Duisburg. Die Bezirksregierung untersucht den tödlichen Unfall bei Thyssenkrupp in Duisburg. Der Arbeitgeber des Toten, eine Fremdfirma, hält sich bedeckt.
Nach dem Tod eines Arbeiters auf dem Werksgelände von Thyssenkrupp Steel (TKS) in Duisburg-Bruckhausen im Oktober läuft die Untersuchung des Amts für Arbeitsschutz der Düsseldorfer Bezirksregierung. Kritik wird laut am Einsatz von Subunternehmen in der Industriereinigung.
Der 26-jährige Refat Süleyman war am Vormittag des 14. Oktobers nach einer Pause aus bislang ungeklärter Ursache in ein metertiefes Schlackebecken gefallen und in dem zähen Schlamm erstickt (wir berichteten). Die Kriminalpolizei stellte umfangreiche Nachforschungen an. Ein Rechtsmediziner obduzierte die Leiche des jungen Bulgaren, die erst drei Tage später gefunden wurde. Die Ermittler des Kriminalkommissariats 11 gehen anhand ihrer Erkenntnisse von einem Unfall aus. Hinweise auf ein Fremdverschulden gebe es nicht, so die Polizei.
Gleichzeitig begann das Dezernat 56 der Bezirksregierung damit, den tödlichen Unfall zu überprüfen. „Um dem Überwachungsauftrag des staatlichen Arbeitsschutzes zu entsprechen, ist in NRW ein einheitlicher Prozess zur Untersuchung von Arbeitsunfällen etabliert worden“, erklärt eine Sprecherin. Dabei gehe es um die Bewertung und Abwehr akuter Gefahrenlagen sowie die Vermeidung ähnlicher Unfälle.
Toter Arbeiter bei TKS in Duisburg: Er arbeitete für die Firma Buchen Umweltservice
Der Tote war bei der Firma Buchen Umweltservice, einem Unternehmen der Remondis-Gruppe, beschäftigt. Die Fremdfirma führt im Auftrag von Thyssenkrupp Steel bereits seit Jahren Reinigungsarbeiten auf dem riesigen Industrieareal im Duisburger Norden durch. Das Unternehmen gilt in der Branche als etabliert und seriös.
Mit Verweis auf das laufende Verfahren wollte sich Remondis allerdings keine Auskünfte zu dem Vorfall geben. So bleibt etwa unklar, wie lange der Mann schon für die Firma tätig war und wie seine Aufgabe im Detail aussah. Bekannt ist bislang, dass die Deutschkenntnisse des 26-Jährigen als gering eingestuft wurden. An seinem Todestag arbeitete der 26-Jährige erst den vierten Tag auf dem Werksgelände. Für den überdachten Sicherheitsbereich in der Produktionsumgebung der riesigen Hochöfen, in dem das Schlackebecken sich befindet, war der Arbeiter zutrittsberechtigt.
„Grundsätzlich gelten für alle auf unserem Werksgelände tätigen Personen einheitlich hohe Sicherheitsstandards. Wir differenzieren nicht zwischen eigenen Beschäftigten, Partnerfirmen oder Besuchern“, teilte TKS mit. Weitere Details werde das Unternehmen erst nach Abschluss der Untersuchungen bekanntgeben.
Bei diesen gehen die Arbeitsschutz-Experten systematisch vor: Der Unfallort wird besichtigt, die beteiligten Personenkreise befragt und die nach den arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften erforderlichen Unterlagen, wie Gefährdungsbeurteilungen, Unterweisungsnachweise und Betriebsanweisungen, eingesehen und geprüft. „Auch die Einsichtnahme in vertragliche Regelungen, aus denen sich Verantwortlichkeiten im Arbeitsschutz ableiten, sind Teil der Überprüfung“, unterstreicht die Sprecherin der Bezirksregierung.
Das bedeutet wohl: Die Frage ist zu klären, ob Thyssenkrupp Steel oder Remondis für die Einweisung in den Arbeitsschutz vor Ort zuständig war. War dabei sichergestellt, dass Arbeiter wie der Verunglückte, die kaum Deutsch sprechen, die Anweisungen verstehen. Offen auch die Frage: Entsprach es den Vorkehrungen, dass Refat Süleyman offenbar allein in diesem Bereich arbeitete? Die anschließende weiträumige Suche lässt darauf schließen, dass niemand beobachtet hat, wie sich das Unglück ereignete.
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Das Dezernat 56 steht bei seiner Arbeit im Austausch mit der zuständigen Berufsgenossenschaft. Die Vorgaben der Bezirksregierung besagen: Zeigen sich bei der Untersuchung Mängel, muss die Bezirksregierung darauf hinwirken, dass diese Probleme beseitigt werden. Wann die Unfalluntersuchung abgeschlossen sein wird, ist nach Angaben der Bezirksregierung noch nicht absehbar.
>>GERÜCHTE, VORWÜRFE UND EINE ONLINE-PETITION
- Nach dem Tod des 26-Jährigen machten in der bulgarischen Community im Duisburger Norden wilde Mordgerüchte und Vorwürfe gegen die Polizei und das Unternehmen die Runde. Diese wurden auch von den bulgarisch- und türkischsprachigen Medien aufgegriffen.
- In einerOnline-Petition fordert Polina Manolova die „konsequente Aufklärung von Refat Süleymans Tod“ und die „Abschaffung von Subunternehmen“. „Die genauen Umstände von Refats Tod sind bis heute ungeklärt“, so die Sozialwissenschaftlerin der Uni Tübingen, „bisherige Schilderungen der Behörden bleiben vage und lassen wichtige Fragen unbeantwortet“.
- Die Initiatorin der Petition, die auch zur Migration südosteuropäischer Arbeitnehmer forscht, übt scharfe Kritik an der Vergabe von Aufträgen der Industriereinigung an Subunternehmen. Die Situation der Arbeitnehmer im Reinigungsgewerbe sei „nicht weniger katastrophal“ als in der Fleischindustrie.
- Um sichere und gesunde Arbeitsbedingungen zu gewährleisten, müsse die Stahlindustrie den Einsatz von Subunternehmen beenden, fordert die Wissenschaftlerin in ihrer Petition, die sich an den TKS-Vorstand, den Betriebsrat und die IG Metall richtet.