Duisburg/Bochum. Über zwei Jahre hielt Lars H. Marvin aus Duisburg fest, missbrauchte ihn. Nun muss über seine Sicherheitsverwahrung neu entschieden werden.

Kommt Lars H., der den jungen Duisburger Marvin über zwei Jahre lang in seiner Recklinghäuser Wohnung versteckt gehalten und ihn nach Erkenntnis der Behörden wahrscheinlich in jeder einzelnen Nacht missbraucht hat, nach seiner Haftstrafe doch um die anschließende Sicherheitsverwahrung herum?

Das Bochumer Landgericht muss über die Maßnahme gegen den verurteilten Sexualstraftäter neu befinden. Der Bundesgerichtshof in Karlsruhe (BGH) hob ein entsprechendes Urteil des Landgerichts vom 2. September 2021 auf, soweit es die seinerzeit angeordnete Unterbringung des damals 46-jährigen Deutschen betrifft.

Marvin aus Duisburg: Fall sorgt bundesweit für Aufsehen

Der Fall hatte bundesweit für großes Aufsehen gesorgt. Das Bochumer Landgericht hatte den Mann wegen sexuellen Missbrauchs und weiterer schwerer Straftaten in mehr als 400 Fällen verurteilt und eine anschließende Sicherheitsverwahrung angeordnet.

Der Verurteilte hatte den anfangs 13 Jahre alten Marvin zweieinhalb Jahre in seiner Wohnung festgehalten und sexuell missbraucht. Der Junge war Mitte 2017 aus einer betreuten Wohneinrichtung für Jugendliche in Oer-Erkenschwick plötzlich verschwunden und von der Polizei kurz vor Weihnachten 2019 zufällig entdeckt worden.

In diesem Haus in Recklinghausen hielt Lars H. Marvin aus Duisburg versteckt.
In diesem Haus in Recklinghausen hielt Lars H. Marvin aus Duisburg versteckt. © FUNKE Foto Services | Olaf Fuhrmann

Der 4. Strafsenat des BGH hob im Revisionsverfahren mit dem Beschluss vom 31. August 2022 das Bochumer Urteil hinsichtlich der Sicherungsverwahrung auf und gab das Verfahren an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurück. Die Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung halte einer „revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand“, heißt es in einer Mitteilung des BGH vom Mittwoch. Daher müsse die Entscheidung darüber neu verhandelt und entschieden werden.

[Duisburg-Newsletter gratis abonnieren + Seiten für Duisburg: Stadtseite + Blaulicht-Artikel + MSV + Stadtteile: Nord I Süd I West + Themenseiten: Wohnen & Immobilien I Gastronomie I Zoo]

Die Bochumer Strafkammer habe damals sowohl zur Begründung eines Hanges zu gefährlichen Straftaten als auch bei der Entwicklung der Gefährlichkeitsprognose bei dem Angeklagten darauf abgestellt, dass dessen Einlassung erhebliche Verlagerungen der Tatverantwortung mit Schuldzuweisungen an den Nebenkläger bis zur Umkehrung der Rollen von Täter und Opfer enthalte.

Zulässiges Verteidigungsverhalten dürfe aber „weder hangbegründend noch als Anknüpfungspunkt für die Gefährlichkeit des Angeklagten verwertet werden“, urteilt der BGH. Andernfalls wäre der Angeklagte gezwungen gewesen, seine Verteidigungsstrategie aufzugeben, um einer für ihn ungünstigen Entscheidung auf Sicherungsverwahrung entgegenzuwirken. Wenn der Angeklagte zu seiner Verteidigung, die ihm zur Last gelegten Taten leugne, bagatellisiere, oder einem anderen die Schuld zuschiebe, sei „dies grundsätzlich zulässig“.

Auch interessant

Die Grenze einer zulässigen Verteidigungsstrategie sei erst dann erreicht, „wenn das Leugnen, Verharmlosen oder die Belastung des Opfers oder eines Dritten Ausdruck einer besonders verwerflichen Einstellung ist“. Dies sei hier aber nicht der Fall. (mit dpa)

Marvin und seine Mutter waren nach dem Prozess eigentlich erleichtert

Marvins Mutter hatte sich nach dem ursprünglichen Urteil erleichtert gezeigt. Die Sicherheitsverwahrung hatte in ihrer Beurteilung dabei eine entscheidende Rolle gespielt. Denn ihr Sohn habe sich gewünscht, dass Lars H. „nie mehr rauskomme“.

>>Vermisster Junge zufällig im Schrank entdeckt

  • Weil Lars H. unter dringendem Verdacht stand, kinderpornografisches Material zu besitzen und zu verbreiten, durchsuchte die Polizei im Dezember 2019 seine Wohnung.
  • Dabei entdeckten die Ermittler, den über zwei Jahre vermissen Jungen zufällig im Schrank.