Duisburg/Oberhausen. Eine Pipeline zwischen Duisburg und Oberhausen verbindet Thyssenkrupp Steel mit dem Wasserstoff-Netz. Deshalb ist das ein wichtiger Fortschritt.

Die europaweit erste Wasserstoff-Pipeline für die Versorgung eines Stahlwerks führt zu Thyssenkrupp Steel (TKS). NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (Grüne) hat am Donnerstag eine vier Kilometer lange Leitung vom Industriegase-Unternehmen Air Liquide zwischen Oberhausen und Duisburg eingeweiht. Mit regenerativer Energie erzeugter „grüner“ Wasserstoff kann ab September 2023 aus einer 20-Megawatt-Elektrolyse fließen, die das Industriegaseunternehmen in der Nachbarstadt baut.

Anschluss für TKS an 200 Kilometer langes Wasserstoff-Fernleitungsnetz

In sechs Monaten Bauzeit wurde die Pipeline fertiggestellt, die das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz im Rahmen des Reallabors der Energiewende fördert. Sie schafft für TKS den Anschluss an das 200 Kilometer lange Wasserstoff-Fernleitungsnetz von Air Liquide an Rhein und Ruhr. Es bietet beste Möglichkeiten für den Start in die Wasserstoff-Zukunft, weil es künftig Produktionsanlage und Abnehmer in Duisburg, Marl, Oberhausen, Krefeld, Leverkusen, Dormagen und Düsseldorf verbindet.

[Nichts verpassen, was in Duisburg passiert: Hier für den täglichen Duisburg-Newsletter anmelden.]

„Für die industrielle Transformation brauchen wir Kapazitäten zur Herstellung großer Mengen Wasserstoff und eine gut ausgebaute Infrastruktur für den Transport“, sagt Mona Neubaur, die den Pipeline-Anschluss „einen historischen Schritt“ nennt: „In Duisburg zeigt sich hier und heute, wie der Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft im Schulterschluss verschiedener Akteure gelingen kann und wie verschiedene Projekte sinnvoll zusammenwachsen. Das ist ein starkes Signal für die Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft der Industrie in unserem Land.”

Thyssenkrupp Steel plant Versuchsanlage für Direktreduktion

Noch wird Wasserstoff nicht im großindustriellen Maßstab zur Stahlproduktion verwendet – erste Versuche zum Einblasen in einen konventionellen Hochofen hat Thyssenkrupp Steel seit 2019 erfolgreich abgeschlossen. Noch vor dem Bau einer Direktreduktionsanlage, die ab 2026 die ersten Hochöfen ersetzen soll, ist eine Versuchsanlage geplant, um den Technologie-Wechsel zu erproben.

Bernhard Osburg freut sich über einen weiteren Schritt zur Dekarbonisierung der Stahlproduktion. „Die Anbindung an die Wasserstoff-Pipeline schafft dafür die Voraussetzung“, erklärt der TKS-Vorstandsvorsitzende. „Ab 2024 können wir so klimafreundlichen Wasserstoff zu Forschungs- und Simulationszwecken nutzen, später zur Versorgung unserer ersten Direktreduktionsanlage.“ Für 2030 plant Thyssenkrupp Steel bereits eine Produktion von fünf Millionen Tonnen CO2-armem Stahl. Die Transformation, so Osburg, sei „ein Marathonlauf, bei dem wir uns jetzt an der ersten Getränkestation befinden“.

Mona Neubaur: Pipeline ist Signal für die Innovationskraft der Industrie

Das Gelingen der Transformation erfordere eine „entschlossene Zusammenarbeit“ zwischen Politik und Industrie“ mahnt Gilles LeVan, Vizepräsident von Air Liquide. „Diese neue Pipeline ist dafür ein Paradebeispiel.“ Den Wirtschaftsministerien in Bund und Land gebühre dafür großer Dank. LeVan: „Für die Industrie in Deutschland ist es überlebenswichtig, dass wir effektiven Klimaschutz und internationale Wettbewerbsfähigkeit stets gemeinsam denken.”

>> STICHWORT: ELEKTROLYSE

  • Im Herbst 2023 soll der „Trailblazer“, den Air Liquide seit Juli an seinem Standort auf dem Ruhrchemie-Werksgelände in Oberhausen-Holten baut, pro Jahr bis zu 2900 Tonnen erneuerbaren Wasserstoff produzieren. Der 20-MW-Elektrolyseur kann um weitere 10 Megawatt Leistung erweitert werden.
  • Für die Versorgung von Thyssenkrupp Steel haben die 2900 Tonnen Wasserstoff aus dieser Anlage kaum mehr als eine symbolische Bedeutung. Für den Betrieb der ersten Direktreduktionsanlage prognostiziert TKS ab 2026 einen Wasserstoff-Bedarf von jährlich rund 80.000 Tonnen.
  • Den könnte ein 520-MW-Elektrolyseur decken, den die Steag auf einer 8,5 Hektar großen Fläche am Schacht Walsum plant. Man halte unverändert an dem im Mai vorgestellten 650-Millionen-Euro-Projekt fest, so ein Steag-Sprecher.
  • Die Investitionsentscheidung wird aber wohl erst 2023 nach dem Abschluss der Aufspaltung des Stromerzeugers in einen „grünen“ und einen „schwarzen“ Bereich fallen. Außerdem steht im nächsten Jahr der Verkauf der Steag an durch die kommunalen Teilhaber, darunter auch die Duisburger DVV.