Duisburg. Bei Starkregen fließt Abwasser aus Duisburgs Kläranlagen ungeklärt in den Rhein. In einem Forschungsprojekt erkunden sechs Partner nun Lösungen.

Die Überlaufbecken der Kläranlage in Vierlinden haben mit 6900 Kubikmetern eigentlich eine gewaltige Kapazität. „Aber bei Starkregen laufen die ganz schnell voll“, erklärt Sebastian Beck, der Leiter der Stadtentwässerung bei den Wirtschaftsbetrieben (WBD). Künftig soll das Abwasser der Klärwerke in Duisburg nicht mehr ungeklärt direkt in den Rhein geleitet werden.

Gemeinsam mit Partnern aus angewandter Wissenschaft und Forschung, Unternehmen und weiteren öffentlichen Akteuren ist nun ein dreijähriges Forschungsprojekt gestartet. In diesem Zeitraum sollen Möglichkeiten untersucht werden, um in einem digitalisierten Kanalnetz, das mit künstlicher Intelligenz (KI) überwacht wird, die Schadstoff-Belastung für den Rhein zu vermindern.

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RIWWER (Reduction of the Impact of untreated WasteWater on the Environment in case of torrential Rain) lautet der Titel des Forschungsprojekts, das vom Bundeswirtschaftsministerium mit 4,1 Millionen Euro gefördert wird und am 1. Oktober gestartet ist. Neben der Stadt Duisburg und den WBD sind das Fraunhofer IMS, die Uni Duisburg-Essen, die Firmen Krohne aus Duisburg sowie HST aus Meschede, der Verein Deutscher Ingenieure (VDI e.V.), das Technologie- und Innovationsmanagement (TIM) der RWTH Aachen, das Start-up Okeanos aus Bochum sowie die Berliner Hochschule für Technik BHT beteiligt.

Projekt in Duisburg: Bei Starkregen freie Kapazitäten im System besser nutzen

Ein Abwassersystem ist ähnlich wie das deutsche Autobahnnetz – hoch komplex und von vielen Abbiegungen, Verzweigungen und Kreuzungen auf den Wasserwegen durchzogen. „Es ist eigentlich groß genug, aber das Wasser ist nicht gleich verteilt“, beschreibt Wolfgang Gröting (Fraunhofer IMS) den Ansatz für das Forschungsprojekt: Bei einer drohenden Überlastung des Systems, etwa durch Hochwasser oder Starkregen, sollen die freien Kapazitäten von Leitungen und Rückhaltebecken effektiver genutzt werden, um eine Überlastung der Kläranlage zu vermeiden.

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„Es geht darum, durch eine intelligente Bewirtschaftung mit neuen Steuerungsansätzen die Wasserwirtschaft an die Gegebenheiten anzupassen“, beschreibt Duisburgs Umweltdezernent Matthias Börger das Ziel. Der Einsatz von moderner Sensortechnik und KI sei dabei für die Wirtschaftsbetriebe nicht neu, sagt Uwe Linsen. „Die setzen wir schon bei der Sanierung von Kanälen und der Erkennung von Lecks ein.“

Wenn die Überlaufbecken der Kläranlage in Vierlinden bei Starkregen volllaufen, fließen Regen- und Abwasser ungeklärt in den Rhein. Das Forschungsprojekt RIWWER soll ergründen, wie moderne Steuerungstechnik das verhindern kann.
Wenn die Überlaufbecken der Kläranlage in Vierlinden bei Starkregen volllaufen, fließen Regen- und Abwasser ungeklärt in den Rhein. Das Forschungsprojekt RIWWER soll ergründen, wie moderne Steuerungstechnik das verhindern kann. © FUNKE Foto Services | Michael Dahlke

Sensoren und künstliche Intelligenz sollen die Verteilung im System steuern

Weil sich die Leitungsquerschnitte nicht beliebig verändern lassen, kann der Weg zum Ziel nur über Anpassungen in der Steuerungstechnik des Systems führen. Im richtigen Moment sollen sich unterirdisch Wasserschleusen öffnen und schließen können oder an anderen Stellen Wasser aus dem System in Regenrückhaltebecken pumpen. Um dies zu ermöglichen, werden im Projekt RIWWER wichtige Stellen im kommunalen Abwassersystem im ersten Schritt digitalisiert. Anschließend können die Wassermengen bei Regen und Starkregen mit Hilfe einer dezentralen und KI-gesteuerten Verteilung im Kanalsystem und Regenbecken verteilt werden.

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Die Kläranlage in Vierlinden ist die kleinste der Wirtschaftsbetriebe. „Wir haben sie deshalb bewusst ausgewählt für das Projekt“, sagt Sebastian Beck. Die Erkenntnisse im Stadtnorden sollen aber auch in Hochfeld angewendet werden und kein Duisburger „Herrschaftswissen“ bleiben. „Unser Ziel, und auch das der beteiligten Unternehmen ist, ein vermarktbares Modell“, erläutert Wolfgang Gröting.

KLIMAWANDEL: MEHR EXTREMWETTER-EREIGNISSE

  • Die Kläranlage in Vierlinden kann die 2,5-fache Wassermenge bei Trockenphasen aufnehmen. Die Grenzen der Kapazität werden relativ häufig erreicht, sagt WBD-Vorstand Uwe Linsen. „Das kommt einmal pro Woche vor.“
  • „Der Klimawandel ist bereits jetzt mit Extremwetter-Ereignisse erkennbar und unser Abwassersystem, das zu den kritischen Infrastrukturen gehört, muss für Extremwetterbedingungen resilienter gemacht werden“, sagt Dr. Gerd vom Bögel (Fraunhofer IMS), Projektleiter RIWWER.