Duisburg. Der „Abrisskalender“ enthält 365 Aufnahmen mit besonders hässlichen Gebäuden aus ganz Deutschland. Auffallend oft dabei: Duisburg.
Kalender zeigen Orte üblicherweise von deren schönster Seite. Mut zur Hässlichkeit beweist dagegen Turit Fröbe mit ihrem neuen „Abrisskalender“. 365 Bausünden aus ganz Deutschland hat die Architekturhistorikerin darin gesammelt. Und Duisburg ist mehrfach vertreten.
Ganz doppeldeutig gibt es an jedem Tag ein neues Blatt, und damit ein weiteres Gebäude zum Abreißen. „Die Bildauswahl ist subjektiv, ausschließlich vom Zufall bestimmt und hochgradig ungerecht“, schreibt Turit Fröbe. Der Kalender sage rein gar nichts über die Stadtbilder aus, in die die Bausünden eingebettet sind. Dass einige Städte häufiger präsent sind als andere, sei dann eher dem Umstand geschuldet, dass Fröbe sich länger an diesen Orten aufgehalten habe.
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Duisburg: Geschmacksverirrungen im „Abrisskalender“ 2023
In Duisburg scheint sie länger gewesen zu sein, enthält das Werk doch gleich zehn Aufnahmen aus der Rhein-Ruhr-Stadt. Allein der Stadtteil Wanheimerort taucht zweimal auf. Da ist zum einen die Marien-Apotheke an der Düsseldorfer Straße im grauen Flachbau, über den sich ein früher weißes oder beige-farbenes, heute eher vergilbtes Wohnhaus mit schiefem Giebel erhebt.
Nicht weit davon entfernt, an der Fischerstraße, befindet sich ein Rewe-Markt. Das Gebäude mit der wuchtigen schwarzen Fassade soll gar nicht selbst die Bausünde sein, sondern der Außenbereich einer Gastronomie darin. Auf dessen (mittlerweile wieder abgebautem) Zaun sind mehrere sitzende Personen zu sehen, deren obere Körperhälften abgeschnitten wurden und offenbar durch die Gäste dahinter ersetzt werden sollen. Eine Geschmacksverirrung? Für Turit Fröbe auf jeden Fall, und so landete auch diese Aufnahme im Abrisskalender.
Die meisten anderen Motive sind dagegen nicht so leicht zu verorten: Im Kalender sind vorwiegend einfache Wohnhäuser, Einfahrten oder Vorgärten zu sehen. Diese Bauwerke, so schreibt Turit Fröbe, zeichneten sich selten durch einen Mangel an Gestaltungswillen aus, „sondern eher durch ein Zuviel desselben“.
Die promovierte Urbanistin kennt sich mit Bausünden aus wie nur wenige andere Menschen. Seit 2001 beschäftigt sie sich leidenschaftlich mit diesem Thema. Mit ihrem Bestseller „Die Kunst der Bausünde“ von 2020 brach sie bereits eine Lanze für vermeintlich hässliche Architektur. Im Vorwort zum Kalender schreibt sie: „Bei genauerer Betrachtung können Bausünden einen eigenwilligen Charme und eine ureigene Schönheit entfalten – wenn auch häufig erst auf den dritten oder vierten Blick.“
Turit Fröbes „Abrisskalender“ (DuMont Buchverlag) zum Hängen und Aufstellen umfasst 368 Seiten und hat das Format 13 mal 16,3 Zentimeter. Der Preis beträgt 18 Euro. ISBN: 978-3-8321-6903-9. Zu bestellen auf www.dumont-buchverlag.de.