Höhe der Entgelte für die Angestellten, Auszubildenden und Praktikanten der Kommunen und des Bundes verhandelt. Die Gewerkschaft Verdi fordert eine Steigerung um 10,5 Prozent, monatlich mindestens 500 Euro. Die Arbeitgeber weisen das als „schwer bezahlbar“ zurück.

Erste Streiks möglicherweise bereits ab dem kommenden Dienstag

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Sollte es – was zu erwarten ist – in der ersten Gesprächsrunde nicht zu einem Ergebnis kommen – rechnet der Duisburger Verdi-Sekretär Markus Renner mit ersten Warnstreiks vor der zweiten Verhandlungsrunde, die für den 22./23. Februar terminiert ist. „Es ist die höchste Forderung seit der Gründung von Verdi 2001“, sagt Renner. Massive Streiks in einer Tarifauseinandersetzung hat es im öffentlichen Dienst zuletzt 1992 gegeben.

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Eine Inflationsrate von bis zu zehn Prozent, vervielfachte Gaspreise und stark gestiegene Preise für Lebensmittel – damit und mit einer wachsenden Arbeitsbelastung der Beschäftigten begründet Verdi eine Forderung, die um 2,3 Prozent über jener der IG Metall für die Stahltarifrunde liegt. Die sei zwar in der Vergangenheit oft Richtschnur für Verdi gewesen, sagt Renner. „Aber unsere Forderung ist in dieser Zeit und in dieser Höhe notwendig.“

Die Kluft zwischen den Einkommen im öffentlichen Dienst und der Privatwirtschaft muss kleiner werden, fordert Markus Renner, Sekretär der Gewerkschaft Verdi in Duisburg.
Die Kluft zwischen den Einkommen im öffentlichen Dienst und der Privatwirtschaft muss kleiner werden, fordert Markus Renner, Sekretär der Gewerkschaft Verdi in Duisburg. © FUNKE Foto Services | Lars Fröhlich

Verdi-Sekretär: Höhere Einkommen liegen auch im Interesse der Kommunen

Eigentlich, findet der Gewerkschafter, müsse Duisburgs Oberbürgermeister Sören Link seine Gelsenkirchener Amtskollegin Karin Welge und Verhandlungsführerin der kommunalen Arbeitgeber auffordern, der Einkommenssteigerung in dieser Höhe schnell zuzustimmen. „Sie ist auch im Interesse der Städte. In der Konkurrenz um Fachkräfte muss der öffentliche Dienst attraktiver werden. Dazu muss die Kluft zum Einkommen in der Privatwirtschaft geringer werden.“ Renner verweist auf eine Diskussion um tarifliche Zulagen, die auch in Duisburg etwa um das städtische Immobilienmanagement IMD geführt wird – vor allem Bauleute fehlen allenthalben in der Verwaltung.

Was bewegt Kita-Eltern in Duisburg? Wir wollen es wissenNach Verdi-Berechnungen würde die Umsetzung der 10,5-Prozent-Forderung rund 15 Milliarden Euro kosten. Wenig, gemessen an „Sondervermögen“ in dreistelliger Milliardenhöhe, die der Bund jüngst beschloss, findet Markus Renner. Während die Inflation zulasten der Steuerzahler und Beschäftigten gehe, seien die Steuereinnahmen hingegen zuletzt sogar gestiegen. „Unter der Gürtellinie“, so der Gewerkschaftssekretär, sei der Verweis der Arbeitgeber auf Risiken der Zukunft durch die drohende Rezession und den Krieg in der Ukraine: „Der hat zu einer hohen Belastung in den Sozialämtern und Ausländerbehörden geführt.“

Untere Einkommensgruppen brauchen deutliche Aufbesserung

Es sei deshalb „auch nicht der Weisheit letzter Schluss, der nächsten Generation völlig heruntergewirtschaftete Städte zu hinterlassen“, sagt Renner. Vor allem für die unteren Einkommensgruppen, in denen weniger als 2000 Euro verdient werde, sei eine spürbare Aufbesserung des Einkommens unerlässlich.

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Das durchzusetzen, werde möglicherweise auch Streiks erfordern, ahnt der Gewerkschaftssekretär. „Wir werden versuchen, so zu streiken, dass die Bürger es nicht spüren“, deutet Renner an. Irgendwann aber werde vielleicht die Müllabfuhr nicht mehr kommen und der Bürgerservice der Bezirksämter keine Termine mehr vergeben. „Dann wird jeder merken, wie das ist, wenn nicht gearbeitet wird.“

Die Kraft zur Durchsetzung der Forderungen bemisst sich nicht zuletzt auch am Organisationsgrad der Beschäftigten. Der ist bundesweit im öffentlichen Dienst überschaubar – etwa ein Viertel der öffentlichen Bediensteten gehört einer Gewerkschaft an. Bedauerlich, findet Markus Renner, „wir kämpfen ja eigentlich nur für unsere Mitglieder. Von den Ergebnissen profitieren dann aber auch alle anderen“.

DAS SIND DIE FORDERUNGEN VON VERDI

  • Die Tabellenentgelte der Beschäftigten sollen erhöht werden um 10,5 Prozent, mindestens aber um 500 Euro im Monat. Die Entgelte der Auszubildenden, Studierenden und Praktikanten sollen um 200 Euro pro Monat erhöht werden. Die Laufzeit dieser Regelungen soll ein Jahr betragen. Auszubildende sollen nach erfolgreichem Abschluss unbefristet übernommen werden.
  • Die Tarifrunde betrifft insgesamt rund 12.600 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in Duisburg, davon rund 6500 in der Kernverwaltung der Stadt, weitere 6100 beim städtischen Versorgungskonzern DVV (Stadtwerke, DVG, Octeo), sowie rund 1800 bei den städtischen Wirtschaftsbetrieben (WBD).