Duisburg. Hunde- und Katzenbesitzer müssen wegen der neuen Gebührenordnung beim Tierarzt mehr zahlen. Bleiben die Praxen leer? Eine Umfrage in Duisburg.
Schon vor Inkrafttreten der neuen Gebührenordnung für Tierärztinnen und Tierärzte (GOT) zum 22. November verschärfte sich die Situation in den Tierarztpraxen der Stadt. „Viele wollten Anfang November noch einen Termin bekommen. Die Telefone standen nicht mehr still“, sagt Alessa Höhndorf, Assistentin der Geschäftsleitung der Tierklinik am Kaiserberg.
Mittlerweile hat sich die Lage beruhigt. Was natürlich auch am Jahreswechsel liegt. Da gehen Tierhalter traditionell weniger zum Arzt. „Wir merken aber, dass die Leute mehr darüber nachdenken, ob eine Behandlung gemacht werden muss“, so Höhndorf. Das gelte nicht für Notfälle. Da sei die Sachlage klar. „Da muss gehandelt werden.“
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Vor der Klinik in Duissern warten Christoph Neumann und Armin Krebber aus Wesel mit ihrem Hund Flora. Quasi ein Notfall. „Wir mussten kommen. Wir hatten keine Wahl“, sagt Neumann. Der Schweizer Sennenhund hat schlechte Nierenwerte und braucht dringend einen Spezialisten. „Aber ich kann mir vorstellen, dass sich viele eine Behandlung nicht mehr leisten können“, sagt Neumann. Die beiden Hundehalter sind aus Schaden klug geworden. Sie schlossen vor sechs Jahren eine Versicherung für Flora ab, weil sie für ihren vorherigen Hund eine sehr teure Operation bezahlen mussten.
Duisburger Tierärzte: Schlechter Zeitpunkt für Erhöhung der Gebühren
Auch Tierarzt Dr. Paul Kornat aus Walsum rechnet damit, „dass ein Teil der Besitzer sich das zweimal überlegt, ob sie kommen“. Einen genauen Überblick über die Lage hat er noch nicht. Denn ab Mitte Dezember war seine Praxis geschlossen. Bis dahin lief alles normal.
Joachim Binder, seit 1991 Tierarzt in Meiderich, gibt für seine Praxis Entwarnung. Die Terminvergabe läuft wie immer. Allein eine Halterin hat die Kastration ihrer drei Katzen erstmal verschoben, bis sie sich das leisten kann.
Einig sind sich viele Tierärzte in Duisburg, dass es kaum einen schlechteren Zeitpunkt für höhere Gebühren gab. Tierarzt Heiner Krebber aus Meiderich: „Ich war geschockt über die steigenden Kosten für Katzenbesitzer.“
Der Grund: Die neuen Gebühren richten sich jetzt nicht mehr nach dem Wert eines Tieres, sondern nach der Art der Behandlung. Und die ist bei Hunden und Katzen gleich. Sie kostet 23,62 Euro für eine allgemeine Untersuchung. Bisher zahlten Katzenbesitzer 8,89 Euro und Hundehalter 13,47 Euro.
Eine andere Neuerung: Das Auslesen eines Mikrochips im Haustier wird mit 5,50 Euro berechnet. Früher hat Krebber das für lau gemacht. Das Auslesen des Chips ist nötig, um eine Impfung in den EU-Heimtierpass einzutragen. Impfen wird teurer.
Mehr Verständnis als Kritik an den höheren Preisen
Überrascht ist Veterinär Krebber von der Reaktion vieler Tierhalter: „Selbst in Meiderich, wo viele Menschen nicht so gut gestellt sind, stoße ich auf mehr Verständnis als auf Kritik.“
Die Kosten in den Praxen steigen. Mittlerweile gehören Röntgengeräte und Hauslabore zum Standard. Tierarzt Krebber zahlte seiner Angestellten jüngst einen Inflationsausgleich von 3000 Euro. „Das muss alles irgendwie reinkommen“, sagt der 51-Jährige.
Warum kam die Gebührenerhöhung ausgerechnet jetzt? „Das lag am komplizierten Verfahren, das sich über Jahre hinzog“, erklärt Karl-Heinz Bulgrin, Präsident der Tierärztekammer Nordrhein. Dabei standen sich verschiedene Interessengruppen gegenüber – mit unterschiedlichem Einfluss. Die Tierärzte forderten schon lange einen Ausgleich für steigende Kosten. Die Landwirte wollten den Ärzten für die Behandlung ihrer Nutztiere nicht mehr zahlen. Dann musste ein Gutachten her.
Schließlich kamen die neuen Preise – und die Inflationsrate war hoch wie seit Jahrzehnten nicht. „Trotzdem gibt es nach unseren Informationen weniger Schwierigkeiten, als wir dachten“, so Bulgrin. Demnach ist bisher also ausgeblieben, was viele befürchtet hatten. Nämlich das Tierbesitzer aus Kostengründen nicht zum Arzt gehen. Wenn das so bleibt, ist das eine gute Nachricht.
>> Bis zum Abschluss der Gebührenordnung ist viel Zeit vergangen
- Die alte Gebührenordnung für Tierärzte regelte das Prozedere der Abrechnung. Sie war in die Jahre gekommen und wurde zuletzt 1999 überarbeitet.
- Die Gebührensätze selbst wurden aber 2007 und 2017 zweimal pauschal um jeweils zwölf Prozent erhöht. Aus Sicht der Tierärzte war das zu wenig, um die stetig steigenden Kosten zu decken.
- Die neue Gebührenordnung regelt nun neben höheren Preisen auch neue Positionen zur Abrechnung von Leistungen, die vorher nicht aufgeführt waren: zum Beispiel in der Diagnostik für eine Computer- oder Magnetresonanztomografie.