Duisburg. Eine Posse: die gescheiterte Übernahme des Duisburger Zeltdorfes für Geflüchtete durch das Land. So hat’s die Bezirksregierung verbockt.

Keine Einigung in letzten Minute, keine Rolle rückwärts: Das Zeltdorf auf dem Gelände des einstigen Delta-Musikparks an der Hamborner Straße wird definitiv abgebaut. „Der Rückbau der Infrastruktur läuft“, bestätigte Stadtsprecherin Anja Kopka am Freitagnachmittag. Damit findet eine bemerkenswerte Behördenposse zumindest ein vorläufiges Ende.

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Zur Erinnerung: Am vergangenen Mittwoch hatte die Stadt die Bremse gezogen und den Abbau angekündigt, nachdem ihr die Bezirksregierung Düsseldorf zuvor signalisiert hatte, es werde dem NRW-Familienministerium (es ist auch für Flucht- und Integration zuständig) von der Übernahme des „Delta-Dorfes“ und der Weiterführung als zentrale Aufnahmeeinrichtung des Landes für Geflüchtete abraten.

Bezirksregierung: Argumente sorgen für Kopfschütteln im Duisburger Rathaus

Notbremse: Stadtdirektor Martin Murrack, hier bei der Einweihung des „Delta-Dorfs“ im Mai, hat nun den Abbau angeordnet, damit nicht weitere unnötige Kosten entstehen.
Notbremse: Stadtdirektor Martin Murrack, hier bei der Einweihung des „Delta-Dorfs“ im Mai, hat nun den Abbau angeordnet, damit nicht weitere unnötige Kosten entstehen. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Begründet hatte die Bezirksregierung, die seit Ende Oktober im Auftrag des Ministeriums die Übernahme verhandelte, mit Argumenten, die im Rathaus Kopfschütteln auslösten: Die Unterbringung in Zelten sei im Winter keine ideale Lösung, die Versorgung der Bewohner teuer. Für diese Erkenntnis wären keine sechswöchigen Verhandlungen erforderlich gewesen, in denen nicht nur Kosten für den Betrieb und Mieten für technische Geräte weiterliefen.

Außerdem habe die Bezirksregierung mit ständigen Nachforderungen für Umbauten eine erhebliche Zahl städtischer Mitarbeiter auf Trab gehalten, berichten Beteiligte.

Auch mit der Kommunikation zwischen Bezirksregierung und Ministerium scheint’s nicht zum Besten zu stehen. Was nicht an den Parteifarben liegen sollte: Sowohl Regierungspräsident Thomas Schürmann als auch Ministerin Josefine Paul gehören den Grünen an. Von der Absage der Stadt wurde das Ministerium am Mittwoch überrascht – dass die Bezirksregierung die Übernahme kippen würde, war dort offenbar nicht bekannt.

Offenbar keine Kommunikation zwischen den Düsseldorfer Behörden

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Es gebe natürlich weiterhin einen hohen Platzbedarf für die Unterbringung von Geflüchteten, dementiere eine Sprecherin, dass die Verhandlungen auf Geheiß des Ministeriums vor die Wand gefahren worden seien. Die Bezirksregierung war da schon, wie üblich, auf kommunikative Tauchstation gegangen. „Da es sich um die Kapazitätsplanung des Landes handelt, erfolgt die Beantwortung durch das zuständige Ministerium“, lautete die lapidare Antwort auf eine Anfrage der Redaktion.

Gleichzeitig glühten die Drähte zwischen Ministerium und Stadt, um die Kuh noch vom Eis zu bekommen. Als wenig hilfreich erwies sich dabei der Versuch der Düsseldorfer, die Duisburger Bauordnung für das Desaster verantwortlich zu machen. Die Stadt wies das empört zurück – vielmehr hätten ständige Nachforderung der Bezirksregierung die finale Zustimmung der Bauordnung verzögert.

Erneutes Gespräch im Januar vereinbart – nach dem Abbau des Lagers

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Auch den Freitag verbrachten Stadtdirektor Martin Murrack und Staatssekretär Lorenz Bahr noch mit dem Versuch, eine Einigung herbeizuführen. Letztlich erfolglos, wie der Abbau der Zelte belegt. Woran’s gelegen hat, mochte am Ende niemand sagen. Anfang Januar, so die Sprecherin der Ministerin, werde es „ein Gespräch über die Zeltstadt als Unterbringung für Geflüchtete geben“. Da könnte nach Lage der Dinge beim Wiederaufbau des „Delta-Dorfes“ die Bezirksregierung planen – ganz nach ihren Vorstellungen.

>> DESHALB WOLLTE DIE STADT DIE ÜBERNAHME

  • Die Stadt Duisburg war interessiert an der Übernahme durch das Land, weil ihr für den Betrieb einer Aufnahmeeinrichtung auf dem Stadtgebiet 500 Plätze auf die eigene Aufnahmequote für Geflüchtete angerechnet werden.
  • Duisburg werden derzeit keine weiteren Geflüchteten zugewiesen, weil die Stadt durch den frühzeitigen Aufbau von Kapazitäten wie dem Zeltdorf seine Quote bereits erfüllt hat.