Duisburg. Beim Musikpreis der Stadt Duisburg wurde diesmal kein gestandener Star ausgezeichnet, sondern ein junges Orchester. Das ist der Grund.

Es war die mittlerweile 33. Verleihung des „Musikpreises der Stadt Duisburg in Verbindung mit der Köhler-Osbahr-Stiftung“. Und sie löste Betroffenheit und zugleich Hoffnung aus wie keine der bisherigen Auszeichnungen zuvor.

Mit dem „Youth Symphony Orchestra of Ukraine“ wurde diesmal nicht das Lebenswerk eines gestandenen Stars oder die Geschichte einer ehrwürdigen Institution gewürdigt, sondern junge Menschen im Alter von zwölf bis 22 Jahren, die am Anfang ihrer Karriere stehen, deren Lebensweg jedoch durch die Ereignisse in ihrer Heimat massiv erschwert wird.

Vier Streicherinnen und fünf Bläser des Orchesters bestritten den musikalischen Rahmen des Festakts. Anwesend war auch Oksana Lyniv, die mittlerweile international renommierte Dirigentin, die das Orchester 2016 gründete, um in ihrem Land, das zahlreiche erstklassige Solisten hervorgebracht hat, auch die Förderung der bis dahin eher vernachlässigten Orchesterkultur voranzutreiben.

Junges Orchester aus der Ukraine: Mitglieder leben in Westeuropa verstreut

Seit dem 24. Februar leben die Mitglieder jedoch verstreut in Westeuropa, haben dennoch in den letzten neun Monaten über 30 Konzerte auf internationalen Festivals absolviert. Wie ein Gespräch des Musikjournalisten Holger Noltze mit einigen Musikerinnen zeigte, lassen sich jedoch die Gedanken an die zurückgebliebenen Angehörigen und Freunde nicht verdrängen, die teilweise unter schrecklichsten Bedingungen leben müssen.

Auch die Kraft und der Mut, unter den widrigen Umständen das Orchester zusammenzuhalten und die jungen Menschen weiter zu fördern, sollen durch den mit 10.000 Euro dotierten Preis gewürdigt werden, wie Oberbürgermeister Sören Link und Hans-Jürgen Kerkhoff, der Vorsitzende der Köhler-Osbahr-Stiftung, in ihren Grußworten betonten. Zu verdanken ist das zu einem großen Teil der musikalischen Leiterin Oksana Lyniv, die sich in der Verantwortung sieht, die Hoffnung der jungen Menschen zu stärken und trotz der widrigen Umstände weiter zu wirken.

Wobei sie sich ausdrücklich für die große Unterstützung vieler westeuropäischer Orchester und Institutionen bedankte, die die Weiterarbeit auf so hohem Niveau ermöglichen würden. Damit bekräftigte sie die Einschätzung Kerkhoffs, der das Wirken des Orchesters als „Beitrag für die Aufrechterhaltung der Werte und des Zusammenhalts in Europa“ herausstellte. Und den Stellenwert des Musikpreises in dieser außergewöhnlich schwierigen Zeit unterstrich nicht zuletzt die Bundestagspräsidentin Bärbel Bas mit ihrer Anwesenheit.

Auch Bundestagspräsidentin Bärbel Bas war bei der Preisverleihung in Duisburg vor Ort.
Auch Bundestagspräsidentin Bärbel Bas war bei der Preisverleihung in Duisburg vor Ort. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Ein kleines Zeichen setzten auch sechs Streicher der Duisburger Philharmoniker, die gemeinsam mit den ukrainischen Gästen den Festakt im mäßig besetzten Stadttheater mit der wehmütig anrührenden „Melody“ in a-Moll des ukrainischen Komponisten Myroslav Skoryk ausklingen ließen.

Nach Ansicht des Oberbürgermeisters sollte der Beitrag als Grundstein für eine weitere Zusammenarbeit gesehen werden. Zuvor gab es ebenfalls nachdenkliche Töne aus einem Streichquartett des Ukrainers Borys Lyatoshynsky zu hören und heller Gestimmtes aus Frankreich mit Werken von Jacques Ibert, Maurice Ravel und Georges Bizet. Das Publikum reagierte auf die exzellenten Vorträge der jungen Musiker mit lang anhaltendem Beifall. In der nächsten Woche stehen Auftritte in Berlin und Paris an.